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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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sich auf sein Tischset, hatte Schwierigkeiten, sie anzuschauen.
    Alles lief ab, als hätte sie nichts damit zu tun, als passierte es irgend jemand anders, irgendwo anders. Er grinste blöd,
     murmelte etwas.
    Er senkte seinen Kopf langsam auf die Tischplatte, legte die Handflächen flach auf die Oberfläche, gab ein letztes, unverständliches
     Wort von sich, dann wurde sein Atem schwer und ruhig. Sie wußte, so konnte sie ihn nicht sitzen lassen; wenn sein Körper sich
     entspannte, würde er stürzen.
    Sie erhob sich und trat hinter ihn, schob ihre Hände unter seine Arme, verschränkte ihre Finger mit seinen und hob ihn hoch.
     Er war schwer wie Blei. Er gab ein Geräusch von sich und erschreckte sie, sie wußte nicht, ob er schon tief genug |392| schlief. Sie erstarrte, sie fürchtete, ihn nicht halten zu können. Dann zerrte sie ihn, Schritt für Schritt, hinüber zu dem
     großen Sofa. Sie ließ sich darauf fallen, Carlos auf sich.
    Er sagte etwas, deutlich verständlich. Sein Körper zuckte. Sie saß einen Augenblick still, dann wurde ihr klar, daß er nicht
     bei Bewußtsein war. Sie rollte ihn mühsam von sich herunter, so daß er seitlich auf der Couch lag. Sie quetschte sich unter
     ihm heraus und blieb neben der Couch stehen. Ihr Atem ging schnell, Schweiß trat auf ihre Haut, sie mußte sich unbedingt setzen,
     damit ihre Beine aufhörten zu zittern.
    Sie zwang sich weiterzumachen. Zuerst rief sie ein Taxi, damit sie schneller hier waren, sie wußte nicht, wieviel Zeit ihr
     blieb.
    Sie sah nach, ob der Plastikbehälter mit den Pillen in ihrer Handtasche steckte. Sie holte das Hündchen und die Spritze und
     ging die Treppe hinunter zur Garage.
    Der BMW war abgeschlossen. Sie fluchte. Ging wieder hoch. Sie konnte die Schlüssel nicht finden. Sie bekam Panik und bemerkte,
     wie ihre Hände zitterten, während sie suchte. Bis sie darauf kam, in Carlos’ Hosentasche zu schauen, und da waren sie.
    Zurück in die Garage. Sie drückte den Knopf am Schlüssel, und das elektronische Piepsen hallte plötzlich und schrill von den
     nackten Wänden wider. Sie öffnete die Tür. Sie stopfte den Kuschelhund unter den Beifahrersitz. Nahm die Spritze, legte ihren
     Daumen auf den Kolben und zielte auf die Rückenlehne des Rücksitzes. Ihre Hand zitterte stark. Sie gab ein frustriertes Geräusch
     von sich und packte ihr rechtes Handgelenk mit der linken Hand, um es zu stabilisieren. Das durfte jetzt nicht schiefgehen.
     Sie drückte schnell auf die Spritze und zog sie von rechts nach links. Ein dunkelroter Strahl traf auf das Material. Kleine
     Tröpfchen spritzten auf ihre Arme und ihr Gesicht.
    Sie betrachtete ihr Werk. Es sah nicht richtig aus. Es sah nicht echt aus.
    Ihr Herz klopfte. Sie konnte jetzt nichts mehr daran ändern. |393| Sie schaute sich noch einmal um. Sie hatte nichts vergessen. Sie schloß die Tür.
    Ein paar Tröpfchen waren noch in der Spritze. Sie mußte sie auf das Kleid tropfen. Und es irgendwo in seinem Schrank verstecken.
     
    Thobela dachte über die Worte des Polizisten nach. Er vermutete, der Mann versuchte zu erklären, warum er für die Gegenseite
     arbeitete. Warum er jetzt tat, was er tat.
    »Wie haben die Sie gefunden?« fragte er später, hinter der Abzweigung nach Humansdorp.
    »Wer?«
    »Sangrenegra. Seit wann arbeiten Sie für ihn?«
    »Ich arbeite nicht für Sangrenegra.«
    »Für wen arbeiten Sie dann?«
    »Ich arbeite für die SAPS.«
    »Im Augenblick nicht.«
    Griessel brauchte eine Weile, um das zu verstehen. Er stieß wieder das ironische Lachen aus. »Sie glauben, ich wäre korrupt.
     Sie denken, das hätte ich gemeint, als ich sagte …«
    »Was sonst?«
    »Ich saufe, das habe ich gemeint. Ich habe mein gottverdammtes Leben versoffen. Meine Frau und meine Kinder, meinen Job und
     mich selbst. Ich habe nie einen Cent von irgend jemand genommen. Das hatte ich nie nötig. Der Alkohol reicht völlig, wenn
     man sich in die Scheiße reiten will.«
    »Warum fahren wir dann hier lang? Warum sitze ich nicht in einer Zelle in Port Elizabeth?«
    Die Antwort kam schnell, und er hörte Wut und Angst in der Stimme des Mannes: »Weil sie meine Tochter haben. Der Bruder von
     Carlos Sangrenegra hat meine Tochter entführt. Und wenn ich Sie ihm nicht übergebe, werden sie …«
    Griessel sagte nichts mehr.
    Thobela hatte nun alle Puzzlestücke, und das Bild, das sie formten, gefiel ihm gar nicht.
    »Wie heißt sie?«
    |394| »Carla.«
    »Wie alt ist sie?«
    Griessel brauchte lange, um zu

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