Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
zurückgeleast und
gehört nun einer halbautomatischen und dem Zugriff der
Steuerbehörden entzogenen Briefkastenfirma außerhalb des
Planeten.« Sie schlug wütend auf das Funkgerät ein,
das nicht reagieren wollte.
    Sal schüttelte den Kopf. »Unerträglich, dieser
Zynismus der heutigen Jugend«, sagte er. Dann betrachtete er den
schmetterlingsförmigen Steuerknüppel. »He, das Ding
vibriert ja! Was…?«
    Taince nickte zu dem Schiffswrack hin, das jetzt dicht vor ihnen
aufragte. »Annäherungswarnung, du Superpilot. Wenn du nicht
langsamer wirst, kannst du uns alle von der Wand kratzen.«
    »Wer denkt denn in einer solchen Situation an
Frühjahrsputz?«, erwiderte Sal grinsend. Taince rammte ihm
die Faust in den Oberschenkel. »Autsch! Das ist
Misshandlung«, rief er in gespielter Empörung.
»Dafür könnte ich dich anzeigen!«. Sie knuffte
ihn noch einmal. Er lachte, drosselte das Triebwerk und
betätigte die Druckluftbremse. Alle wurden nach vorne gegen die
Sicherheitsgurte gedrückt, bis die kleine Maschine nur noch mit
etwa zehn Metern pro Sekunde flog.
    Sie traten in den Schatten des Riesenschiffs ein.
     
    »Fassin Taak«, sagte Haushofmeister Verpych. »Was
haben Sie denn jetzt wieder angestellt?« Sie eilten durch einen
breiten fensterlosen Korridor unter dem Mitteltrakt des Hauses. Bevor
Fassin antworten konnte, deutete Verpych mit einem Nicken zu einem
Seitengang hin und steuerte darauf zu. »Hier entlang.«
    Fassin verlängerte seine Schritte, um mithalten zu
können. »Ich weiß nicht mehr als Sie,
Haushofmeister.«
    »Sie neigen wie eh und je zur Untertreibung.«
    Fassin ließ sich die Bemerkung durch den Kopf gehen und
verzichtete auf eine Erwiderung. Dafür setzte er ein hoffentlich
leutseliges Lächeln auf, doch als er zu Verpych
hinüberschaute, sah er, dass ihn der Haushofmeister gar nicht
beachtete. Verpych war ein kleiner, dünner, aber sehr energisch
wirkender Mann mit cremig weißer Haut und vielen Bartstoppeln.
Sein Kopf sah aus wie aus Sandstein gemeißelt. Der kantige
Unterkiefer wirkte stets verkrampft, und die Stirn war von tiefen
Falten durchzogen. Der Kopf war kahl rasiert bis auf einen langen
Pferdeschwanz, der ihm bis zur Taille reichte. Den langen
Obsidianstab, das wichtigste Symbol seines Amtes, hielt er so fest,
als wäre er eine schwarze Schlange, die er mit einer Hand
erdrosseln wollte. Seine Uniform war schwarz wie die Nacht, schwarz
wie fettiger Ruß.
    Als Oberster Seher-im-Wartestand war Fassin eigentlich in jeder
Beziehung Verpychs Vorgesetzter. Doch der ranghöchste Diener des
Sept brachte es immer noch fertig, dass er sich vorkam wie ein Kind,
das etwas angestellt hatte und fast dabei erwischt worden wäre.
Fassin sah voraus, dass sie beide ihre Schwierigkeiten haben
würden, wenn er erst endgültig das Amt des Obersten Sehers
übernahm.
    Verpych vollführte eine schneidige Wendung, strebte
geradewegs auf ein großes abstraktes Wandgemälde zu und
hob seinen Stab, als wollte er auf eine Eigenheit der
Pinselführung hinweisen. Das ganze Bild verschwand in einem
Schlitz im Fußboden, und dahinter öffnete sich ein schwach
beleuchteter Gang. Verpych sagte nur: »Abkürzung«, und
trat ein, ohne sich umzusehen, ob Fassin ihm folgte.
    Fassin schaute über die Schulter. Das Gemälde glitt aus
dem Schlitz wieder nach oben und sperrte das Licht aus dem Korridor
fast völlig aus. Dieser Gang wirkte vergleichsweise kahl und
irgendwie unfertig. Fassin wusste nicht mehr, wann er zum letzten Mal
durch einen Versorgungstunnel gegangen war; vermutlich als Kind, auf
Entdeckungsreise mit seinen Freunden.
    Vor einem Fahrstuhl blieben sie stehen. Die Tür stand offen,
ein Klingeln war zu hören. In der Kabine stand ein Jungdiener
und hielt ein Tablett mit schmutzigen Gläsern in einer Hand. Mit
der anderen drückte er auf die Schaltknöpfe. Ratlosigkeit
und Frustration spiegelten sich in seinem Gesicht.
    »Raus hier, du Schwachkopf«, sagte Verpych und trat in
den Fahrstuhl. »Er wartet auf mich.«
    Der Junge riss die Augen auf, stammelte eine Entschuldigung und
verließ die Kabine so hastig, dass ihm um ein Haar das Tablett
aus der Hand gefallen wäre. Verpych drückte mit dem Ende
seines Stabes auf einen Knopf, die Tür schloss sich, und der
Fahrstuhl – ein schlichter Metallkasten mit verschrammtem Boden
– fuhr abwärts.
    »Haben Sie das vorzeitige Wecken schon verkraftet,
Haushofmeister?«, fragte Fassin.
    »Durchaus«, gab Verpych knapp zurück. »Also,
Seher Taak. Wenn diese

Weitere Kostenlose Bücher