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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ging los, blieb aber stehen und sah zu Sleete zurück. Dann gab er Corbet ein Zeichen und gestikulierte kurz. Geht und passt auf, bedeutete das. Der Jüngling nickte eifrig - er war einer der Jüngsten und hielt immer nach etwas Ausschau, mit dem er sich beweisen konnte. Er würde das Tor bewachen und warnen, sollte jemand kommen.
    Sleete sah neugierig zu, wie Corbet mit der Hand am Schwert Aufstellung nahm. Gawyn trat zu ihm und sprach leise, so leise, dass Corbet es nicht mitbekommen konnte. »Was haltet Ihr davon, was in der Burg geschehen ist, Sleete?«
    Der raue Mann runzelte die Stirn, dann lehnte er sich gegen die Scheunenwand. Während dieser unverfänglichen Bewegung überprüfte er das Fenster, um sicherzugehen, dass dort keiner lauschte.
    »Es ist schlimm«, sagte er schließlich in gedämpftem Tonfall. »Behüter sollten nicht gegen Behüter kämpfen. Aes Sedai sollten nicht gegen Aes Sedai kämpfen. So etwas sollte nicht passieren. Nicht jetzt, und auch nicht in Zukunft.«
    »Aber es ist passiert«, sagte Gawyn.
    Sleete nickte.
    »Und jetzt haben wir es mit zwei verschiedenen Gruppen von Aes Sedai zu tun«, fuhr Gawyn fort. »Mit zwei verschiedenen Armeen, die einander belagern.«
    »Einfach den Kopf unten halten«, sagte Sleete. »In der Burg gibt es hitzige Temperamente, aber es gibt auch kluge Köpfe. Sie werden das Richtige tun.«
    »Und das ist?«
    »Es zu beenden«, sagte Sleete. »Falls nötig, durch Töten, falls möglich, auf andere Weise. Nichts ist diese Spaltung wert. Gar nichts.«
    Gawyn nickte.
    »Meine Aes Sedai«, fuhr Sleete kopfschüttelnd fort, »gefällt die Atmosphäre in der Burg nicht, wollte dort weg. Sie ist weise ... weise und gewitzt. Aber sie hat keinen Einfluss, also hören die anderen nicht auf sie. Aes Sedai. Manchmal scheinen sie sich allein dafür zu interessieren, wer den größten Stock trägt.«
    Gawyn lehnte sich näher heran. Man hörte nur selten, dass über die Stellung und den Einfluss von Aes Sedai gesprochen wurde. Sie kannten keine Ränge wie das Militär, wussten aber alle instinktiv, wer von ihnen das Sagen hatte. Wie funktionierte das? Sleete schien eine Ahnung zu haben, aber er sagte nichts mehr dazu, also würde das für den Augenblick ein Geheimnis bleiben.
    »Hattori ist rausgekommen«, fuhr Sleete leise fort. »Nahm an dieser Mission wegen al'Thor teil, wusste gar nicht genau, worum es dabei eigentlich ging. Sie wollte nur einfach nicht mehr in der Burg sein. Schlaue Frau.« Er seufzte und legte Gawyn die Hand auf die Schulter. »Hammar war ein guter Mann.«
    »Das war er«, bestätigte Gawyn. Etwas verknotete sich in seinem Magen.
    »Aber er hätte Euch getötet - sauber und schnell. Er war derjenige in der Offensive, nicht Ihr. Er begriff, warum Ihr das getan habt. An diesem Tag hat keiner eine gute Entscheidung getroffen. Es gab keine guten Entscheidungen.«
    »Ich ...« Gawyn brachte bloß ein Nicken zustande. »Danke.«
    Sleete nahm die Hand fort und ging auf den Ausgang zu. Aber er schaute noch einmal zurück. »Manche sagen, dass Hattori meinetwegen hätte umkehren sollen. Eure Jünglinge glauben, dass sie mich bei Dumai im Stich gelassen hat. Das hat sie nicht getan. Sie wusste, dass ich noch am Leben bin. Sie wusste, dass ich verletzt bin. Aber sie hat sich auch darauf verlassen, dass ich meine Pflicht tue, während sie die ihre tut. Sie musste die Grünen darüber informieren, was dort geschah, wie die wahren Befehle der Amyrlin wegen al'Thor lauteten. Ich musste überleben. Wir haben unsere Pflicht getan. Aber sobald diese Botschaft überbracht worden war, wäre sie zu mir gekommen, wenn sie mich dann nicht aus eigener Kraft hätte näher kommen gespürt. Ganz egal, was auch passiert wäre. Und das wissen wir beide.«
    Dann ging er. Gawyn grübelte über seine Abschiedsworte nach. Sleete war oft ein seltsamer Gesprächspartner. So anmutig er auch als Schwertkämpfer war, eine Unterhaltung fiel ihm nie leicht.
    Gawyn schüttelte den Kopf, verließ die Scheune und entließ Corbet von seinem Wächterposten. Für ihn war es undenkbar, Hattoris Behüter zu werden. Einen Herzschlag lang war es ein verlockendes Angebot gewesen, aber nur als Flucht vor seinen Problemen. Er wusste genau, dass er als ihr Behüter nicht glücklich werden würde, als niemandes Behüter außer Egwenes.
    Er hatte Egwene alles versprochen. Alles, solange es weder Andor noch Elayne schadete. Beim Licht, er hatte ihr sogar versprochen, al'Thor nicht zu töten. Zumindest

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