Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
herab. Gekleidet, als wollte
er in einer Oper auftreten. Nun lächelte er, aber er hatte keine
Zähne. Oh doch, er hatte Zähne; sie waren nur völlig
durchsichtig, aus Glas oder einem noch transparenteren Material.
    Saluus holte ein paarmal tief Atem. Es tat gut, wieder normal
atmen zu können. Aber die schreckliche Angst war immer noch da.
Er räusperte sich. »Kann mir jemand sagen, was hier
vorgeht?«
    Auf einer Seite bewegte sich etwas. Er konnte den Kopf drehen
– sein Hals streifte gegen einen Kragen – da stand ein
zweites Bett. Gerade schwang Liss ihre langen Beine über die
Kante, jemand half ihr beim Aufstehen. Sie sah ihn an und bewegte
Hals und Schultern. Das schwarze Haar hing ihr offen ins Gesicht. Sie
trug einen dünnen Schutzanzug. Als sie zu Bett gegangen waren,
war sie nackt gewesen.
    »Hallo, Sal«, sagte sie. »Willkommen bei der
Invasionsflotte der Hungerleider.«
    Sie trat an sein Bett. Der unheimliche Typ mit den
entzündeten Augen drehte sich um, streckte die behandschuhte,
mit vielen Ringen geschmückte Hand aus und stützte sie.
»Mir scheint, Sie haben uns tatsächlich eine wertvolle
Lieferung gebracht, junge Frau«, sagte er. Auch die Stimme klang
unheimlich; tief und zugleich rau wie Schmirgelpapier. Der Akzent war
sehr stark. »Wir sind Ihnen zu großem Dank
verpflichtet.«
    Liss lächelte schmal, richtete sich auf, lockerte das Haar
mit den Fingern und warf es zurück. »Es war mir ein
Vergnügen.«
    Saluus spürte, wie ihm die Kinnlade herunterfiel. Er machte
den Mund zu und schluckte. »Liss?«, hörte er sich
sagen. Es war die ängstliche Stimme eines kleinen Jungen.
    Sie sah ihn an. »Es tut mir Leid«, sagte sie. Dann
zuckte sie die Achseln. »Jedenfalls ein bisschen.«
     
    »Und diese Gammastrahlen-Laser reichen wirklich weit
hinauf! Sieh doch nur!«
    »Trotzdem sind es nur Strahlenwaffen. Der Magnet-Konvolver
ist auf seine Art viel beeindruckender.«
    Fassin hörte nur mit halbem Ohr zu. Quercer & Janath
erkundeten die Sensoren, die Instrumente und die Steuerung des
Voehn-Schiffs. Eben hatten sie die Waffen entdeckt.
    »Defensiv! Von wegen! Sieh dir das an: Z-P
Scherwellen-Raketen! Volle AM. Verdammt, das haut mich
um!«
    »Lass gut sein, sieh dir lieber den Chaospanzer an. Die
Verformung geht nicht mehr als einen Zentimeter über den Rumpf
hinaus, aber was für ein Wirkungsgrad; absorptionsfähig bis
auf eine Entfernung von mindestens zehn Kilometern. Sogar mit
Energierückführung in die Hauptimpulsbatterien. Das hat
Klasse.«
    Sie waren im Kommandoraum, einer lang gezogenen Blase im Zentrum
des Voehn-Schiffs. Die zehn Flossersitze waren V-förmig
angeordnet. Quercer & Janath saßen vorne im Sessel des
Commanders vor einem Bildschirm, der die ganze Wand bedeckte. Der
Schirm zeigte den umliegenden Weltraum. Genau im Zentrum befand sich
die steuerlos treibende, sehr langsam rotierende Velpin. Fassin und Y’sul schwebten in der Sitzreihe hinter dem
Expeditionscaptain. Die Sitze waren für Fassin zu klein und
für Y’sul und Quercer & Janath viel zu klein. Sie
ließen sich nach beiden Seiten öffnen wie sich spreizende
Finger und sollten den innen sitzenden Voehn wie eine schützende
Hand umschließen. Ein Dweller passte mit Mühe hinein, wenn
die Finger voll ausgefahren waren. Der ganze Kommandoraum war von
drangvoller Enge, aber Quercer & Janath schien das nicht zu
stören. Fassin empfand die Sitze eher wie Käfige. Er
schwebte wie im Brustkorb eines riesigen Dinosaurierskeletts.
    »Können wir auf irgendetwas schießen?«
    Y’sul reparierte die Schäden an seinem Panzer und summte
dabei vor sich hin. Mit den Hauptnabenarmen schliff er Teile der
Scheibenkanten ab, drückte sie aneinander und glättete die
Fuge mit einer improvisierten Feile.
    »Man könnte natürlich die Velpin abschießen.«
    »Die ist voller Leute!«
    Er hatte geglaubt, er könnte etwas finden. Er hatte gehofft,
es gäbe vielleicht noch etwas zu finden.
    »Sie ist voll mit Voehn-Soldaten.«
    »Und seit wann gelten die nicht als Leute? Außerdem ist
es unser altes Schiff.«
    Etwas anderes als einen feigen Dweller, der sich so sehr
schämte, weil er schwach geworden war und in den Behälter
geschaut hatte – und der die Folgen seiner Tat so sehr
fürchtete – dass er sich das Leben nahm; der aber eitel
genug war, eine Botschaft aufzuzeichnen, in der er seinen
schwachsinnigen Narzissmus noch verewigte.
    Draußen drehte sich die Velpin langsam um sich selbst
und schlug Purzelbäume. Ihr Expeditionscaptain

Weitere Kostenlose Bücher