Der Algebraist
achtförmigen Leitwerk gleich hinter den
Triebwerken waren so gestellt, dass sie ein Abdriften zur Seite
verhinderten.
Durch eine kleine Lücke in den Wolken entdeckte Fassin wenige
Kilometer entfernt einen Geleitkreuzer. Sie waren mit vielen weiteren
Panzerkreuzern und deren kleineren Begleitschiffen Teil einer hundert
Kilometer breiten und dreißig Kilometer tiefen Front. Ein
Sklavenkind, das fast am Ziel angelangt war, verlor den Halt, wurde
vom Rotorflügel geschleudert und krachte mit einem leisen
Aufschrei von innen gegen das Schutzgehäuse. Der Schrei riss
sofort ab, der schlaffe Körper wurde vom Sog der Propeller
erfasst und nach hinten gewirbelt, wo er einem Zusammenstoß mit
dem Leitwerk nur knapp entging. Das Kind verschwand hinter einer
senkrecht aufragenden Flosse. Als es wieder in Sicht kam, versank es
bereits in langsamen Spiralen in der Wolkenschicht unter ihnen.
Keiner der Dweller in den Jollen verschwendete einen zweiten Blick
darauf. Die noch verbliebenen Sklavenkinder schoben sich zu Dutzenden
weiter über die Riesenflügel.
Fassin sah den Colonel an. »Hoppla!«, sagte er.
Sie waren auf der Fahrt ins Kriegsgebiet.
Ein TunnelWagon – nein, zwei TunnelWagons, der zweite wurde
für Y’suls Gepäck, die zusätzliche Kleidung und
Scholisch benötigt – hatte sie von Y’suls Haus zum
Hauptbahnhof gebracht. Dort bestiegen sie einen Fernzug aus etwa
neunzig Wagons, der sie zwanzigtausend Kilometer weit zur Grenze
zwischen Zone Null – der Äquatorzone – und Band A
beförderte. Y’sul klagte fast die ganze Fahrt lang
über seinen Kater.
»Sie wollen in ihrer derzeitigen Form seit zehn Milliarden
Jahren existieren und haben noch immer kein wirksames Mittel gegen
einen Kater gefunden?«, hatte Hatherence irgendwann
ungläubig gefragt.
Sie hatten in einem Speisewagon schwebend darauf gewartet, dass
die Küche die genaue chemische Zusammensetzung von
Oerileithe-Speisen herausfände.
Y’suls dumpfe Stimme war aus dem Innern eines durchsichtigen
Overalls gekommen, den die Dweller an Stelle einer dunklen
Sonnenbrille trugen: »Das Leiden an den Folgen gehört
ebenso wesentlich zu einem Fest wie die Klage darüber. Und, wie
man hinzufügen sollte, wie das Mitgefühl, das man von
seiner Umwelt empfängt.«
Der Colonel hatte ihn skeptisch angesehen. »Ich dachte, Sie
spüren keinen Schmerz?«
»Keinen physischen Schmerz, nein. Unser Schmerz ist psychisch
und beruht auf der Erkenntnis, dass die Welt in Wirklichkeit nicht so
großartig ist, wie sie uns am Abend zuvor erschien, und dass
man sich womöglich zum Narren gemacht hat. Und so weiter. Ich
erwarte nicht, dass ein Klein-dweller das versteht.«
Sie hatten den Zug in Nuersotse verlassen, einer Kugelstadt, die
in mittlerer Höhe in den brodelnden Wolken am Nordrand des
Äquatorgürtels schwebte. Nuersotse hatte nur knapp
dreißig Kilometer im Durchmesser, was für eine
Dweller-Stadt relativ kompakt war, außerdem hatte man beim Bau
Wert auf Stabilität und Wendigkeit gelegt. Von hier starteten
ungefähr im Stundentakt Konvois von
Hochgeschwindigkeitsschiffen, sooft eines der Bandgrenzenräder
in die Nähe kam.
Den Bandwechsel hatten sie auf dem Bandgrenzenrad Eins zwischen
Nuersotse und Guephuthen vollzogen, einer mächtigen rotierenden
Gelenkkonstruktion mit einem Durchmesser von zweitausend Kilometern
an der Grenzlinie von zwei Atmosphärebändern. Die gewaltige
Masse reichte in jedes Band tausend Kilometer weit hinein und wurde
von den gegenläufig rotierenden Gasströmen in Bewegung
gehalten. Bandgrenzenräder waren in den meisten Gasriesen die
größten beweglichen Konstruktionen, die es überhaupt
gab, wenn man die globusumspannenden WolkenTunnel-Netzwerke nicht
mitrechnete. Die bewegten sich schließlich nur insoweit, als
sie wie alles andere innerhalb eines Planetenbandes mit der banalen
Geschwindigkeit von ein paar hundert Stundenkilometern um den Globus
fegten. Für einen Dweller war das so gut wie stationär.
Bandgrenzenräder rotierten dagegen tatsächlich und
beförderten mit minimalen Turbulenzen und relativ sicher
Transportfahrzeuge und Frachten von einem Band zum anderen. Ein
weiterer Vorteil war, dass sie mit den Antriebswellen an ihren Achsen
Elektrizität in großen Mengen produzierten. Die Wellen
ragten oben und unten aus den riesigen, halbkugelförmigen Naben
hervor, die am unteren Rand mit Mikrowellenschüsseln mit
Durchmessern von mehreren hundert Metern besetzt waren. Diese wurden
auf sinnverwirrende
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