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Der Auftrag des Aeltesten

Der Auftrag des Aeltesten

Titel: Der Auftrag des Aeltesten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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fürchtete, sie würden nah genug kommen, um anzugreifen, noch bevor die
Drachenschwinge
 die Durchfahrt erreicht hatte. Doch vorläufig schien Uthar ihren Vorsprung halten zu können.
    Auf seinen Befehl hin beseitigten Roran und die anderen Dorfbewohner die Sturmschäden, räumten das Schiff auf und bereiteten sich auf das bevorstehende Wagnis vor. Am Abend beendeten sie ihre Arbeit und löschten an Bord alle Lichter, um die Verfolger über ihren Kurs im Unklaren zu lassen. Die List glückte halbwegs, denn bei Sonnenaufgang sah Roran, dass die Schaluppen ungefähr eine Meile nach Nordwesten zurückgefallen waren, auch wenn sie die verlorene Strecke schnell wieder aufholten.
    Am Vormittag kletterte Roran auf den Hauptmast und hangelte sich gut vierzig Meter über dem Deck ins Krähennest hinauf; die Männer unter ihm schienen nun kaum größer als sein kleiner Finger. Wasser und Himmel schwankten gefährlich, während die 
Drachenschwinge
 von einer Seite zur anderen schaukelte.
    Roran zückte sein Fernrohr und stellte es ein, bis er keine vier Meilen hinter ihnen die Schaluppen sichtete. Sie kamen schneller näher, als ihm lieb war. 
Ihnen ist wohl klar geworden, was wir vorhaben,
dachte er. Dann drehte er sich um und hielt auf den Wellen nach dem Bullenauge Ausschau. Er stutzte, als er eine riesige schäumende Scheibe von der Größe einer Insel erspähte, die sich von Norden nach Osten drehte. 
Wir kommen zu spät,
 dachte er. Die Flut ging bereits zurück und der Strudel nahm an Kraft und Schnelligkeit zu. Roran hielt das Fernrohr über die Korbkante des Krähennests und sah erleichtert, dass das geknotete Seil, das Uthar steuerbord ans Heck gebunden hatte, jetzt neben dem Schiff hertrieb, anstatt wie zuvor hinterhergezogen zu werden. Sie segelten also glücklicherweise mit der Strömung des Strudels und nicht dagegen. Sonst hätten sie keine andere Wahl gehabt, als bis zum Gezeitenwechsel zu warten.
    Von unten hörte Roran, wie Uthar die Dorfbewohner anwies, die Ruder zu besetzen. Im nächsten Moment sprossen aus dem Schiffsrumpf zwei Reihen von Holzstangen und gaben dem Gefährt das Aussehen eines riesigen Insekts. Zu den Schlägen auf die Ochsenfelltrommel und begleitet von Bondens rhythmischem, das Tempo vorgebendem Gesang, schnellten die Ruder nach vorn, tauchten ins Wasser und pflügten durchs Meeresgrün. Die 
Drachenschwinge
 nahm rasch Fahrt auf und war bald schneller als die Schaluppen, die noch nicht vom Sog des Strudels profitierten.
    Gebannt beobachtete Roran das Schauspiel um sie her. Das Schlüsselelement, von dem der Erfolg des Unternehmens abhing, war die Zeit. Sie waren spät dran, und es stellte sich die Frage, ob das Schiff, angetrieben von Rudern und Segeln, schnell genug war, um den Strudel zu umschiffen. Und würden die Schaluppen, auf denen nun ebenfalls die Ruder zum Einsatz kamen, zu ihnen aufschließen, um so selbst dem drohenden Untergang zu entgehen? Die Trommelschläge zählten die Sekunden. Roran war sich jedes einzelnen, qualvoll langsam verstreichenden Augenblicks bewusst.
    Da sah er überrascht, wie sich von unten ein Arm über den Rand des Mastkorbs schob, gefolgt von Baldors Gesicht, das zu ihm aufblickte. »Gib mir die Hand! Sonst falle ich gleich runter!«
    Roran half Baldor in den Korb. Der junge Schmied gab Roran einen Keks und einen getrockneten Apfel und sagte: »Ich dachte, du hast vielleicht Hunger.« Mit einem dankbaren Kopfnicken biss Roran in den Keks und schaute wieder durchs Fernrohr. Als Baldor ihn fragte, ob er den Strudel sehen könne, reichte Roran ihm das Fernrohr und konzentrierte sich aufs Essen.
    Im Laufe der nächsten halben Stunde beschleunigte die schäumende Scheibe ihre Rotation, bis sie sich drehte wie ein Kreisel. Das umliegende Wasser schien sich aufzublähen und stieg an, während der Schaum selbst sich den Blicken entzog und auf den Grund eines riesigen Schlunds hinabsank, der immer tiefer und größer wurde. Über dem Strudel schwebten schimmernde Gischtschwaden, und aus der Tiefe stieg ein gequältes Heulen auf, das klang wie das Wehklagen eines verletzten Wolfs.
    Das Tempo, in dem der Durchmesser des Strudels wuchs, verblüffte Roran. »Geh runter und gib Uthar Bescheid«, sagte er.
    Baldor stieg aus dem Korb. »Binde dich lieber am Mast fest, sonst wirst du noch herausgeschleudert«, sagte er.
    »Mach ich!«
    Roran befolgte Baldors Rat, ließ die Arme aber frei, damit er nötigenfalls nach dem Messer greifen und sich losschneiden

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