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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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spüren
waren, und so trügerisch zaghaft, dass sie nicht ins Bewusstsein
drangen. Die Strahlen berührten nur flüchtig und erhellten
kaum, erfüllten aber ihren Zweck, indem sie nichts fanden, wo es
nichts zu finden gab. Nur Kohlenstoff, Spurenelemente und steinhart
gefrorenes Wasser: uralt, tot und – wenn man sich nicht daran zu
schaffen machte – für niemanden bedrohlich.
    Jedes Mal, wenn die Laser weiterglitten, keimte neue Hoffnung auf,
und es dachte wider alle Vernunft, die Verfolger würden
aufgeben, würden einfach kapitulieren, und es könnte in
Ruhe für immer seine Bahnen ziehen. Oder aus dem Orbit
ausbrechen und, für alle Zeiten in die Einsamkeit verbannt, mit
weniger als Lichtgeschwindigkeit durch das All bummeln. Oder seine
Systeme abschalten und in Schlaf sinken oder… Vermutlich
könnte es auch – und das war es natürlich, was die
Verfolger fürchteten und warum sie die Jagd fortsetzten –
Intrigen spinnen, Reserven mobilisieren, Vorbereitungen treffen,
beschleunigen, bauen, kopieren, rekrutieren und schließlich
– angreifen!… Die Rache üben, die ihm so eindeutig
zustand, von allen seinen Feinden den Preis einfordern, den sie
– wenn es unter irgendeiner Sonne noch so etwas wie
Gerechtigkeit gab – für ihre Intoleranz, ihre Grausamkeit
und ihren Generationenmord zu entrichten hatten.
    Doch dann kamen die Nadelstrahlen wieder und erleuchteten zitternd
die Pockennarben eines weiteren schwarzen Klumpens aus Eis und
Ruß, aus mehr oder weniger großer Entfernung, aber immer
rasch und peinlich ordentlich, mit militärischer Präzision
und einer sturen, bürokratischen Systematik.
    Den ersten Lichtspuren nach zu schließen, waren es
mindestens drei Schiffe. Wie viele mochten es tatsächlich sein?
Wie viele mochten sie für die Suche abgestellt haben? Eigentlich
spielte es keine Rolle, ob sie einen Augenblick, einen Monat oder ein
Jahrtausend brauchten, um die Beute aufzuspüren. Sie wussten
offensichtlich, wo sie zu suchen hatten, und sie würden nicht
aufgeben, bis sie es gefunden hatten, oder bis sie überzeugt
waren, dass es nichts zu finden gab.
    Dass es so unverkennbar in Gefahr schwebte, und dass sein Versteck
bei aller Größe fast der erste Ort war, an dem die Schiffe
ihre Suche begonnen hatten, erfüllte es mit Schrecken. Und das
nicht nur, weil es nicht sterben oder zerlegt werden wollte, wie es
anderen Opfern wie ihm widerfahren war, bevor sie vollends vernichtet
wurden. Wenn es an diesem Ort, wo es sich so sicher gefühlt
hatte, nicht sicher war, dann gälte das auch für so viele
andere seinesgleichen, die von der gleichen Voraussetzung ausgegangen
waren.
    Gütige Vernunft, womöglich gibt es nirgendwo mehr
Sicherheit für uns.
    Alle seine Forschungen, seine Überlegungen, all die
großartigen Entwicklungen, die Veränderungen, die
Früchte jener einen großen Erkenntnis, zu der es nun nicht
mehr gelangen, die ihm nicht mehr beschieden sein würde und die
es nicht mehr weitergeben konnte, alles, alles war umsonst gewesen.
Es hatte noch die Wahl, mit oder ohne eine gewisse Würde
abzutreten, aber abtreten musste es.
    Es konnte dem Tod nicht entrinnen.
    In eisigen Fernen schalteten die Nadelschiffe ihre Nadelstrahlen
an und wieder aus, und nun entdeckte es endlich das Muster, es konnte
die Szintillationsfolgen der einzelnen Schiffe unterscheiden, konnte
die Form der Suchraster bestimmen und durfte dennoch nur hilflos
zusehen, wie sich der Fächer langsam ausbreitete und die
tödlichen Verfolger unaufhaltsam näher kamen.
     
    Der Archimandrit Lusiferus, Kampfpriester des Hungerleider-Kults
von Leseum9IV, der wahre Herr über einhundertsiebzehn
Sonnensysteme, etwa vierzig bewohnte Planeten, zahlreiche
größere immobile Habitate und viele Hunderttausende von
zivilen Großkampfschiffen, befehligte als Großadmiral das
Schutzgeschwader der Vierhundertachtundsechzigsten Außenflotte
(auf Sondereinsatz). Vor dem jüngsten noch andauernden Chaos und
den letzten Ausläufern der Separations-Kaskade hatte er im
Auftrag des Rotierenden Triumvirats des Clusters Epiphanie Fünf
Menschen und Nichthumanoide im Obersten Galaktischen Rat vertreten.
Vor einigen Jahren hatte man auf seinen Befehl den Kopf seines
ehemals größten Widersachers, des Rebellenhäuptlings
Stinausin, von dessen Schultern getrennt, unverzüglich an ein
permanentes Lebenserhaltungssystem angeschlossen und mit dem Hals
nach oben an die Decke von Lusiferus’ repräsentativem, in
die Außenmauer der Felsenzitadelle

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