Der amerikanische Patient
Die USA bleiben als weltweit größter Ölkonsument in diesem Teufelskreis gefangen, solange es ihnen nicht gelingt, ihr Wirtschaften auf eine so genannte low carbon economy , also auf den möglichst geringen Verbrauch fossiler Brennstoffe, umzusteuern.
Damit könnte man auch Umweltbelastungen, deren soziale Kosten und – wieder einmal – Sicherheitsrisiken eindämmen. Der gegenwärtige Ölverbrauch verursacht etwa 40 Prozent des heutigen energiebezogenen Kohlendioxidausstoßes, der wiederum Klimaveränderungen, Luftbelastungen in Großstädten und Gesundheitsschäden zur Folge hat. In den USA ist im vergangenen Jahrzehnt allgemein die Überzeugung gereift, dass Umweltthemen mehr politische Aufmerksamkeit verdienen. Seit Längerem warnen neben internationalen Umwelt- und Gesundheitsorganisationen auch renommierte US-Sicherheitsexperten öffentlichkeitswirksam vor sicherheitspolitischen Risiken durch Umweltbelastungen und -katastrophen. So wies im April 2007 die viel beachtete Studie einer Expertengruppe ehemaliger US-Militärs auf die »gravierenden Auswirkungen« des Klimawandels für die »nationale Sicherheit« der USA hin. 3 Staaten, die ohnehin vom Zerfall bedroht sind, werden nach Einschätzung der Sicherheitsexperten des Pentagon durch die Folgen des Klimawandels zusätzlich destabilisiert. Der globale Klimawandel verursache internationale Spannungen durch Wasser-und Lebensmittelknappheit, was zu Migrationen führe und damit zu zusätzlichen Belastungen fragiler Staaten. Er beeinflusse damit auch amerikanische Militäroperationen und könnte sich zum Nachteil amerikanischer Bürger auswirken. 4
Die umfassende Analyse der Sicherheits-, Wirtschafts- und Umweltaspekte der gegenwärtigen Energie-Außenpolitik lege im »nationalen Interesse« der USA nahe, deren Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Mittlerweile sehen Experten zahlreicher Think Tanks und Politiker beider Parteien in der Entwicklung erneuerbarer Energien einen für die USA gangbaren Weg, sich aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus problematischen Weltregionen zu befreien. Angesichts der Verwundbarkeit der amerikanischen Wirtschaft und des Transportsektors sei es dringend erforderlich, Biokraftstoffe und andere Alternativen zu entwickeln für die auf fossile Brennstoffe angewiesenen Wirtschaftszweige. Doch in der politischen Auseinandersetzung geben oftmals Partikularinteressen
den Ausschlag, bestimmen nicht nationale Ziele, sondern lokale, regionale, institutionelle und persönliche Ambitionen den Kurs. Solche Partikularinteressen und Pfadabhängigkeiten haben bislang eine Kurskorrektur verhindert.
Blockademöglichkeiten
Es bedarf konsequenter politischer Führung, wenn sich in der amerikanischen Energiepolitik etwas ändern soll. Von der Bush-Administration, in der viele Regierungsmitglieder enge Verbindungen zur Ölindustrie unterhielten, war ein Wandel nicht zu erwarten. Bush hat als Präsident nicht selten seine Vetomacht sogar genutzt, um grundlegende Änderungen zu verhindern. Doch auch Obama – sowie viele Senatoren und Kongressabgeordnete – sind bisher vor der Tatsache zurückgeschreckt, dass das Einpreisen so genannter externer Effekte, sprich Umweltbelastungen, (politische) Kosten für die Konsumenten und Steuerzahler nach sich zieht.
Darüber hinaus blockieren die etablierten und gut repräsentierten Interessen der Ölindustrie noch immer jede grundlegende Reform der amerikanischen Energiepolitik. Cheneys Energy Task Force ist nur ein – wenig transparentes – Beispiel für diese Interessenvertretung. Da die Verhandlungen der Ölmanager mit der Bush-Administration hinter verschlossenen Türen stattfanden, vermuten Kritiker, dass die Energie-Industrie dort in unzulässiger Weise Einfluss nahm. Der Kongress versuchte zwar seiner Aufsichtspflicht gegenüber der Exekutive nachzukommen, und beauftragte das Government Accountability Office (GAO), die mit Untersuchungen befasste Behörde des Kongresses, die Akten der Arbeitsgruppe zu veröffentlichen. Aber die juristische Auseinandersetzung des GAO mit der Administration schleppte sich dahin, und so sahen die federführenden Abgeordneten schließlich von dem Vorhaben ab, die Protokolle der Task Force ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.
Man kann davon ausgehen, dass die etablierten Energie- und
Automobilindustrien jede ihnen gebotene Möglichkeit, ihre Interessen zu wahren, auch nutzen. Eine solche Möglichkeit sind Wahlkampfspenden, mit
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