Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
vielleicht ganz schön ausgefuchst, aber Artemis ist noch ausgefuchster.
    »Ich erinnere mich an diese Brille. Wieso hast du sie überhaupt dabei?«
    »Pfadfinderregel Nr. 1: Sei allzeit bereit. Wir haben ständig irgendwelche Unterirdischen um uns herum, und ich will nicht aus Versehen einen davon erschießen − oder danebentreffen, je nachdem.«
    Juliet hoffte, dass ihr Bruder scherzte. »Du würdest doch wohl keinen Unterirdischen erschießen«, sagte sie und setzte die Brille auf.
    Prompt erschien in ihrem Sichtfeld etwas, als wäre es aus einem Toaster gesprungen. Und dieses Etwas war eindeutig kein Mensch. Es hing an einer Art Gurt in der Luft und zielte mit einer dickläufigen Waffe auf ihren Kopf. Das Wesen trug einen Overall, der aus einem teerähnlichen Material zu bestehen schien und seinen wabbeligen Körper von Kopf bis Fuß umschloss, mit Ausnahme des zotteligen Barts.
    »Erschieß den Unterirdischen!«, kreischte sie. »Erschieß ihn.«
    Die meisten Leute hätten angenommen, dass Juliet sich einen Scherz erlaubte, denn wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass sofort in dem Moment, wo sie die Spezialbrille aufsetzte, ein Unterirdischer auftauchte? Ganz abgesehen davon, dass Juliet für ihren schrägen Humor bekannt war, den sie mit Vorliebe in Situationen tödlicher Gefahr zum Einsatz brachte.
    Als beispielsweise Christian Varley Penrose, ihr Meister an Madame Kos Leibwächterakademie, an der Nordwand des Mount Everest den Halt verlor und in die Tiefe stürzte, mit nichts als einem mageren Mädchen zwischen sich und dem sicheren Tod, rief Juliet ihrem vorbeitrudelnden Sensei zu: »He, Penrose. Wenn ich Sie rette, gibt’s dann Extrapunkte?«
    Es wäre also naheliegend gewesen anzunehmen, dass Juliet mit ihrem Schrei Erschieß den Unterirdischen nur ihren großen Bruder hochnehmen wollte. Doch Butler glaubte das keine Sekunde. Er war dazu ausgebildet, Stress anhand der Stimmlage zu erkennen, aber selbst wenn Artemis ihn nicht gezwungen hätte, sich die MP 3-Lektion im Auto anzuhören, kannte er den Unterschied zwischen einer wirklich verängstigten Juliet und einer Komödie spielenden Juliet. Und so beschloss er innerhalb des Zeitraums, den eine Hummel für einen Flügelschlag braucht, zum Angriff überzugehen.
    Ohne Waffe ist schlecht schießen , dachte er. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten .
    Die Möglichkeit, die Butler wählte, bestand darin, seine Schwester bei der Schulter zu packen und ihr einen so kräftigen Stoß zu versetzen, dass sie seitwärts über den Strand schlidderte und mit der Schulter eine Furche in den Kies grub.
    »Du hast mir die Schulter aufgeschrammt!« Das werde ich mir noch wochenlang anhören müssen.
    Butler schwang beide Arme vorwärts und nutzte den Schwung, um sich aufzurichten und mit einem kraftvollen Satz auf das Etwas zu stürzen, das Juliet so erschreckt hatte. Er konnte nur hoffen, dass dieses Etwas da war, wo er es vermutete, denn sonst schwebte hier irgendwo ein Unterirdischer, der sich ins Fäustchen lachte und mit einer Waffe auf ihn zielte.
    Er hatte Glück. Seine Arme trafen auf etwas Gedrungenes, Vierschrötiges. Etwas, das strampelte und zappelte wie ein Schwein unter einer Decke und einen penetranten Geruch verströmte, ungefähr so wie der, den man in der Nase hat, wenn man mit dem Gesicht zuerst in einer Jauchegrube landet.
    Den Geruch kenne ich , dachte Butler und hielt sein Opfer mit aller Kraft fest. Das ist ein Zwerg .
    Was immer den Zwerg in der Luft hielt, heulte auf und sank tiefer, so dass Butler und sein wehrhafter Gefangener in das hüfthohe Wasser der Lagune eintauchten. Butler störte das Bad nicht weiter, er klammerte sich buchstäblich mit dem ganzen Körper an den unsichtbaren Zwerg und fand das kühle Wasser sogar recht erfrischend, aber für seinen Gefangenen und dessen Sichtschild war das plötzliche Tauchbad katastrophal. Beim Kontakt mit den Steinen am Grund bekam der Tarnanzug noch dazu einen Riss, und es gab einen Kurzschluss.
    Und damit war der Zwerg – es war kein anderer als Cruik – schlagartig sichtbar.
    »Aha«, sagte Butler und zog Cruik aus den Wellen. »Ein Zwergenkopf. Sehr gut.«
    Cruik hatte zusammen mit seiner Magie auch die Gabe der Sprachen verloren, aber er lebte schon so lange unter den Menschen, dass er ein paar Brocken diverser Sprachen aufgeschnappt hatte, und Butlers schlichter Kommentar war erschreckend leicht misszuverstehen.
    Zwergenkopf? Der Oberirdische will meinen Kopf essen!
    Butler war froh,

Weitere Kostenlose Bücher