Der Auftrag
nicht, was er sagen sollte, deshalb senkte er nur schweigend das Haupt.
»Du musst nichts sagen, Saric, es ist so. Ich möchte dir auch meinen Dank aussprechen für deine tatkräftige und besonnene Hilfe bei der Befreiung des Gefangenen Rastafan. Seltsam müssen meine Anweisungen dich angemutet haben, doch du hast nicht gefragt und nicht gezögert.«
»Das steht mir nicht zu, Erhabener.«
»Ich hatte meine Gründe für diesen Schritt.«
»Das habe ich niemals bezweifelt, Erhabener.«
»Hast du dir über diese Gründe Gedanken gemacht?«
Saric errötete leicht. »Ein wenig, Erhabener. Aber ich habe mich dessen geschämt, denn Eure Gründe können nur göttlicher Natur sein und gehen mich nichts an.«
Jaryn lächelte unmerklich. »Du bist ehrlich. Nun, sie gehen dich nichts an, aber sie waren wohl eher menschlicher Natur.«
War da ein heller Schein über Sarics sonst so unbewegtes Gesicht geflossen? Ein Anflug von Freude oder Erleichterung? Aber der Moment war zu kurz gewesen, Jaryn schenkte ihm keine weitere Beachtung. »Da ich dich nun schätzen gelernt habe, möchte ich mich auch zukünftig deiner Dienste versichern. Dienste, bei denen sowohl Klugheit als auch Schweigsamkeit und Gehorsam gefordert sind.«
»Verfügt über mich, Erhabener. Gehorsam und schweigsam war ich und werde ich immer sein. Meine Klugheit hingegen möchte nicht ausreichen für Eure Dienste, es gibt Bessere als mich.«
»Für die Angelegenheit benötige ich keine weisen Männer, eher schlaue Füchse. Männer, die mich gut kennen und mir raten können, denn mir wurde eine schwere Aufgabe übertragen. Es ist ein Geheimnis darum, und ich bin mir nicht sicher, wie weit ich dich einweihen darf. Aber wenn ich dich um Rat bitte, sollst du ohne Scheu sagen, was du denkst und was dir einfällt.«
»Ich werde antworten, so gut ich es vermag, obwohl ich nicht erkennen kann, in welcher Sache Ihr meinen bescheidenen Rat brauchen könntet, Erhabener.«
»Ich muss mich hin und wieder unerkannt unter die Menschen mischen. Dies muss ich tun, um bestimmte Auskünfte zu erhalten, dabei darf man mich nicht als Achayanen erkennen.«
»Ihr benötigt eine Verkleidung? Diese, Erhabener, ist abhängig von der Umgebung, in der Ihr Euch aufhalten wollt.«
»In der Nähe des Palastes und darin.«
»Erhabener, dort tummeln sich Torwächter, Gardisten, Türhüter, Sklaven, Diener, Beamte und Handwerker. Geht es nicht genauer?«
Jaryn überlegte. »Ich muss Leute befragen, die schon sehr lange dort Dienst tun. Es handelt sich um ein Ereignis vor mehr als zwanzig Jahren.«
Sarics Miene hellte sich auf. »Dann wüsste ich einen Ausweg. Ein Onkel von mir ist dort Kammerdiener. Er hat schon dem Vater König Dorons gedient und wird bald in den Ruhestand versetzt. Wenn Ihr mir sagen dürftet, was ich ihn fragen soll …?«
Jaryn wollte nicht zugeben, wie erleichtert er darüber war. »Frage ihn, ob es jemals eine Frau am Hofe gegeben hat, die ein Kind geboren hat, das nicht am Hofe aufgewachsen ist.«
»Ihr sucht nach dem Kind?«
Jaryn schluckte. Die Sache war schwieriger zu verheimlichen, als er gedacht hatte. »Ja, Saric. Ich suche nach diesem Kind, das heute etwas über zwanzig Jahre alt sein muss. Es ist ein Mann. Und eigentlich suche ich diesen Mann. Es ist äußerst wichtig, dass er gefunden wird, es ist äußerst wichtig, dass es geheim gehalten wird, hast du mich verstanden?«
»Ich habe verstanden, Erhabener.«
»Bitte nenne mich nicht mehr Erhabener, wenn wir unter uns sind. So viel Abstand ziemt sich nicht zwischen uns, da ich dir vertraue. Es genügt, wenn du Herr sagst.«
Saric errötete. »Ja Herr.«
»Nun zur Geheimhaltung: Kammerdiener sind die leibhaftige Gerüchteschmiede. Dein Onkel – wie geschwätzig ist er?«
»Verschwiegen wie ein Toter.«
»Ich will es hoffen. Tu so, als ob es um eine Erbschaftssache ginge.«
»Ihr werdet mit mir zufrieden sein, Herr.«
Jaryn lächelte. »Dann geh mit Achays Segen.«
7
Der Fruchtmond war vollgestopft mit Feiertagen. Dankeshymnen an Achay, eine Prozession zu allen Tempeln der Stadt, die Einweihung eines neuen Tempels für einen minder wichtigen Gott und die öffentliche Ehrung etlicher königlicher Würdenträger füllten Jaryns Tage aus. Inmitten seiner in goldbestickte Gewänder gekleideten Tempelbrüder, selbst in Gold wandelnd, singend, lobpreisend, fühlte er sich seit langer Zeit wieder erhoben, seinem eigentlichen Zweck zugeführt. Wenn er auch die Reinheit der Kurdurquelle besaß, so
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