Der Auftrag meines Lebens Bd.2
nacheinander anstehen. Schließlich begleite ich Maurice nicht nur zum Vergnügen – wobei auch das nicht zu kurz kommt.
„Du sollst alles haben, was du brauchst“, sagt Maurice und lächelt, ohne dass man seine Fänge sehen kann. Ein weiterer Punkt, den ich lernen muss – keine Zähne zeigen. Dass er weiterhin meine Gedanken hört, stört mich im Moment nicht sonderlich. Es ist vermutlich eher hilfreich, falls ich die Kontrolle verlieren sollte.
Ich überlege, ob mir leidtut , für was ich mich entschieden habe und komme zu dem Schluss, dass die Antwort nein lautet. Was ich mit Maurice erlebe und noch erleben werde, ist mehr als ein Auftrag. Es ist tatsächlich das Abenteuer meines Lebens. Und Abenteuer sind anstrengend. Wie sehr, hätte ich mir in meinem Fall nicht träumen lassen.
Plötzlich wird meine Aufmerksamkeit geweckt. Im gleichen Moment, in dem ich es rieche und die Quelle dieser Verlockung erkenne, packt mich das blanke Entsetzen. Der Duft des Blutes scheint mich einzuhüllen, mich zu packen und nicht mehr loszulassen. Ich schlucke wiederholt krampfhaft und hoffe der Drang, mir dieses Blut zu nehmen, möge verschwinden. Der Besitzer dieses besonders lockenden Lebenssaftes ist ein Kind! Sicher noch keine zehn Jahre alt. Der blonde Junge läuft an unserem Tisch vorbei und ich sehe, dass Maurice mich aufmerksam mustert. Ich kralle meine Hände neben den Schenkeln an den Stuhl.
Nein! , befehle ich mir selbst. Mir und meiner neuen Natur, die das Gegenteil behauptet und mir einflüstern will, es wäre doch nichts dabei … nur ein kleines bisschen kosten … ein Schluck, oder zwei.
Dabei starre ich auf meinen Schoß und beiße die Zähne so fest aufeinander, dass mir der Kiefer schmerzt.
„Deine Selbstbeherrschung ist beeindruckend, dafür, dass du noch so jung bist . Aber ich habe nichts anderes von dir erwartet“, sagt Maurice.
Als Antwort gelingt mir nur ein Schnauben. Eine Vorwarnung von ihm wäre nett gewesen. Nun bin ich schockiert, dass ausgerechnet das kindliche Blut wie eine Delikatesse riecht!
Wir bleiben zwei Tage in dem Hotel und die Kontrolle über mich selbst zu behalten, fällt mir von Mal zu Mal leichter. Bevor wir aufbrechen, macht Maurice sich auf den Weg, um etwas zu besorgen. Was, weiß ich nicht. Nur, dass wir weiterziehen müssen. Ich frage mich nicht zum ersten Mal, wie lange Maurice schon so lebt. Immer auf der Flucht, immer den Feind im Nacken.
Als ich den Reißverschluss meiner Reisetasche schließe, öffnet sich die Zimmertür. Maurice trägt einen Karton unterm Arm und hat eine Tüte in der Hand.
„Etwas Ausstattung für deine Recherche“, sagt er und lächelt.
„Ach ja?“
Er legt den Karton aufs Bett, es prangt keine Aufschrift darauf. Dann weist er einladend darauf und ich öffne ihn. Ein nagelneues Ultrabook steckt darin. Die Marke ist mir bekannt – somit auch die Qualität des Gerätes, das sicherlich nicht bei den Schnäppchen zu finden war.
„Nobel“, kommentiere ich.
Er hält mir wortlos die Tüte hin. Ein Blick hinein zeigt mir, dass darin Zubehör für den mobilen Gebrauch des Computers steckt – inklusive Surfstick.
„Wow, an alles gedacht!“, lobe ich ihn.
Er grinst schief. „An wirklich alles. Wenn du ins Netz gehst, kann dich niemand zurückverfolgen. Ich habe das Ding von einem Hacker vorbereiten lassen … jeder Zugriff auf Archive, Datenbanken von den Behörden und all so was kannst du gefahrlos öffnen.“
Ich ziehe staunend eine Braue nach oben.
„Wenn du schon einen Hacker kennst, für was brauchst du dann mich?“, frage ich dann.
„Du bist unersetzlich, Rene. Glaub mir.“
„Aha“, ich seufze, „dann hoffen wir mal, dass die Gesuchte auch schnell gefunden werden kann.“
„Ja“, sagt Maurice und er kommt mir dabei sehr teilnahmslos vor.
„ Ist irgendetwas?“
„Was? Nein, alles Okay . Ich will nur hier weg“, erklärt er.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht irre ich mich aber auch und er ist des Weglaufens überdrüssig. Rasch schließe ich den Karton und greife die Tüte. Zusammenbauen kann ich das alles auch im Auto. Wohin die Fahrt diesmal geht, frage ich ihn lieber nicht. Ich hoffe, die Eckdaten der Frau reichen aus, dass wir unterwegs ein Ziel ausmachen können …
Um kurz nach drei am Nachmittag fahren wir aus dem Parkhaus des Hotels. Es regnet in Strömen und neben dem Motorengeräusch ist das Wusch-wusch der Scheibenwischer das einzige Geräusch. Es läuft
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