Der aufziehende Sturm
vergessen, wie befriedigend das doch ist.«
Der Schmerz war wie eine Million Ameisen, die sich durch seine Haut bis auf seinen Knochen fraßen. Seine Muskeln verkrampften sich, er bäumte sich auf.
Wir sind wieder in der Kiste!, schrie Lews Therin.
Und plötzlich war Rand das tatsächlich. Er konnte sie sehen, den schwarzen engen Raum, der ihn zermalmte. Sein Körper war wund von den wiederholten Schlägen, sein Verstand bemühte sich verzweifelt, nicht im Wahnsinn zu versinken. Lews Therin war sein einziger Gefährte gewesen. Es war eines der ersten Male gewesen, dass sich Rand daran erinnern konnte, mit dem Wahnsinnigen zu kommunizieren; erst kurz vor diesem Tag hatte Lews Therin angefangen, auf ihn zu reagieren.
Er hatte sich gesträubt, Lews Therin als Teil von sich zu akzeptieren. Als den verrückten Teil, der Teil, der die Folter ertrug, und das auch nur, weil er bereits so gequält war. Weiteres Leid und Schmerz waren bedeutungslos. Man konnte keinen Becher mehr füllen, der bereits überlief.
Rand hörte auf zu schreien. Der Schmerz war noch immer da, er ließ seine Augen tränen, aber die Schreie wollten nicht kommen. Stille trat ein.
Semirhage schaute stirnrunzelnd auf ihn herunter, von ihrem Kinn tropfte Blut. Eine weitere Schmerzwelle überflutete ihn. Wer auch immer er war.
»Was tust du?«, fragte sie und zwang ihn zur Antwort. »Sprich.«
»Mir kann man nichts mehr antun«, flüsterte er.
Die nächste Schmerzwelle. Sie schüttelte ihn, und tief in seinem Inneren wimmerte etwas, aber nach außen hin zeigte er keine Reaktion. Nicht, weil er die Schreie zurückhielt, sondern weil er nichts fühlte. Die Kiste, die beiden Wunden in seiner Seite, die sein Blut vergifteten, Prügel, Demütigungen, Leid und sein Selbstmord. Wie er sich selbst tötete. Plötzlich erinnerte er sich wieder genau. Nach all diesen Dingen, was konnte ihm Semirhage da noch antun?
»Große Herrin«, sagte Elza, deren Augen noch immer etwas benommen blickten. »Vielleicht sollten wir ...«
»Still, Wurm«, fauchte Semirhage sie an und wischte sich Blut vom Kinn. Sie betrachtete es. »Das war jetzt schon das zweite Mal, dass diese Messer mein Blut geschmeckt haben.« Sie schüttelte den Kopf und lächelte Rand an. »Du behauptest, man könnte dir nichts mehr antun? Du vergisst, mit wem du sprichst. Schmerzen sind meine Spezialität, und du bist noch immer kaum mehr als ein Junge. Ich habe Männer gebrochen, die zehnmal so stark wie du waren. Steh auf.«
Er gehorchte. Die Schmerzen waren nicht verschwunden. Offensichtlich wollte sie ihn weiter damit traktieren, bis sie eine Reaktion bekam.
Er drehte sich um, gehorchte ihren wortlosen Befehlen, und sah Min in der Luft hängen, mit unsichtbaren Stricken aus Luft gefesselt. In ihren Augen stand blanke Furcht, ein Knebel aus Luft verschloss ihren Mund, und ihre Arme waren auf den Rücken gebunden.
Semirhage kicherte. »Du sagst also, ich könnte dir nichts mehr antun?«
Rand ergriff Saidin - nicht weil er es wollte, sondern weil sie es befahl. Brausend strömte die Macht in ihn hinein und brachte die seltsame Übelkeit mit sich, die sich bis jetzt seinen Erklärungen entzog. Er fiel auf Hände und Knie und übergab sich heftig und stöhnend, während sich der Raum um ihn drehte.
»Wie seltsam«, hörte er Semirhage wie aus weiter Ferne sagen. Er schüttelte den Kopf und hielt die Eine Macht fest - rang mit ihr, wie er schon immer mit Saidin hatte ringen müssen, unterwarf den mächtigen, sich windenden Energiefluss seinem Willen. Als würde er einen Sturmwind in Ketten legen, und es war ihm schon schwergefallen, als er stark und gesund gewesen war. Jetzt war es beinahe unmöglich.
Benutze sie, flüsterte Lews Therin. Töte sie, solange wir es können!
Ich töte keine Frauen, dachte Rand stur, das Hirngespinst einer Erinnerung aus den Tiefen seines Bewusstseins. Das ist die Grenze, die ich nicht überschreiten werde ...
Lews Therin brüllte auf und versuchte, ihm Saidin abzunehmen, blieb aber erfolglos. Tatsächlich musste Rand feststellen, dass er die Macht genauso wenig zielgerichtet lenken konnte, wie ohne Semirhages Erlaubnis einen Schritt zu tun.
Von ihr geleitet erhob er sich, das Zimmer wurde stabiler, die Übelkeit zog sich zurück. Und dann begann er Gewebe zu formen, komplizierte Gewebe aus Feuer und Geist.
»Ja ...«, sagte Semirhage beinahe im Selbstgespräch. »Wenn ich mich nur daran erinnern kann ... Manchmal ist die männliche Weise, das zu tun, so
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