Der Alchimist von Krumau
Julius, und sein Blick bohrte sich noch tiefer in Markétas Augen. »Es soll der Maid an nichts fehlen, sie wird mir persönlich zu Diensten sein.« Er sah über die Schulter nach hinten. »So verhält es sich doch, Obersthofmeister d’Alembert?«
Der zierliche Herr mit der mehlfarbenen Perücke trat sichtbar widerstrebend näher. Mit seinem Stöckchen versuchte er vergeblich, die halbnackten Zwillinge zu verscheuchen, die nun als Engelspaar neben Don Julius posierten, mit holdem Lächeln und die Ellenflügel seitlich weggespreizt. »Alles wird genau so eingerichtet, wie Ihr es wünscht, Excellence.«
»Dann ruft die Wache herbei«, befahl Don Julius, ohne seinen Blick von Markéta zu wenden, »sie sollen den Nabellosen in den Turm werfen. Mich aber geleitet in meine Gemächer, Maître, die Reise hat mich ermüdet, und von all dem Trubel und Tokaier schmerzt mir das Haupt.«
Er streifte seinen Prunkmantel ab und ließ ihn zu Boden gleiten. Der Maître zuckte zusammen, doch er hatte sich gleich wieder in der Gewalt, bückte sich und hob den Umhang auf. Mit tänzelnden Schritten ging er zum Thronsockel, legte den Mantel darauf und zog unter dem Goldbrokat, der bis zu den Füßen des Sessels herabhing, eine Kupferglocke hervor.
Selbst als ihr scheppernder Klang den Spiegelsaal erfüllte, fuhr Flor nicht zusammen. Der Goldschöpfige hockte noch immer vor dem Sockel am Boden, den Kopf auf die bloße Brust gesenkt. Ein Bote aus der Welt jenseits des Nebels, dachte Markéta wieder, ich muss bei ihm bleiben, was auch geschieht.
Zwei Soldaten von der gräflichen Salvaguardia traten ein; erst als sie seinen funkelnden Blick auf sich fühlte, erkannte Markéta, dass der kleinere der beiden Jan Mular war, seine Wange von ihren Nägeln gestrählt.
»Diese da lasst säubern und parfümieren.« Don Julius griff Markéta ins Haar und zog sie zu sich heran, wie man ein ungebärdiges Pferd bei der Mähne packt. Für einen kurzen Moment stand sie so eng an ihn gepresst, dass sie seinen Herzschlag spürte, dann schob er sie mit einer nachlässigen Bewegung zu d’Alembert hinüber. »Steckt sie in ein venezianisches Gewand, dann schickt sie in mein Gemach.«
ZWEI – DESCENSIO
»Reinigt die Substanzen durch stetiges Befeuern auf dem Athanor.«
14
Die brünette Bronja kannte sie seit ihrer Kindheit, ebenso die schüchterne Lisetta mit dem weizenblonden Haar. Dass die beiden gleichaltrigen Mädchen hier droben in der Burg schon eine Stellung gefunden hatten, freute Markéta, auch wenn es sie im Stillen erstaunte: Schließlich war der neue Graf gerade erst eingetroffen, und sie selbst und ihr Vater hatten zu den ersten Bittstellern gezählt.
Aber sei’s drum, dachte sie, mit den beiden Gefährtinnen an ihrer Seite würde sie sich desto leichter eingewöhnen und sogleich zu hören bekommen, was von den Lakaien im Einzelnen erwartet wurde. Lächelnd ging sie auf Bronja zu, die sonderbar steif in der Tür stand. Eben wollte sie die rundliche junge Frau in die Arme schließen, da strich Bronja Slatava ihre blau bestickte Zofenschürze glatt und ging mit einem Knicks in die Knie.
»Was soll das?«, sagte die Baderstochter und musste gegen ihren Willen lachen. Ein Scherz, dachte sie, wenn auch zur Unzeit; in ihrem Rücken spürte sie noch den Blick des unerbittlichen Maître d’Alembert, der sie durch Gänge und Saalfluchten, treppab und wieder treppauf hierher geführt hatte, zur Eingangstür der Frauengemächer, wo Lisetta und Bronja schon auf sie warteten.
Auch Lisetta Kollek, mager und einen halben Kopf kleiner als Bronja, vollführte nun einen unbeholfenen Knicks, und Markéta wurde jählings bewusst, welchem Vorzug die beiden Mädchen wohl ihre Stellung verdankten: Ihre Brüder Mikesch und Vladislav dienten als Soldaten der gräflichen Salvaguardia. Mikesch Slatava hatte sie vorhin mit Jan Mular unten auf der Brücke gesehen.
»Diese Zofen werden für Eure Bequemlichkeit sorgen – Madame«, sagte hinter ihr der Obersthofmeister, vor der förmlichen Anrede gerade so lange zögernd, dass sie die Missbilligung spürte. »Ihr scheint die beiden schon zu kennen, umso besser, sie wurden instruiert, jeden Eurer Befehle auszuführen. A votre service, Madame.« Er deutete eine Verbeugung an und klemmte seinen Stock unter den Arm, dann wandte er sich um und ging mit raschen, tänzelnden Schritten davon.
Markéta wunderte sich über sein Gebaren, aber in ihrem Innern war sie noch immer mit der Szene im
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