Der Auftrag des Aeltesten
sollen,
wurde Eragon bewusst.
Er zückte sein altes Jagdmesser, häutete die Kaninchen und nahm sie mit geübten Handgriffen aus; dann vergrub er die Innereien - außer die Herzen, Lungen und Nieren -, damit der Geruch keine Aasfresser anlockte. Anschließend hob er eine kleine Grube aus, legte Brennholz hinein und entzündete das Feuer mit Magie, da er seinen Zunder vergessen hatte. Er schürte das Feuer, bis sich eine Lage Holzkohle gebildet hatte. Dann schnitt er einen Hartriegelstock zurecht, zog die Rinde ab und hielt ihn über die Glut, um das bittere Harz abzubrennen. Danach spießte er die beiden Kadaver auf und hängte sie zwischen zwei in den Boden gesteckten Gabelästen über das glimmende Feuer. Für die Organe legte er am Rand einen flachen Stein auf die Holzkohle und rieb ihn als behelfsmäßige Bratpfanne mit Fett ein.
Er saß am Feuer und drehte langsam den Spieß, damit das Fleisch gleichmäßig durchbriet, als Saphira neben ihm landete, einen erschlafften Hirsch im Maul und Reste eines zweiten Tieres in den Klauen. Sie legte sich ins feuchte Gras und machte sich über ihre Beute her, vertilgte den ganzen Hirsch samt Fell. Unter ihren scharfen Zähnen knackten die Knochen wie Äste in einem Sturm.
Als die Kaninchen gar waren, schwenkte Eragon sie zum Abkühlen in der Luft, dann betrachtete er einen Augenblick fasziniert das brutzelige Fleisch, dessen verführerischer Duft seine Sinne betörte.
Als er den Mund öffnete und zubeißen wollte, musste er unwillkürlich an seine Meditation denken. Seine Streifzüge in den Geist der Vögel, Eichhörnchen und Mäuse fielen ihm wieder ein, wie quicklebendig sie sich anfühlten, wie vehement sie angesichts von Gefahr um ihr Existenzrecht kämpften.
Und wenn sie wirklich nur dieses eine Leben haben
…
Abscheu packte ihn, und er warf das Fleisch von sich, angewidert davon, zwei Kaninchen - zwei
Lebewesen
- getötet zu haben. Es war, als hätte er zwei Menschen getötet. Sein Magen rumorte, und er war kurz davor, sich zu übergeben.
Saphira hielt beim Schlemmen inne und schaute besorgt zu ihm herüber.
Eragon atmete tief durch und presste die Fäuste auf die Knie, um sich zu beherrschen und um sich seine eigene Reaktion zu vergegenwärtigen. Er hatte sein ganzes Leben lang Fleisch gegessen! Es hatte ihm geschmeckt! Und doch machte ihn jetzt allein der Gedanke, die Kaninchen zu essen, krank. Er sah Saphira an.
Ich kann es nicht,
sagte er.
Es ist ein Naturgesetz, dass einer den anderen frisst. Warum sträubst du dich dagegen?
Er dachte über ihre Frage nach. Er hatte nichts dagegen, wenn andere Leute Fleisch aßen; er wusste, dass es unter armen Bauern als Festmahl galt. Aber er selbst konnte kein Fleisch mehr essen - es sei denn, er drohte ansonsten zu verhungern. Wenn man einmal den Geist eines Kaninchens berührt und gespürt hatte, was es empfand... Es wäre so, als würde man sich selbst verzehren.
Weil wir uns weiterentwickeln können,
antwortete er Saphira.
Wir können nicht einfach den Impulsen in uns nachgeben und all jene verletzen oder töten, die uns wütend machen. Wir können nicht einfach von Schwächeren nehmen, was wir wollen. Wir können nicht einfach die Gefühle anderer missachten. Wir sind nun einmal unvollkommene Wesen und müssen uns vor unseren eigenen Unzulänglichkeiten schützen, damit sie uns nicht zerstören.
Er deutete auf die Kaninchen.
Wie Oromis gesagt hat - wir dürfen kein unnötiges Leid verursachen.
Willst du dir denn fortan alle deine Wünsche versagen?
Nur die zerstörerischen.
Meinst du das ernst?
Ja.
Wenn das so ist,
sagte Saphira und trottete auf ihn zu,
esse ich diese beiden zum Nachtisch.
Sie schnappte nach den Kaninchen und schlang sie hinunter, danach leckte sie den Stein sauber, auf dem Eragon die Innereien gebraten hatte.
Ich für meinen Teil kann mich nicht nur von Grünzeug ernähren. Eines Drachen Beute mag Grünzeug fressen, meinetwegen. Nicht aber der Drache selber. Ich sehe nicht ein, warum ich mich deswegen schämen sollte. Alles hat seinen Platz in der Welt. Selbst Kaninchen wissen das.
Ich will dir ja kein schlechtes Gewissen einreden,
sagte er und klopfte ihr aufs Bein.
Es ist meine persönliche Entscheidung. Ich zwinge niemanden, es mir gleichzutun.
Wie klug von dir,
sagte sie, mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme.
MONOLITH DER TRÄNEN
K onzentriere dich, Eragon«, mahnte Oromis, aber es klang nicht unfreundlich. Eragon blinzelte und rieb
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