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Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman

Titel: Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ziegler noch am Leben ist, würden Sie ihn jagen bis vor die Tore zur Hölle.«
    Jim Wallace hatte keinen besonderen Grund gehabt, mich so einzuschätzen, aber die Menschen schienen mich zu mögen, obwohl ich mir alle Mühe gab, sie abzuschrecken und von mir fernzuhalten. Es musste etwas mit meinem markanten Aussehen zu tun haben oder mit meinem sprühenden Charme. Aber nachdem ich gerade erst bei der Polizei die totale Pleite erlebt hatte, hielt ich mich überschwänglicher Wertschätzung nicht für würdig.
    »Jim war zum Schluss verwirrt. Und ich nehme an, Ihnen ist aufgefallen, dass ich bereits recht alt bin. Ich glaube nicht, dass ich noch derselbe Mann bin, an den er sich erinnerte, als er dassagte. Tatsächlich dürfte ich nicht einmal hier im Regen stehen und mich mit Ihnen unterhalten. Verstehen Sie? Ein Schnupfen kann mich direkt ins Grab befördern. Was erwarten Sie von mir?«
    »Ich erwarte, dass Sie tun, was Jim von Ihnen wollte. Was er von uns beiden wollte.«
    »Wüsste nicht, dass ich Jim etwas schulde.« Ich hatte wegen Wallace bereits eine Vielzahl interessanter Nachrichten, Analysen und entsprechende Kommentare verpasst und war gekränkt, dass Norris mein Opfer nicht würdigte.
    »Ich jedenfalls stehe in seiner Schuld«, sagte Norris. »Ich habe schon als Kind meinen Vater verloren, und Jim hat eine nicht unerhebliche Rolle in meinem Leben gespielt, seit Emily und ich zusammengekommen sind. Ich habe das Gefühl, das hier ist, ich weiß nicht, ist sein Vermächtnis. Und ich habe das Gefühl, Sie wollen mich bewusst übergehen. Sie und dieser windige kleine Prediger.«
    Ich sagte: »Ich habe Doktor Kind erst heute kennengelernt, und so besonders mag ich ihn nicht.«
    Norris ballte seine behaarten Wurstfinger zu feisten kleinen Fäusten. »Belügen Sie mich nicht.« Seine Stimme klang hoch und grell wie eine Fiedel, deren Saiten überspannt sind. »Aber angefreundet haben Sie sich ja schnell. Meine Frau war so großzügig, Sie nach Hause zu fahren, obwohl ihr Vater gerade erst eine Stunde vorher gestorben war, und Sie haben es ihr kaum gedankt. Wir haben Sie zum Abendessen eingeladen, und Sie haben abgelehnt. Aber kaum fünf Minuten nachdem Sie sich kennengelernt haben, drückt der aalglatte Reverend Larry Sie schon an seine Brust. Ich bin sicher, er hat meinen Teil des Geldes bereits verplant, und Sie sind anscheinend gewillt, ihn damit durchkommen zu lassen.«
    »Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass Kind von dem Schatz wissen könnte?«
    »Kurz bevor Jim starb, kam Kind ins Krankenhaus, und die beiden unterhielten sich. Allein. Ich bin ziemlich sicher, dassJim ihm die Geschichte erzählt hat, und solche Sachen findet der Reverend garantiert interessant. Für Besuche bei Todkranken findet Kind trotz seines vollen Terminplans immer die Zeit, und er versteht sich blendend darauf, deren Erbe zu schröpfen.«
    Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, Interesse zu heucheln. Kirchenpolitische Fragen kümmerten mich einen feuchten Kehricht. »Sollte Kind tatsächlich nach dem Schatz fahnden, tut er das ohne mein Wissen. Ich habe keine Ahnung, ob das Gold existiert oder wie man es finden könnte, wenn es denn existiert.«
    »Soll ich etwa glauben, dass der große Detective die Schatzsuche an sich vorbeigehen lässt?«
    »Norris, ich war bei der Mordkommission und habe mich vor fünfunddreißig Jahren zur Ruhe gesetzt. Ich war ein mittelmäßiger Detective und eher damit beschäftigt, mit Feuerwehrschläuchen Farbige nass zu spritzen, als damit, Mordfälle aufzuklären. Detective im Morddezernat zu sein ist kein besonders harter Job, wenn man sich nicht besonders darum schert, ob man gut darin ist oder nicht. Wenn ich ein totes Mädchen fand, lochte ich ihren Freund ein. Wenn ein Fall komplizierter war als das, kam es meistens zu keiner Verhaftung. Ich hab keinen Schimmer, wie man jemanden aufspüren soll, von dem man nicht mehr weiß, als dass irgendjemand ihn vor sechzig Jahren auf der gegenüberliegenden Seite der Erdkugel gesehen hat.«
    Feely erwiderte nichts, aber es war ihm doch endlich gelungen, eine Miene aufzusetzen, die mich glauben machte, dass er wahrhaftig traurig war. Vielleicht waren es aber auch nur Blähungen. Schwer zu sagen.
    »Hören Sie, Norris, Jim hat uns nicht gerade eine Schatzkarte hinterlassen. Die Spur ist kalt. Vielleicht gibt es auch gar keine Spur.«
    Er stöhnte leise. »Was mich betrifft, geht es nicht nur um dasGeld«, sagte er. »Mir hat er sehr viel bedeutet, der alte

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