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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nahegestanden hat, ein paar Worte sagen könnte. Man ist der Meinung, dass Sie ihn besonders gut kannten, ja, vielleicht besser als jeder andere. Ich würde es also sehr begrüßen, wenn sie während des Gottesdiensts aufstünden und uns an den Gefühlen teilhaben ließen, die Sie im Herzen für ihren Freund hegen.«
    »Scheint mir nicht so recht angebracht zu sein, denn über Tote sollte man doch nicht …, oder?«
    »Buck wäre es eine Ehre zu sprechen, Doktor Kind«, sagte Rose.
    Kind sah mich an. »Wir können also auf Sie zählen?«
    Ich seufzte. »Denke schon.«
    »Das höre ich mit Freuden.« Er hob die Hand von meiner Schulter und ging zurück vor die Trauergemeinde.
    »Hoffentlich vergisst er nicht meinen dämlichen Aschenbecher«, sagte ich zu Rose.
    »Reiß dich zusammen«, forderte sie mich auf.
    Kind stieg auf das Podest, stellte sich neben den Sarg und ergriff sein Mikrofon. Ich schätze, er war es gewohnt, vor größerem Publikum aufzutreten.
    »Guten Morgen, gesegnete Kinder Christi«, sagte er. »So glücklich ich bin, euch hier zu sehen, wünschte ich doch, die Umstände wären erfreulicherer Art.«
    Er hatte mir meine Zigarette gelassen, und das war mir erfreulich genug. Ich wäre aber noch weitaus erfreuter gewesen, wenn ich mich nicht erheben und aus dem Stegreif eine Grabrede hätte halten müssen.
    »Zu den Verdiensten einer Trauergemeinde wie dieser zählt, dass wir durch unseren Zusammenhalt wahrhaft positiven Einfluss auf unsere gesamte Glaubensgemeinschaft nehmen können.«
    Ich sah mich um. Die Anzahl der Trauergäste war auf vierzehn gestiegen, einschließlich Dr. Kind.
    »Ein Nachteil bei der Betreuung einer so großen Gemeinde besteht darin, dass ich oft nicht die Gelegenheit finde, jeden Einzelnen sehr gut kennenzulernen. Auch bei Jim Wallace habe ich die Gelegenheit dazu nicht gefunden, und jetzt, da er von uns gegangen ist, erfüllt mich das mit großem Bedauern. Jims Familie hat mir berichtet, dass er ein unbeschwerter Mann war, der großes Vergnügen auch an einfachen Dingen fand, wie zum Beispiel einem kalten Bier an einem heißen Sommertag oder morgens an knusprigem Frühstücksspeck. Und Gott liebt diejenigen am meisten, die Freude finden am alltäglichen Segen.«
    »Gott liebt Menschen, die Frühstücksspeck essen«, flüsterte ich Rose zu. »Wieso hat das niemand den Juden gesteckt?«
    »Und Jim hat all diese Freuden verdient. Viele Jahre hat er in dieser Gemeinde hart gearbeitet, und obwohl er an materiellen Gütern nie reich geworden ist, konnte er sich des Reichtums gewiss sein, der aus der Liebe seiner Familie und seiner vielen Freunde in der Kirche und im gesamten Midsouth bestand.«
    Aller vierzehn.
    »Einer dieser Freunde, Baruch Schatz, ein Mann jüdischen Glaubens, war seit mehr als sechzig Jahren eng mit Jim verbunden. Die beiden Männer dienten gemeinsam im Zweiten Weltkrieg, und Buck kam Anfang der Woche an Jims Bett, um ihm in der letzten Stunde seines Lebens Trost zu spenden. Lebenslange Freundschaften dieser Art sind der größte Segen, den der Herr Jesus Christus den Menschen spendet. Ich glaube, dass Mister Schatz uns heute mit einigen Worten beschenken möchte.«
    Ich stand ächzend auf und ging zum Podest. Kind reichte mir das Mikrofon.
    »Doktor Kind, ich möchte Ihnen für diese sehr schöne Ansprache danken«, sagte ich. »Sie äußern, dass Sie mit Jim nicht besonders vertraut waren, aber ich glaube, Sie haben das Wesen dieses Mannes erkannt, besonders im Hinblick auf Bier und Frühstücksspeck. Es dürfte nicht leicht sein, das noch besser zu benennen.«
    »Sprechen Sie einfach aus, was Sie im Herzen tragen, Buck«, sagte Dr. Kind.
    Ich erwog, seinen Ratschlag zu befolgen, doch unter den gegebenen Umständen erschien mir das nicht gerade angezeigt.
    »Jim brachte ein langes Leben hinter sich und starb als alter Mann, und ich denke, das allein spricht schon für sich«, sagte ich. Ich merkte, dass ich immer noch meine Zigarette in der Hand hielt.
    »Ähm, Doktor Kind sagte mir, dass in der Kirche nicht geraucht werden darf, worauf ich geantwortet habe, er möge Leine ziehen.«
    Kind musste lachen, konnte damit aber sein Unbehagen nicht verhehlen. Ich wollte vor dem Dutzend Menschen, die um Jim trauerten, keine allzu große Show abziehen, aber es machte mir doch Spaß, den Priester ein wenig ins Schwitzen gebracht zu haben.
    »Ich rauche immer bei Beerdigungen, weil ich denke, wenn der Tag kommt, an dem ich da in der Kiste liege, möchte ich mir

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