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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wusste, dass er Siuan Sanche bei der Flucht geholfen hatte, so wie es auch nicht allgemein bekannt war, dass er Egwene den Hof gemacht hatte.
    Aber die Männer zu verlassen war die richtige Entscheidung gewesen. Zum ersten Mal seit Monaten stimmten seine Taten mit seinem Herzen überein. Egwene retten. Das war etwas, an das er glauben konnte.
    Er näherte sich dem Lagerrand und hielt seine Miene ausdruckslos. Die Vorstellung, sich den Aes Sedai-Rebellen anzuschließen, verabscheute er beinahe genauso sehr, wie er es verabscheut hatte, seine Männer im Stich zu lassen. Diese Rebellen waren nicht besser als Elaida. Sie hatten Egwene zur Amyrlin und damit zur Zielscheibe gemacht. Egwene! Eine Aufgenommene! Eine Spielfigur. Wenn sie mit ihrem Griff nach der Burg scheiterten, würden sie es vielleicht schaffen, sich einer Bestrafung zu entziehen. Egwene würde man hinrichten.
    Ich komme da rein, dachte Gawyn. Irgendwie rette ich sie. Dann bringe ich sie zur Vernunft und schaffe sie von diesen ganzen Aes Sedai weg. Vielleicht kann ich sogar Bryne zur Vernunft bringen. Dann können wir alle nach Andor zurückkehren und Elayne helfen.
    Mit gestärkter Entschlossenheit ritt er weiter und verscheuchte einen Teil seiner Erschöpfung. Um den Kommandoposten zu erreichen, musste er durch den Tross reiten, der die eigentlichen Truppen zahlenmäßig überstieg. Köche, die Essen zubereiteten. Frauen, die das Essen servierten und sich um den Abwasch kümmerten. Kutscher, die die Wagen mit den Lebensmitteln fuhren. Stellmacher, die die Wagen reparierten, die die Lebensmittel transportierten. Hufschmiede, die Hufeisen für die Pferde machten, die die Wagen zogen, die die Lebensmittel transportierten. Kaufleute, die die Lebensmittel kauften, und Quartiermeister, die ihre Verteilung organisierten. Weniger seriöse Kaufleute, die von den Soldaten und ihrem Sold profitieren wollten, und Frauen, die das ebenfalls versuchten. Jungen, die Botschaften überbrachten und hofften, eines Tages selbst ein Schwert tragen zu können.
    Es war ein völliges Durcheinander. Eine Ansammlung von Zelten und Bretterbuden, jedes in einer anderen Farbe, Form und Baufälligkeit. Selbst ein fähiger General wie Bryne konnte im Tross nur eine gewisse Ordnung durchsetzen. Seine Männer würden mehr oder weniger für Frieden sorgen, aber sie konnten die Zivilisten nicht zwingen, militärische Disziplin einzuhalten.
    Gawyn bahnte sich einen Weg und ignorierte alle, die ihm anboten, sein Schwert zu putzen oder ihm Süßigkeiten zu verkaufen. Die Preise würden niedrig sein, das hier war immerhin ein Ort, der von den Soldaten lebte, aber mit seinem Schlachtross und der besseren Kleidung würde man ihn für einen Offizier halten. Kaufte er von einem, würden die anderen Geld riechen, und am Ende umlagerte ihn eine Horde, die ihm etwas zu verkaufen hoffte.
    Er ignorierte die Rufe und hielt den Blick nach vorn gerichtet, auf das eigentliche Heer. Seine Zelte waren in ordentlichen Reihen organisiert, gruppiert nach Schwadron und Banner, allerdings manchmal auch in kleineren Gruppen. Gawyn hätte den Grundriss aufzeichnen können, ohne ihn zu sehen. Bryne mochte Organisation, aber er hielt auch viel vom Delegieren. Offizieren würde er gestatten, ihre Lager so zu führen, wie sie es wollten, was zu einem Aufbau führte, der nicht einheitlich war. Aber das war immer noch besser, als alles selbst leiten zu müssen.
    Er ritt direkt zur Palisade. Aber das Lagervolk um ihn herum war nicht leicht zu ignorieren. Ihre Rufe schienen in der Luft zu verweilen, zusammen mit den Gerüchen von Latrinen, Pferden und billigem Parfüm. Das Lager war nicht so bevölkert wie eine Stadt, aber es war auch nicht so ordentlich instand gehalten. Schweiß, brennende Kochfeuer, abgestandenes Wasser und ungewaschene Körper, das alles vermengte sich miteinander. Am liebsten hätte er sich ein Taschentuch vors Gesicht gehalten, aber er sah davon ab. Es hätte ihn wie einen verwöhnten Adligen aussehen lassen, der seine Nase vom gewöhnlichen Volk abwandte.
    Gestank, Verwirrung und Lärm waren seiner Stimmung jedoch nicht förderlich. Er musste sich zusammenreißen, um nicht jeden Händler mit einem Fluch zu belegen. Eine Gestalt stolperte genau in seinen Weg - er zügelte das Pferd. Die Frau trug einen braunen Rock und eine weiße Bluse; ihre Hände waren schmutzig. »Aus dem Weg«, fauchte er. Seine Mutter wäre außer sich gewesen, hätte sie ihn mit einer solchen Wut sprechen hören. Nun, seine

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