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Der Alchimist

Der Alchimist

Titel: Der Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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der Tiere vermischten sich mit den nervösen Anordnungen der Führer und der Händler. In der Wüste dagegen gab es nur den ewigen Wind, die Stille, den Hufschlag der Tiere. Selbst die Führer unterhielten sich wenig miteinander.
    »Ich habe diese Dünen schon oft durchquert«, sagte ein Kameltreiber eines Abends. »Aber die Wüste ist so gewaltig, die Horizonte sind so fern, daß man sich sehr klein vorkommt und vor Ehrfurcht verstummt.« Der Jüngling konnte gut verstehen, was der Kameltreiber meinte, auch ohne zuvor eine Wüste durchquert zu haben. Immer, wenn er das Meer oder Feuer betrachtete, konnte er stundenlang still sein, ohne an etwas zu denken, in die Unermeßlichkeit und die Kraft der Elemente eintauchend.
    >Ich habe schon von Schafen und von Kristallen gelernt, warum sollte mich die Wüste nicht auch etwas lehren<, überlegte er. >Sie scheint mir noch älter und weiser zu sein.< Der Wind hörte nie auf. Der Jüngling erinnerte sich an den Tag, als er denselben Wind auf der Festung in Tarifa gespürt hatte. Vielleicht strich er in diesem Moment über die Wolle seiner Schafe, die durch die Weiten von Andalusien zogen auf der Suche nach Wasser und Nahrung. >Eigentlich sind es gar nicht mehr meine Schafe, sagte er sich ohne Bedauern. >Sie haben sich bestimmt schon an einen neuen Hirten gewöhnt und mich vergessen. Das ist auch gut so. Wer wie die Schafe gewöhnt ist herumzuziehen, weiß auch, daß man immer eines Tages Abschied nehmen muß.< Danach dachte er an die Tochter des Händlers und war sich sicher, daß sie bereits verheiratet war. Vielleicht mit einem Eisverkäufer oder sogar mit einem Schäfer, der auch lesen konnte und ausgefallene Geschichten zu erzählen wußte. Gewiß war er nicht der einzige. Und er war beeindruckt von seiner Vermutung: Vielleicht war er dabei, auch jenen Teil der universellen Sprache zu erlernen, der die Vergangenheit und die Zukunft aller Menschen in sich birgt. »Ahnungen«, pflegte seine Mutter zu sagen. Der Jüngling begann zu verstehen, daß diese Ahnungen ein plötzliches Eintauchen der Seele in die universelle Strömung des Lebens waren, wo die Lebensgeschichte von allen Menschen miteinander verbunden ist, und wo man alles erfahren konnte, weil alles »geschrieben steht«. »Maktub«, sagte der Jüngling und erinnerte sich an den Kristallhändler. Die Wüste bestand bald aus Sand und bald aus Stein. Wenn die Karawane auf einen Felsbrocken stieß, dann umging sie ihn weitläufig. Wenn der Sand zu weich für die Kamelhufe war, dann suchte sie einen Umweg, wo der Sand widerstandsfähiger war. Manchmal war der Boden, wo einst ein See existiert haben mußte, mit Salz überzogen. Dann streikten die Tiere, und die Kameltreiber stiegen ab und entluden sie. Dann packten sie sich die Lasten auf die eigenen Schultern, überquerten das schwierige Gelände und beluden die Tiere aufs neue. Wenn ein Führer erkrankte oder starb, dann bestimmten die Kameltreiber durch das Los einen neuen. Nie aber verlor die Karawane ihr Ziel aus den Augen, wie viele Umwege sie auch machen mußte. Sowie alle Hindernisse überwunden waren, stand wieder der Stern vor ihnen am Himmel und wies ihnen die Richtung, in der sich die Oase befand. Wenn die Leute gegen Morgen den leuchtenden Stern am Firmament sahen, wußten sie, daß er einen Ort mit Frauen, Wasser, Datteln und Palmen anzeigte. Nur der Engländer bemerkte es nicht: Er war die meiste Zeit in die Lektüre seiner Bücher vertieft. Der Jüngling besaß auch ein Buch, welches er während der ersten Reisetage zu lesen versuchte. Aber er fand es viel unterhaltsamer, die Karawane zu beobachten und dem Wind zu lauschen. Als er sein Kamel besser kennen- und schätzengelernt hatte, warf er das Buch fort. Es war unnötiger Ballast. Und dennoch hatte er abergläubisch gehofft, jedesmal, wenn er das Buch aufschlug, einem bedeutsamen Menschen zu begegnen. Inzwischen hatte er sich mit dem Kameltreiber angefreundet, der immer an seiner Seite ritt. Nachts, wenn sie sich alle um die Lagerfeuer versammelten, erzählte er dem Kameltreiber von seinen Erlebnissen als Hirte. Während einer dieser Unterhaltungen begann der Kameltreiber aus seinem Leben zu erzählen.
    »Ich wohnte an einem Ort in der Nähe von Al-Kahira«, sagte er. »Ich hatte einen Gemüsegarten, meine Kinder und ein ruhiges Leben, das sich bis zu meinem Tod nicht ändern sollte. In einem Jahr, in dem die Ernte ergiebiger war, reisten wir nach Mekka, womit ich die einzige Verpflichtung einlöste,

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