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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zu haben, hatte Lews Therin die Eine Macht in sich strömen lassen und sich selbst vernichtet. Dabei hatte er den Drachenberg erschaffen. Die Erwähnung dieses Vorfalls rief in Rands Verstand immer ohrenbetäubende Schreie voller Trauer und Wut hervor.
    Aber dieses Mal herrschte nur Stille.
    Moridin wandte sich wieder der Beobachtung der kalten Flammen zu. An der Seite, am Kaminsims, sah Rand eine Bewegung. Flackernde Schattenfetzen, kaum sichtbar in den Spalten der Steine. Hinter den Spalten loderte rotglühende Hitze wie schmelzender Stein, und diese Schatten zuckten wild. Da war ein kaum hörbares Kratzen. Ratten, erkannte Rand. Da waren Ratten hinter den Steinen, die die schreckliche, auf der anderen Seite gefangene Hitze verschlang. Ihre Krallen drängten sich kratzend in die Spalten, als sie versuchten, ihrem Feuertod zu entkommen.
    Einige dieser winzigen Pfoten erschienen beinahe wie menschliche Hände.
    Nur ein Traum, sagte sich Rand energisch. Nur ein Traum. Aber er wusste, dass Moridin die Wahrheit sagte. Sein Feind lebte noch. Beim Licht! Wie viele von den anderen waren ebenfalls zurückgekehrt? Zorn ließ ihn die Armlehnen umklammern. Vielleicht hätte er besser Furcht verspüren sollen, aber er hatte schon vor langer Zeit aufgehört, vor dieser Kreatur und ihrem Herrn fortzulaufen. In ihm war kein Platz für Furcht mehr. Tatsächlich sollte Moridin hier derjenige sein, der sich fürchtete, denn bei ihrer letzten Begegnung hatte er ihn getötet.
    »Wie?«, wollte er wissen.
    »Vor langer Zeit habe ich dir versprochen, dass dir der Große Herr deine verlorene Liebe zurückgeben könnte. Glaubst du, es kostet ihn viel Mühe, jemanden zurückzuholen, der ihm dient?«
    Ein anderer Name für den Dunklen König war Herr der Gräber. Ja, es stimmte, selbst wenn sich Rand wünschte, er könnte es abstreiten. Warum sollte es ihn überraschen, dass seine Feinde zurückkehrten, wenn der Dunkle König die Toten wieder ins Leben zurückholen konnte?
    »Wir werden alle wiedergeboren«, fuhr Moridin fort, »immer wieder zurück in das Muster gewebt. Der Tod ist für meinen Herrn kein Hindernis, bis auf jene, die mit Baalsfeuer in Berührung gekommen sind. Sie sind jenseits seines Zugriffs. Es ist ein Wunder, dass wir uns überhaupt an sie erinnern können.«
    Also waren einige der anderen wirklich tot. Baalsfeuer war der Schlüssel. Aber wie war Moridin in seine Träume gekommen? Jede Nacht errichtete er Schutzgewebe. Er warf Moridin einen Blick zu, bemerkte etwas Seltsames an den Augen des Mannes. Kleine schwarze Flecken schwammen in dem Weiß herum, trieben hin und her wie Ascheflocken auf einem lauen Wind.
    »Der Große Herr kann dir geistige Gesundheit garantieren, weißt du«, sagte Moridin.
    »Dein letztes Geschenk an geistiger Gesundheit hat mir keinen Trost gebracht«, erwiderte Rand und überraschte sich selbst mit den Worten. Das war Lews Therins Erinnerung gewesen, nicht seine. Aber Lews Therin war aus seinem Verstand verschwunden. Seltsamerweise fühlte er sich an diesem Ort, wo alles im Fluss erschien, viel stabiler. Die Einzelteile, aus denen sich sein Ich zusammensetzte, passten besser zusammen. Natürlich nicht perfekt, aber besser als in letzter Zeit.
    Moridin schnaubte leise, sagte aber nichts. Rand wandte sich wieder den Flammen zu, sah ihrem Tanz zu. Sie bildeten Umrisse, genau wie die Wolken, aber die hier waren kopflose Körper, skeletthaft, die sich vor Qualen aufbäumten, sich einen Moment im Feuer wanden, bevor sie zu nichts zerstoben.
    Rand sah dem Feuer eine Weile zu und dachte nach. Man hätte meinen können, sie wären zwei alte Freunde, die die Wärme eines Winterkamins genossen. Nur dass diese Flammen keine Wärme verbreiteten und er diesen Mann eines Tages erneut töten würde. Oder durch seine Hand starb.
    Moridin trommelte mit seinen Fingern auf den Stuhl. »Warum bist du hergekommen?«
    Hergekommen!, dachte Rand entsetzt. Hatte Moridin ihn nicht geholt?
    »Ich bin so müde«, fuhr Moridin fort und schloss die Augen. »Bist du das, oder bin ich das? Ich könnte Semirhage erwürgen für das, was sie getan hat.«
    Rand runzelte die Stirn. War Moridin verrückt? Ishamael schien am Ende tatsächlich verrückt gewesen zu sein.
    »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für unseren Kampf«, sagte Moridin und winkte ab. »Geh. Lass mich in Ruhe. Ich weiß nicht, was mit uns geschehen würde, wenn wir einander töten. Der Große Herr wird dich früh genug bekommen. Sein Sieg steht fest.«
    »Er

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