Der Atem Manitous
seine Kehle und hinab in sein Gedärm. Wo es gräßlich wütete, ihn geißelte und ... sein Leben beendete.
*
»Arapaho ana obahema haa ipai degi o ba ika .«
(»O Sonne, du bist ewig, aber wir Arapaho müssen sterben ...«)
Als er zu sich kam, war es heller Tag. Die kupferfarbene Sonnenscheibe stand einen Handbreit über dem fernen Horizont und wärmte das Land.
Wärmte Makootemane, der sich so gerädert fühlte, als hätten ihn die Mandan erwischt und ihrem o-kee-pa-Folterritual unterzogen.
»Invnaina«, murmelte er, weil er sich in seines Vaters Nähe wünschte, bevor er gänzlich erwachte.
Er erschrak. Gedanken huschten wie böse Geister durch seinen Schädel.
Vor ihm lag die zerbrochene Lanze, und etwas weiter weg das kunstvoll verzierte Nabelschnurfutteral, das seine Mutter ihm geschenkt hatte. Neben farbigen Schnüren hingen auch Metallstücke daran, die in der Sonne glitzerten.
Makootemane widerstand dem ersten Impuls, es aufzuheben. Er kam auf die Beine und wunderte sich über die Sicherheit, mit der er seine Bewegungen ausführte. Von Schwäche keine Spur.
Und auch keine Spur von dem, was ihn in der Nacht heimgesucht hatte, so daß der Arapaho immer überzeugter wurde, es mit einer mächtigen Vision zu tun gehabt zu haben und nicht mit Dingen, die man mit seinen Händen greifen konnte.
Den Hirschlederbeutel hatte er sich wohl im Rausch selbst von der Brust gerissen, die Lanze im Delirium selbst zerbrochen, und es war keine Frage, daß er die Gnade der Weihe empfangen hatte. Er fühlte sich stark und unbezwingbar, durchströmt von einer dunklen Kraft, die ihn drängte, den Heiligen Berg so schnell wie möglich zu verlassen und in sein Dorf zurückzukehren.
Sein Traum vom Tod war der Höhepunkt einer Prüfung gewesen, die zu durchschauen sein Geist zu klein war, die er aber ganz offenbar bestanden hatte.
Makootemane verließ den Berg. Gegen Mittag erreichte er den Hain, in dem sein Stamm die Zelte aufgeschlagen hatte.
Und forderte Invnaina zum Zweikampf.
*
»Die Einsamkeit und die Prüfungen des Großen Geistes haben ihn um den Verstand gebracht«, sagte Invnaina mit tieftrauriger Stimme. »Ruft den Medizinmann. Er möge sich um meinen Sohn kümmern!«
Makootemane sah seine Mutter hinter dem Häuptling im Eingang des Zeltes stehen. Ihr Mund war geschlossen und zuckte. Sie sprach kein Wort. Nach einer Weile richtete sie die Augen zu Boden, als könnte sie Makootemanes Anblick nicht länger ertragen.
Er war überrascht, wie wenig es ihn schmerzte. Was wirklich wehtat, war in ihm. Überall. Er hatte das Gefühl, bei lebendigem Leib zerrissen zu werden - und doch kam kein Klagelaut über seine Lippen.
Er war umringt von Stammesangehörigen. Jung und alt, Männer und Frauen begafften den Heimkehrer. Auch Sakanatate, der ihn den Berg hinauf begleitet und verspottet hatte, war darunter. Ma-kootemane begegnete den Augen des Kriegers mit einer Unerschütterlichkeit, daß es den Älteren in Staunen versetzte. Vielleicht begriff Sakanatate als erster, daß Makootemanes Geist nicht zerrüttet war, sondern klar wie nie.
Schweigend sah der Junge zu, wie sich der Schamane näherte. Die Angst stand in Quanaks Gesicht geschrieben. Wohl nicht zu Unrecht fürchtete er, für Makootemanes Zustand zur Verantwortung gezogen zu werden - falls es ihm nicht gelang, den angegriffenen Verstand des Jungen wieder zu heilen.
»Folge mir in mein Zelt«, sagte der Medizinmann, der auch Zeremonienpriester und Wahrsager des Stammes war, mit rauchiger Stimme. »Ich werde dir die Besessenheit austreiben und deine Spiritualität erneuern. Komm.«
Makootemane wartete, bis Quanak genau vor ihm stand. Der Mann, der den Umgang mit den Geistern der Natur pflegte, war nur einen Kopf größer als der Heimkehrer und verfügte selbst über keinerlei übernatürliche Kräfte. Er vermochte die anderen Arapaho jedoch während der Stammesriten zu führen und verstand sich überdies in der Deutung von Omen, so daß er Wetter vorhersagen und verirrte Tiere aufspüren konnte. Außerdem war er ein Heilkundiger mit einem gewaltigen überlieferten Schatz an Erfahrungen. Er wußte mit getrockneten Fingern, Hirschwedeln, Kräutern, Wurzelpul-vern, Trommeln und Rasseln umzugehen.
Als Quanak die Hand nach ihm ausstreckte, grinste Makootemane ihn stumm an.
In derselben Sekunde riß der Medizinmann seinen Dolch aus dem Gürtel und rammte ihn sich durch die Kehle - so tief, daß er auf der anderen Seite wieder heraustrat.
Während die Umstehenden
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