Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
nachdrücklich vermittelt wird, dass die bedrohte Person einen begründeten Anlass hat, nachhaltig um ihre Sicherheit und die Sicherheit ihrer unmittelbaren Familie zu fürchten …‹ Und so weiter.«
»Sie haben ein gutes Gedächtnis«, sagte Glitsky.
Jenkins zuckte die Schultern. »Gehört zum Job. Wenn man kein gutes Gedächtnis hat, sollte man gar nicht erst Jura studieren. Ich denke jedenfalls, dass wir uns an 422 halten sollten.«
»Was ist mit Wes?«
»Wes hat gesagt, dass er den Haftbefehl sofort unterschreibt, wenn wir etwas Konkretes in der Hand haben. Und genau das hat uns der Bursche nun geliefert. Ich kann als Zeuge aussagen, dass Sie gerade in einem Zustand nachhaltiger Furcht um Ihre Sicherheit und die Sicherheit Ihrer Familie waren.«
»Was absolut zutrifft.«
»Genau. Wie aus dem Lehrbuch. Und es ist eine schwere Straftat. Mehr als genug, um ihn wieder wegzusperren.«
Glitsky rutschte von der Schreibtischkante. »Warum sitze ich dann noch dumm hier herum?«
»Sie sitzen hier, weil Sie darauf warten, dass ich das mit Wes kläre. Er wird den Haftbefehl ausstellen, aber er wird darauf bestehen, dass nicht Sie die Verhaftung durchführen, sondern einer Ihrer Kollegen. Er wird die Meinung vertreten, dass Sie zu nahe dran sind. Matt wäre Feuer und Flamme, wenn er sich mit ein paar Kumpels der Sache annehmen dürfte. Und jetzt müssen Sie fragen, wer Matt ist.«
Glitsky stand schon an der Tür. »Ich glaube mich dunkel zu erinnern. Aber das ist nun mal eindeutig Aufgabe der Polizei, Amanda. Wir haben es mit einem gefährlichen Mann zu tun, der meine Familie bedroht hat. Er wird eingesackt, so schnell es mir möglich ist.«
Glitsky waren allerdings die Hände gebunden, solange er nicht wusste, wo sich Ro überhaupt aufhielt. Möglicherweise schlich er ja noch immer um ihr Haus herum, auch wenn Treya sich sicher war, dass er ihr Grundstück verlassen hatte. Was aber nicht ausschloss, dass er sich noch immer in der Gegend aufhielt, um Glitsky aufzulauern und aus dem Hinterhalt auf ihn zu schießen.
Glitsky rief beim Einsatzdienst an und orderte ein Team, das umgehend zu seinem Haus fahren solle, um dort auf ihn zu warten. Auf dem Weg solle die Streife die Augen nach einem violetten BMW Z4 aufhalten und, sollten sie ihn in der Nachbarschaft sehen, Glitsky umgehend informieren.
In Glitskys Auftrag rief eine Polizistin bei den Curtlees an und gab sich als Gerichtsangestellte aus, die eine Formalität zu der gestellten Kaution klären müsse. Sie betonte, dass sie nur mit Ro persönlich über seinen Kautionsstatus sprechen könne. Als der schließlich mit einem »Was soll dieser Scheiß denn schon wieder« ans Telefon kam, erklärte sie ihm, dass sie nur seine momentane Anschrift überprüfen müsse, und legte dann wieder auf. Zumindest war jetzt klar, dass Ro sich wieder zu Hause aufhielt.
Kaum hatte er diese Information erhalten, machte sich Glitsky auf den Weg. Innerlich kochte es in ihm noch immer. Auf dem Flur begann er zu rennen.
Es gibt drei Wege, die ein Polizist in Kalifornien bei einer Verhaftung einschlagen kann – und Glitsky hatte reiche Erfahrung mit allen dreien.
Im ersten Fall stimmt die Grand Jury einer Anklage zu. Das Gericht erlässt darauf einen Haftbefehl, und einige Streifenbeamte machen sich auf den Weg, um den Verdächtigen festzunehmen und in Polizeigewahrsam zu bringen. Im zweiten Fall kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass sie genug Material haben, um die Hürde der »hinreichenden Beweise« zu nehmen, und legen ihre Unterlagen dem Amtsrichter vor (die Richter des Oberlandesgerichts wechseln sich in dieser Funktion im Rotationsprinzip ab). Der Amtsrichter unterschreibt dann den Haftbefehl – und wieder setzen sich die Polizeibeamten in Bewegung, um den Verdächtigen zu verhaften. Der dritte Weg, die Verhaftung ohne Haftbefehl, ist der gängigste, allerdings auch juristisch prekärste, weil hier unweigerlich subjektive Faktoren eine Rolle spielen: Einer oder mehrere Polizisten treffen die eigenmächtige Entscheidung, dass der Verdächtige umgehend in Verwahrung genommen werden muss. Die Gründe dafür können vielfältig sein: weil ein Täter auf frischer Tat ertappt wurde; weil die Polizei die Wiederholung einer Tat verhindern will – oder weil die Gefahr besteht, dass sich der Täter der Gerichtsbarkeit durch Flucht entziehen will.
Glitsky wusste nicht auswendig, welcher Richter an diesem Samstag dem Amtsgericht vorsitzen würde, aber die Gefahr bestand, dass es
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