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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Gleichung
irgendwelche brauchbaren Informationen liefern, dann würde er
sie nach wie vor lieber den Beyondern zukommen lassen.
    Im Westen, weit jenseits der obersten Wolkenschicht, blitzte dicht
über dem Horizont etwas auf. Vielleicht ein Schiff im All.
    Fassin wandte sich wieder der Gleichung und dem
Übersetzungsprogramm für die Alien-Sprache zu und wandte
Letzteres auf Erstere an. In dem virtuellen Raum, den das defekte
Biobewusstsein des Gasschiffs in sein eigenes Bewusstsein
projizierte, teilte sich das Bild, und neben dem Original erschien
eine Kopie der Gleichung. Die Symbole in der Kopie veränderten
und verschoben sich, bis die Übertragung in die Standardnotation
der Dweller abgeschlossen war. Dann flackerten die Symbole in beiden
Kopien der Gleichung, leuchteten auf, durchliefen verschiedene
Farben, schwollen an und verschmolzen wieder mit ihrer Umgebung. Die
Gleichung löste sich selbst.
    Es handelte sich tatsächlich um eine Gleichung. Er hatte auf
Grund irgendeiner Bemerkung die Vorstellung gehabt, es könnte
sich um eine Frequenz und ein Signal handeln, aber das war nicht der
Fall. Oder die Verschlüsselung wäre schon sehr
ungewöhnlich gewesen.
    Auf beiden Seiten des geteilten Bildes begannen die letzten Terme
aufzuleuchten. Und schließlich erschien, langsam blinkend, ganz
am Ende das Ergebnis.
    Es war eine Null.
    Er starrte das Zeichen, die Zeichen an.
    In der Standardnotation der Dweller war eine Null ein Punkt mit
einer kurzen Linie darunter. In Translatio V war die Null ein
Schrägstrich.
    Von der Gleichungskopie blinkte ihn ein Punkt mit einer kurzen
Linie darunter an. Am Ende des Originals stand, ebenfalls blinkend,
ein Schrägstrich.
    Er versuchte es noch einmal. Mit dem gleichen Resultat.
    Er nahm sich abermals das Bild vor und extrahierte den verborgenen
Code, für den Fall, dass die Prozessorsysteme beim ersten Mal
einen Fehler gemacht hatten.
    Es war kein Fehler gewesen. Beim zweiten Durchlauf kam eine
identische Gleichung heraus. Dennoch ließ er sie
durchrechnen.
    Null.
    Fassin lachte. Er spürte, wie Brust und Bauch unter dem
Schockgel im Innern des Pfeilschiffchens erbebten. Dann sah er sich
im Geiste auf einem Planeten an einer Felsküste stehen und
warten. Das Lachen blieb ihm im Halse stecken.
    Null.
    Die letzte Antwort lautete also nichts. Man hatte ihn bis ans
andere Ende der Galaxis geschickt, wobei er die Antwort ohnehin die
ganze Zeit bei sich getragen hatte, und dann lautete diese Antwort
»Null Komma nichts«. Nur mathematisch ausgedrückt.
    Er lachte weiter.
    Na schön.
    Wieder blitzte etwas hoch in der obersten Wolkenschicht, fast
genau nördlich. Unter dem Objekt, das soeben das Licht
reflektiert hatte, erblühten viele winzige Lichter am Himmel.
Eine Spur von Violett. Dann Weiß.
    Er beobachtete den Raumabschnitt eine Weile und wartete auf
weitere Erscheinungen. Was immer das war, es musste ziemlich weit
entfernt sein. Wenn es sich um dasselbe Objekt handelte, das er zuvor
dicht über dem Horizont bemerkt hatte, dann befand es sich hoch
über der Äquatorzone, zehntausende von Kilometern weit im
All.
    Null. Sehr aufschlussreich. Fassin fragte sich, ob es irgendwo
auch eine richtige Antwort gäbe, ob das, was er gefunden hatte
– worüber Valseir vor langer Zeit gestolpert war und was er
selbst dann ahnungslos von seinem Trip mit nach Hause gebracht hatte
–, Teil einer ganzen Serie von falschen Spuren sein könnte.
Gab es nur diese eine Antwort, oder gab es mehrere? Hatte der Mythos
von der berühmten Transformation der Dweller-Liste Hunderte von
Falschlösungen im Anhang?
    Selbst wenn es so wäre, er würde nicht weiter nach der
richtigen Lösung suchen. Er hatte seine Schuldigkeit getan,
hatte irgendwie sogar eine Mission erfüllt, an die er nie
geglaubt hatte. Er war zu spät gekommen, das Ergebnis war
Unsinn, ein schlechter Witz, eine Beleidigung fast, aber – bei
jedem Gott, den man beschwören wollte – er hatte es
geschafft.
    Nun wäre es an der Zeit, sich zu überlegen, wie er
diesen Planeten verlassen oder zumindest, wie er, nur der Form
halber, die Information weitergeben könnte. Um die
bedeutungslose Nachricht nicht für sich zu behalten.
    Wieder zwei Blitze aus dem All, nicht weit von der Stelle, wo das
erste Feuerwerk aufgeleuchtet hatte. Ein winziger Funke, ein
längerer Strahl. Gleich darauf ein Schein wie von einem
Schiffstriebwerk, das sich, rasch schneller werdend, entfernte.
    Fassin suchte nach Satelliten der Gemeinschaftsanlage oder

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