Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
Vom Netzwerk:
goldene Dom war an der Seite, mit der er auf den Boden gefallen war, eingedellt. Er versuchte, ihn wieder in die alte Form zu drücken, aber seine Finger hinterließen auf den Streichhölzern nur einen braunen Schmierfilm. Er starrte seine klebrigen Finger an, ging in die Küche, ließ heißes Wasser laufen und rieb sich das Blut von den Händen. Auf dem Handrücken sprenkelte ein Leberfleck seine olivenfarbene Haut. Er kam sich alt und gebrechlich vor. Sein Körper verfiel – aber er lebte noch. Er seufzte und dachte, dass sein Sohn vielleicht nie alt werden würde.
    Als er das Wasser abstellte, hörte er Schritte auf der Treppe. Er ging ins Wohnzimmer und fürchtete, dass der Mann im schwarzen Mantel zurückgekommen sei. Aber die Schritte waren sorglos und laut. Das muss die Polizei sein , dachte er. Er blickte an seiner schwarzen Hose hinunter und fragte sich, wie auffällig die Blutflecken an den Knien waren. Plötzlich bekam er es mit der Angst zu tun, des Mordes beschuldigt zu werden. Bevor er sich die Hände gewaschen hatte, hatten sie vielleicht Blutspuren auf seinem Gesicht hinterlassen; also nahm er die Brille ab und rieb sich mit dem Windjackenärmel über die Stirn.
    Er setzte die Brille wieder auf und sah Ala in der Tür stehen.
    »Papa, Friede sei mit dir.« Der Junge lächelte, breitete die Arme aus und ging auf Omar Jussuf zu. Das versteinerte Gesicht seines Vaters ließ ihn innehalten. »Was ist das da an deiner Hose, Papa?«
    »Mein Junge, du bist am Leben.« Omar Jussuf strich Ala über seine leichten schwarzen Locken und spürte die feinen Borsten seines Schnurrbarts. Mit seinen ein Meter siebzig war Ala nur anderthalb Zentimeter größer als sein Vater, schien aber den nervösen, gebeugten Mann vor sich zu überragen.
    »Allah sei Dank.« Ala ergriff die Ellbogen seines Vaters und küsste ihm die Wangen. »Aber was meinst du? Machst du Scherze? Manche Gegenden in Brooklyn sind gefährlich, aber Bay Ridge ist gar kein so übles Viertel.«
    »Mein Sohn, in deinem Schlafzimmer liegt eine Leiche.«
    Ala presste Omar Jussufs Arme fester. »Was? Papa, jetzt mal im Ernst. Was ist passiert?«
    Omar Jussuf deutete zum Schlafzimmer seines Sohnes und senkte den Kopf. Der junge Mann betrat sein Zimmer.
    »Möge Allah ihm gnädig sein«, murmelte Ala. »Es ist Nisar.«
    »Mein Sohn, ich hatte schon geglaubt, du könntest es sein.« Omar Jussuf schauderte, als er sich der Tür näherte.
    »Das Hemd.« Alas Stimme brach. »Die Schuhe. Er war so stolz auf sie. Er nannte sie seine ›Armani-Stiefel‹. Sie sind teuer. Es ist Nisar.« Er nahm Omar Jussufs Hand, die vom Waschen noch warm und rosig war, und wandte sich dann mit glasigem Blick wieder seinem Freund zu.
    Omar Jussuf ließ sich aufs Sofa fallen und bemühte sich um eine Sitzhaltung, die das Blut auf seiner Hose möglichst verdeckte. Den Schoß bedeckte er mit einem Kissen. Es war rot auf schwarz mit dem geometrischen, in Bethlehem üblichen Stammesmuster bestickt. Er strich mit dem Zeigefinger über die dicke Stickerei und fragte sich, ob Marjam es für ihren Sohn angefertigt hatte. Er schloss die Augen und versuchte, sich seine Frau vorzustellen, aber stattdessen erschien Nisars Gesicht vor seinem inneren Auge. Mein alter Schüler , dachte er. Mein lieber Junge .
    Ala kam aus dem Schlafzimmer. Die Tränen und das Zittern waren verebbt. Sein Gesicht wirkte streng. Omar Jussuf glaubte, in den zusammengekniffenen, braunen Augen seines Sohnes Trauer und Hass zu erkennen.
    »Der Hurensohn«, sagte der Junge. »Raschid. Er hat es also getan. Er hat Nisar umgebracht.«
    »Nein, er war doch sein bester Freund.«
    Ala trat heftig gegen die Wohnungstür. Sie knallte zu, und ins Echo schrie er: »Die Dinge haben sich geändert, seitdem wir alle gemeinsam auf der Frèresschule waren, Papa.«
    »Gleichwohl, Mord? Was hätte Raschid zu so etwas treiben sollen?«
    »Das willst du gar nicht wissen.«
    »Ich glaube es einfach nicht. Bei so etwas kann man sich nie sicher sein.«
    Ala drehte sich zum Fenster, zog eine Ecke der Netzgardine hinaus. Sein Unterkiefer wurde hart, und als er sprach, klang seine Stimme scharf. »Er hat es so klar wie nur möglich gemacht.«
    »Was meinst du damit?«
    Der junge Mann rieb den dünnen Vorhang zwischen den Fingern. »Der Mann mit dem Schleier.«
    »Was?«
    Alas Augen fixierten wütend das Fenster. »Das Stück Stoff auf dem Kissen, wo Nisars Kopf sein müsste. Das ist ein Schleier. Ein Schleier, wie Frauen ihn tragen.«
    »Aber

Weitere Kostenlose Bücher