Der Algebraist
Dweller-Nachrichten drehte sich alles um den Krieg. Den
Formalkrieg zwischen Zone 2 und Gürtel C. Die Auseinandersetzung
gestaltete sich inzwischen offenbar so ungeheuer spannend, dass sie
von angesehenen Kritikern bereits als Klassiker ihrer Art gehandelt
wurde. Dabei war sie schätzungsweise erst zur Hälfte
gelaufen und versprach noch eine Menge Unterhaltung.
Fassin musste erst einen Sender suchen, der sich auf
Alien-Beobachtung spezialisiert hatte, um zu erfahren, dass das
Ulubis-System mehr als dreißig Tage zuvor von den
Streitkräften des Epiphanie-5-Separats oder des
Hungerleider-Kults unter Führung des Archimandriten Lusiferus
überfallen und erobert worden war. Der letzte größere
von der Ulubis-Merkatoria organisierte Widerstand war erst vor etwa
einem Dutzend Tagen mit der offiziellen Kapitulation des Hierchon
Ormilla zu Ende gegangen, nachdem eine Stadt auf Sepekte und ein
Habitat im Orbit um den Planeten zerstört worden waren. Ein
Gegenangriff durch mehrere Geschwader der Generalflotte wurde
innerhalb der nächsten paar Dutzend Tage erwartet. Die letzte
Meldung lautete, im Orbit um Nasqueron finde derzeit an Bord des
Hungerleider-Schiffs Lusiferus VII eine Konferenz für
Frieden und Zusammenarbeit statt.
Fassin hatte eine Nachricht an Valseir geschickt, in der Hoffnung,
ihn auf diese Weise ausfindig zu machen. Nun wollte er abwarten, ob
er eine Antwort erhielt. Er hatte auch daran gedacht, sich bei
Setstyin zu melden, doch dann hatte er sich vage an eine Bemerkung
von irgendjemandem über diesen Dweller erinnert, die sein
Misstrauen geweckt hatte. Nein, langsam, war es nicht genau
umgekehrt? Setstyin war immer sein Freund gewesen, stets hilfsbereit
und charmant. Hatte ihn nicht Setstyin vor dem alten Dweller gewarnt,
der das große kugelförmige… Ding befehligte,
das bei der GasClipper-Regatta aus den Wolken emporgestiegen war und
die Truppen der Merkatoria vernichtet hatte? Ja, das hörte sich
besser an. Seltsam, dass die Erinnerung so verschwommen war. Er hatte
doch immer so ein gutes Gedächtnis gehabt.
Quercer & Janath waren von Gratulanten umringt, die mehr
über das Voehn-Schiff wissen wollten. Der Vollzwilling hatte
Fassin in der Menge entdeckt und ihm zugewinkt. Fassin hatte
zurückgewinkt.
Während Y’sul auf die Ambulanzjolle verladen wurde, war
Fassin durchgegangen, was er noch wusste und was nicht, woran er sich
erinnern konnte und woran nicht. Wahrscheinlich hätte er mit
Y’sul in der Jolle fahren können, aber er wollte eine Weile
allein sein, um Abstand zu gewinnen.
So war er hier heraufgekommen, um die Sterne zu betrachten,
abzuwarten, nachzudenken und vielleicht ein paar mathematische
Analysen durchzuführen.
Er holte das kleine Bildblatt aus dem Fach in der Flanke des
Gasschiffs und sah es an. Das Sehvermögen des Schiffchens hatte
bei den Vorfällen an Bord der Protreptik sehr gelitten,
aber auf einer Seite war die Vergrößerungsfunktion noch so
weit intakt, dass er den blauen Himmel und die weißen Wolken
deutlich erkennen konnte. Er zoomte das Bild näher heran, um es
mit der gespeicherten Kopie zu vergleichen, die sich im… Aber
die Kopie war im Speicher des Schiffchens nicht mehr zu finden.
Das war seltsam. Er hatte gedacht, er hätte das Bild
aufgezeichnet und etwas, das darin verborgen war, bereits zur
Hälfte entschlüsselt. Er war sogar ganz sicher. Damals war
ihm das ungeheuer wichtig gewesen.
Fassin zermarterte sich das Gehirn. Er musste sich erinnern! Was
war nach dem Angriff des Voehn-Schiffs geschehen? Die Voehn hatten
sie alle gefangen genommen und verhört, und sie hatten sich an
seinem Gehirn sowie am Biobewusstsein und den Speichern des
Gasschiffs zu schaffen gemacht. Dann hatte ein Schiff, das ihnen die
Ythyn zu Hilfe geschickt hatten, das Voehn-Schiff angegriffen, und er
selbst, Y’sul und der Vollzwilling hatten – irgendwie
– die Überlebenden der Voehn-Besatzung
überwältigt.
Sie hatten die Voehn überwältigt?
Wie war das zugegangen? Das Ythyn-Schiff hatte die Voehn
abgelenkt, und auch die Velpin hatte eine Rolle gespielt,
irgendeine Piraten-Schutz-Automatik hatte eingegriffen und ihnen
gegen die Voehn geholfen. Quercer & Janath hatten allerdings ein
großes Geheimnis um die Technik gemacht, die ihr alter Kahn
gegen die Voehn eingesetzt hatte.
Fassin hatte keine Ahnung, ob es sich so abgespielt hatte, wie sie
sagten, oder nicht. Vielleicht hatte die Velpin eine KI an
Bord gehabt, die hatte die Voehn erledigt, aber Quercer &
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