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Der Alchimist

Der Alchimist

Titel: Der Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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Texte.
12
    »Warum ist das alles so schwierig geschrieben?« fragte er den Engländer eines Abends. Er hatte bemerkt, daß der Engländer ziemlich gereizt war und seine Bücher vermißte.
    »Damit nur diejenigen, die sich ernsthaft damit auseinandersetzen, es verstehen können«, antwortete er. »Denk bloß, wenn jeder Blei in Gold verwandeln könnte, dann wäre das Gold bald nichts mehr wert. Nur die Ausdauernden, nur diejenigen, die viel nachforschen, vollenden das Große Werk. Darum befinde ich mich ja hier mitten in der Wüste. Um einem wirklichen Alchimisten zu begegnen, der mir behilflich ist, die Geheimsprache zu entziffern.« »Wann wurden diese Bücher geschrieben?« fragte der Jüngling. »Vor vielen Jahrhunderten.« »Damals wurden doch noch keine Bücher gedruckt«, beharrte der Jüngling. »Es gab also keine Möglichkeit, daß ein jeder von der Alchimie Kenntnis bekam. Warum dann diese seltsame Sprache mit den vielen Zeichnungen?« Der Engländer entgegnete nichts darauf. Er sagte, daß er die Karawane nun seit einigen Tagen beobachtet, aber nichts Neues dabei entdeckt habe. Das einzige, was ihm auffiel, war die Tatsache, daß die Gerüchte über einen Krieg ständig zunahmen.
13
    Eines Tages gab der Jüngling dem Engländer seine Bücher zurück. »Na, hast du viel gelernt?« fragte dieser voller Erwartung. Er brauchte nämlich jemanden, mit dem er sprechen konnte, um seine Angst vor dem Krieg zu vergessen.
    »Ich habe gelernt, daß die Welt eine Seele hat, und wer diese Seele versteht, wird die Sprache der Dinge verstehen. Auch habe ich gelernt, daß viele Alchimisten ihren persönlichen Lebensplan gelebt und somit die Weltenseele, den Stein der Weisen und das Lebenselixier entdeckt haben. Aber hauptsächlich habe ich gelernt, daß diese Dinge so einfach sind, daß sie auf eine Smaragdtafel passen.« Der Engländer war enttäuscht. Die Jahre des Studiums, die magischen Symbole, die schwierigen Wörter, die Laborgeräte, nichts von alledem hatte den Jüngling beeindruckt. >Seine Seele muß zu einfältig sein, um das erfassen zu können, überlegte er.
    Er nahm seine Bücher wieder an sich und verstaute sie in den Packtaschen seines Kamels.
    »Geh du nur zu deiner Karawane zurück. Sie hat mich ihrerseits auch nichts weiter gelehrt«, sagte er.
    Der Jüngling genoß die Stille der Wüste und betrachtete den von den Tieren aufgewirbelten Sand. >Jeder lernt auf seine Weise<, sagte er sich innerlich. >Seine Art ist nicht die meine, und meine Art nicht die seine. Aber beide suchen wir unseren Lebensweg, und deshalb achte ich ihn.<
14
    Mittlerweile reiste die Karawane bei Tag und bei Nacht. Ständig tauchten die in Kapuzen gehüllten Kuriere auf, und der Kameltreiber, mit dem er sich angefreundet hatte, erklärte, daß der Krieg zwischen den Stämmen begonnen hatte. Sie brauchten viel Glück, um die Oase heil zu erreichen. Die Tiere waren erschöpft, und die Menschen wurden immer stiller. Die Stille war bei Nacht am schlimmsten, und schon der Schrei eines Kamels - der vorher nichts weiter als ein Kamelschrei gewesen war - erschreckte alle, da es ein Zeichen für den Angriff sein konnte. Der Kameltreiber schien von der Kriegsbedrohung jedoch nicht sonderlich beeindruckt.
    »Ich lebe«, sagte er dem Jüngling, während er sich einen Teller Datteln schmecken ließ, in einer Nacht ohne Lagerfeuer und ohne Mondschein. »Während ich esse, tue ich nichts weiter als essen. Wenn ich laufe, dann mache ich nichts außer laufen. Und wenn ich kämpfen muß, dann wird es ein ebenso guter Tag sein zum Sterben wie jeder andere. Denn ich lebe weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Ich habe nur die Gegenwart, und nur diese interessiert mich. Wenn du immer in der Gegenwart bleiben kannst, dann bist du ein glücklicher Mensch. Dann wirst du bemerken, daß die Wüste lebt, daß der Himmel voller Sterne ist, und daß die Krieger kämpfen, weil dies eine Eigenschaft der menschlichen Rasse ist. Dann wird das Leben zu einem großen Schauspiel, zu einem Fest, denn es ist immer und ausschließlich der Moment, den wir gerade erleben. « Zwei Nächte danach, als sie sich zum Schlafen vorbereiteten, sah der Jüngling nach dem Stern, der sie geleitet hatte. Er bemerkte überrascht, daß der Horizont tiefer zu liegen schien, denn über der Wüste standen Hunderte von Sternen.
    »Das ist die Oase«, erklärte der Kameltreiber. »Und warum gehen wir nicht sofort dorthin?« »Weil wir schlafen müssen.«
15
    Als die Sonne am Horizont

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