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Der Atem der Welt

Der Atem der Welt

Titel: Der Atem der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Birch
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Tasmanien, wo immer das lag. Ich stellte mir einen dünnen, roten Dämon vor, mit Hörnern und einem Schwanz, und davon eine ganze Wagenladung, alle auf zwei Beinen mit großen Schnauzen und einem elenden Temperament.
    »Und was fressen die?«, fragte ich.
    »Finger«, kam es blitzschnell von ihm. »Sonst nichts.«
    »Ha ha«, erwiderte ich und blies mir auf meine eigenen.
    »Kalt?«, meinte Tim. »Du musst zäh sein bei dieser Arbeit.«
    Ich lachte. Ich war zäh. Zäher als er wahrscheinlich. Würde ihn dabei erwischen, wie er sich seine goldenen Locken mit Scheiße versaute. Er grinste. Mir klapperten die Zähne. Seine waren stumm. Er bibberte leicht vor lauter Anstrengung, nicht zu frieren. Unser Atem bildete Wolken.
    »Du schaust mir einfach zu«, sagte er. »Dann kannst du nicht viel falsch machen.«
    Das Tor ging quietschend auf, und da war Jamrach mit dem Wagen vom Dock und den Teufeln in einer Lattenkiste hinten auf der Ladefläche. Der Wagen fuhr so weit vor, dass Bulter und Cobbe ihn direkt im Hof entladen konnten. Ich hörte die Teufel, bevor ich sie sah. Sobald diese Viecher merkten, dass die Kiste sich bewegte, brachen sie, wie das Heer der Verdammten, in ein entsetzliches Kreischen und Klagen aus. Oben auf dem Dachboden heulten die Affen aus Sympathie gleich mit. Doch als ich die Teufel dann sah, waren es nur kleine Hunde. Arme, hässliche, kleine schwarze Hunde mit kreischenden Schnauzen und rotem Zahnfleisch. Sie stanken erbärmlich.
    Für mich gab es nicht viel zu tun. Ich sah eine Weile zu, während Tim mit Bulter und Cobbe in das Gehege ging. Cobbe öffnete die Kiste. Mit einer gewissen anmutigen Verachtung schubste Bulter die armen Dinger hinaus. Es waren sechs Stück im Ganzen, und alle fingen sie an zu niesen, als wären sie in einem riesigen Pfeffertopf gelandet. Tim scheuchte sie ans andere Ende, wo sie sich umdrehten und ihre Schnauzen so weit aufrissen, als wollten sie sie aus ihren Scharnieren heben. Ihre Augen waren winzig, schweinchenhaft und verängstigt. All die großen Katzen und Hunde brüllten und heulten mittlerweile.
    »Jaffy«, sagte Mr Jamrach, »nimm das Windlicht und bring die Seidenaffen auf den Dachboden und warte auf Tim. Rühr
nichts an, bevor er kommt.« Und er zeigte mir zwei winzige Äffchen mit weißen Puschelohren und großen, runden Augen, die mich durch ein Gitter anstarrten.
    »Hallo«, sagte ich und hockte mich hin, um sie anzuschauen, wie sie da, ineinander verschlungen, in der Ecke der Kiste kauerten.
    Tim kicherte und blickte durch den Maschendraht des Teufelsgeheges in meine Richtung. »Das sind doch keine Babys«, sagte er.
    »Ich weiß.«
    »Und vergiss nicht.« Er hob einen Eimer hoch. »Rühr nichts an, bevor ich komme.«
    Ich trug die Kiste die Rampe hinauf und roch den fleischigen Atem des Löwen zu meiner Rechten. Es war zu dunkel, um ihn zu sehen, und noch dunkler auf dem Dachboden. Das Windlicht schaukelte, und sein Schein traf hier und da ein glänzendes Auge. Überall auf dem Boden waren Schildkröten, ich musste ganz vorsichtig gehen. Die Affen murrten. Ich wartete vor dem Seidenäffchenkäfig und setzte die Kiste ab. Sie machten sich noch kleiner. Bald schon erschien Tim vergnügt pfeifend auf der Leiter und hievte sich mit holpriger Anmut nach oben.
    »Jamrach sagt, du kannst sie zu den anderen tun«, erklärte er und kam lässig mit einem dicken Schlüsselbund zu mir geschlendert. »Ich soll dir zusehen und aufpassen, dass du keinen Mist machst.«
    Was er auch tat, wie ein Luchs, in der Hoffnung, ich könnte jeden Moment etwas falsch machen. Aber diese Affen waren auf meiner Seite und behandelten mich, als wäre ich ihr Papa, klammerten sich mit ihren kratzigen kleinen Händen und Füßen an mich und machten leise, traurige Geräusche mit ihren Kehlen. Absolut nichts Kämpferisches an ihnen. »Rein mit euch«, sagte ich und löste ihre Finger, und schon waren sie drinnen. Es
gab ein Gejage von Schatten im Käfig, als ich den Riegel vorschob. Und ich wäre gern noch geblieben, um zu sehen, wie sie zurechtkamen, aber Tim griff sich das Windlicht und scheuchte mich nach hinten zu dem Käfig mit dem großen Affen, der mich so angeschaut hatte.
    »Old Smokey«, sagte er.
    Old Smokey schaute mich wieder genauso an, nur mich, sehr ruhig. Seine Augen, flache Taler in seinem Gesicht, waren sehr schwarz, mit zwei hellen Punkten vom Windlicht. Irgendetwas zwischen Gleichmut und Wachsamkeit lag in ihnen. Sein Mund war eine nachdenkliche, krumme Linie.
    Oh,

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