Der Angeklagte: Thriller (German Edition)
Sandoval getragen. Es war eine wirksame, wenn auch – wie das Gericht urteilte – unzulässige Beeinflussung der Jury, um Sympathien für das Opfer zu wecken und gleichzeitig Mr. Curtlees Verteidigung zu unterminieren.
Während des Prozesses hatte Mr. Curtlee nie abgestritten, eine Beziehung zu Miss Sandoval gepflegt zu haben; DNA -Proben, die Miss Sandoval nach ihrem Tod entnommen wurden, bestätigten diese Aussage. Hinweisen, dass Miss Sandoval eine »ganze Palette« von Verehrern gehabt habe, ging die Polizei hingegen nie nach.
Obwohl ihm nach der Urteilsverkündung vor neun Jahren die Prüfung einer Freilassung auf Kaution juristisch zugestanden hätte, wurde Mr. Curtlee dieses Recht von Richter Oscar Thomasino abgesprochen. Die Vorgehensweise des stramm konservativen Richters wurde daraufhin in juristischen Kreisen heftig kritisiert. »Mr. Curtlee«, so ein Rechtswissenschaftler der Universität Stanford, »wurde ein ordentliches Kautionsverfahren verweigert. Er wurde das Opfer der Vorverurteilung durch Richter Thomasino, der Mr. Curtlee für schuldig befunden und ihm so seine verfassungsmäßigen Rechtsansprüche entzogen hat.«
Bei der heutigen Anhörung im Kammergericht setzte Richter Sam Baretto die Kaution auf zehn Millionen Dollar fest. Obwohl es sich dabei um eine ungewöhnlich hohe Summe handelt, gab es von Seiten der Curtlee-Familie keine Einwände: »Um unserem unschuldigen Sohn die Rückkehr in ein normales Leben zu ermöglichen, ist uns kein Preis zu hoch«, so Theresa, Mr. Curtlees Mutter, nach der Urteilsverkündigung. »Wir sehen einem zweiten Prozess mit Zuversicht entgegen und glauben, dass diesmal die Gerechtigkeit siegen und Ro als freier Mann das Gericht verlassen wird.«
Amanda Jenkins saß mit ihrem Freund Matt Lewis, einem Ermittler im Team des Staatsanwalts, beim Lunch. »Farrell spielt nur zu gern dieses ›Ach, ich bin doch eigentlich gar kein Politiker‹-Spiel, dabei wusste er ganz genau, dass die Kaution unvermeidlich war, solange er Baretto nicht einen Wink mit dem Zaunpfahl geben würde. Ich sage ja nicht, dass er Baretto als Marionette hätte missbrauchen sollen – auch wenn wir nur zu gut wissen, dass die gewählten Volksvertreter in dieser Stadt genau das tun. Aber zumindest hätte Farrell im Gericht aufkreuzen können, hätte sich an den Tisch des Staatsanwalts stellen und notfalls auch lautstark rumpoltern können, um Baretto einen eindeutigen Fingerzeig zu geben. Stattdessen hatten die Curtlees mit all ihrer Macht freie Fahrt und nur eine mickrige stellvertretende Staat sanwältin gegen sich, nämlich mich. Was glaubte Farrell wohl, wer diesen Kampf gewinnen würde?«
»Immerhin«, meinte Lewis, »zehn Millionen!«
»Zehn Millionen sind es nur, wenn Ro sich aus dem Staub macht, und das wird nie passieren. Sie haben gleich an Ort und Stelle ihr Haus als Sicherheit für die Kaution hinterlegt.«
»Du glaubst also, dass Farrell dich angelogen hat?«
»Zumindest hat er mich auf den Holzweg geführt. Und obendrein«, fuhr Jenkins fort, »unterschlägt Farrell die Tatsache, dass ein paar Jahre ins Land ziehen werden, bis Ro seinen neuen Prozess bekommt. Falls überhaupt.«
»Ein paar Jahre ?«
»Wer sollte den Prozess schon forcieren wollen?«, fragte sie. »Ros Anwälte sicher nicht, aus nahe liegenden Gründen. Farrell wird es nicht tun, weil sich die Angehörigen des Opfers nicht mehr hier aufhalten. Und auf diese Weise kann er die Curtlees bei Laune halten, damit sie nette Artikel über ihn schreiben. Diese verdammte Sheila Marrenas! Jedenfalls kannst du jetzt dreimal raten, wer der einzig verbleibende Kandidat ist, der noch ein Interesse hat, diesen Drecksack innerhalb der nächsten zehn Jahre vor Gericht zu zerren. Okay, vielleicht sind wir ja zwei.«
»Wer ist der andere?«
»Glitsky. Vielleicht.«
»Nun, wenn du einen Verbündeten brauchst, ist er ja nicht die schlechteste Wahl. Zumal seine Frau direkt vor Farrells Büro sitzt.«
»Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht. Vielleicht .«
Lewis schob seine Hand über das weiße Tischtuch. Nach einem Moment des Schweigens legte Jenkins ihre Hand darauf. »Farrell hat ja nicht die leiseste Ahnung«, sagte sie, »wie übel sie sein können – und zwar die ganze Bagage, die Curtlees, und nicht nur Ro, obwohl der noch mal schlimmer ist als alle anderen. Sie sind wirklich Abschaum. Bei dem Gedanken, dass ich mich allein mit ihnen anlegen muss, wird mir ganz anders. Und Glitsky vermutlich auch.«
»Immerhin habt ihr
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