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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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denn ’glantine war zwar für
menschliche Begriffe ein kleiner Planet – noch etwas kleiner als
der Mars – aber nach den gleichen Maßstäben nur
dünn besiedelt. Knapp eine Milliarde Einwohner konzentrierten
sich zumeist auf die Tropen, in die leeren Weiten des Nördlichen
Ödlands, wo das Wrack niedergegangen war, wagte sich nur selten
ein Besucher. Auch dass es lange gedauert hatte, bis man wieder
Überwachungssysteme besaß, die auch nur annähernd so
komplex und hoch entwickelt waren wie vor dem Ausbruch der
Feindseligkeiten, hatte die Entdeckung des Wracks nicht gerade
beschleunigt. Und schließlich hatten trotz der gewaltigen
Größe des Schiffes ein Teil seiner automatischen
Tarnsysteme den Aufschlag auf die Oberfläche des Planetenmonds,
die partielle Zerstörung und den Tod aller Sterblichen an Bord
überlebt. Dadurch hatte der Rumpf die ganze Zeit wie einer der
vielen kahlen Felsen ausgesehen, die aus dem tiefen Einschlagskrater
geschleudert worden waren, als gleich zu Beginn des Konflikts der
›Neuen Schnellen‹ ein kleineres, aber sehr viel schnelleres
Schiff zehn Kilometer entfernt auf den Planeten gestürzt und
verdampft war.
    Die Trümmer waren nur gefunden worden, weil ein Flieger an
einer der großen gewölbten (aber zu diesem Zeitpunkt
perfekt als einladend leerer, klarer Himmel getarnten) Rumpfrippen
zerschellt war. Erst nach diesem Unglück hatte man das Wrack
untersucht und die wenigen Systeme ausgebaut, die noch funktionierten
(aber unter dem neuen Regime nicht verboten waren. Dank dieser
Einschränkungen war die Ausbeute gering). Schließlich
– das Anheben des Rumpfes und der großen
Unterkonstruktionen kam aus Kostengründen nicht in Frage, das
Zerschneiden und Wegkarren der Teile war schwierig, ebenfalls nicht
billig und potenziell gefährlich, und eine völlige
Zerstörung wäre nur mit schweren Waffen im
Gigatonnenbereich möglich gewesen, gegen deren Einsatz in der
Atmosphäre eines kleinen Planetenmondes, selbst in
menschenleerem Gebiet die Bevölkerung in Friedenszeiten heftig
zu protestieren pflegte – hatte man die Absturzstelle
weiträumig abgesperrt und ließ sie zur Sicherheit auf
unbestimmte Zeit von einem Schwarm Flugdrohnen bewachen.
    »Nein, das könnte gut, das könnte positiv
sein«, erklärte Saluus Kehar und steuerte die kleine
Maschine im Tiefflug über die Wüste auf das
zerklüftete Gelände zu, wo sich die abgenagten Rippen des
großen Schiffes wie Schattenfalten vor dem violetten,
allmählich dunkler werdenden Himmel abzeichneten. Hinter dem
Wrack erschien ein riesiger, blaugrüner Flimmerteppich, wogte
lautlos über den Himmel und erlosch wieder.
    »Scheiße, das kannst auch nur du sagen«, bemerkte
Taince, die an den Knöpfen des Funkgeräts drehte. Aus den
Lautsprechern rauschte es wie Brandungswellen.
    »Müssen wir so dicht über dem Boden fliegen?«,
fragte Ilen, die ihre Stirn gegen das Kanzeldach drückte und
nach unten starrte. Sie streifte den jungen Mann, der mit ihr den
Rücksitz des kleinen Flugzeugs teilte, mit einem Blick.
»Ehrlich, Fass, ist das ratsam?«
    Fass ließ sich nicht stören. »Sal kann immer noch
nicht fassen, dass sein gnadenloser Optimismus auch Unwillen
hervorrufen kann. Wie bitte, Len? Was sagtest du?«
    »Ich dachte nur…«
    »Richtig«, murmelte Taince. »Schalt den
gottverdammten Pinger ein.«
    »Ich meine«, Saluus gestikulierte mit einer Hand,
während er die Maschine noch tiefer, noch dichter an den
vorüberrasenden Sandboden heransteuerte. Taince schnalzte
vorwurfsvoll mit der Zunge, beugte sich zu ihm hinüber und
drückte einen Schalter am Bildschirm; ein leises
›Ping‹ war zu hören, dann stieg das Flugzeug ein paar
Meter höher, und der Flug wurde ruhiger. Sal sah sie empört
an, sprach aber weiter, ohne die Abstandssicherung wieder
abzuschalten. »Wir sind immer noch unverletzt, wir wurden noch
nicht in die Luft gesprengt, und jetzt haben wir Gelegenheit, dieses
Wrack zu untersuchen, an das wir normalerweise nie herankämen.
Zur rechten Zeit am rechten Ort, die Gelegenheit ist perfekt. Wie
sollte man da nicht optimistisch sein?«
    »Du meinst«, Fassin zog die Worte in die Länge und
warf einen Blick zum Himmel, »wenn man von der bedauerlichen
Tatsache absieht, dass ein paar übereifrige und sicherlich
gründlich missverstandene Beyonder-Rebellen gerade versuchen,
uns alle in radioaktiven Staub zu verwandeln?«
    Niemand hörte auf ihn. Fassin unterdrückte demonstrativ
ein Gähnen – auch das nahm niemand zur

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