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Der aufziehende Sturm

Der aufziehende Sturm

Titel: Der aufziehende Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sich an Euch rächen können.«
    »Sie hätten ihn nicht anfassen können«, sagte Cadsuane und nahm der Tochter den Kasten ab. »Er war mit sehr komplizierten Schutzgeweben versehen.«
    »Nicht kompliziert genug«, meinte al'Thor und wandte sich von ihr ab. Er stand noch immer neben dem dunklen Fenster und schaute jetzt wieder auf das Lager.
    Stille trat ein. Narishma hatte sich leise nach Mins Befinden erkundigt, aber er verstummte, als al'Thor zu reden aufhörte. Offensichtlich war Rand der Meinung, dass Cadsuane für den Diebstahl des A'dam verantwortlich war, aber das war lächerlich. Sie hatte die besten Gewebe benutzt, die sie kannte, aber wer vermochte schon zu sagen, welches Wissen die Verlorene gehabt hatte, um die Gewebe zu umgehen?
    Wie hatte al'Thor überlebt? Und was war mit dem Rest des Kasteninhalts? Hatte er jetzt den Zugangsschlüssel, oder hatte Semirhage die Statuette genommen? Konnte sie es wagen, sich danach zu erkundigen? Die Stille dauerte an. »Worauf wartet Ihr?«, fragte sie schließlich mit allem Mut, den sie aufbringen konnte. »Erwartet Ihr eine Entschuldigung von mir?«
    »Von Euch?«, fragte al'Thor. Da lag kein Humor in seiner Stimme, nur die gleiche kalte Beherrschung. »Nein. Ich vermute, ich könnte eher einen Stein zu einer Entschuldigung veranlassen als Euch.«
    »Dann ...«
    »Ihr seid aus meiner Gegenwart verbannt, Cadsuane«, sagte er leise. »Sollte ich nach heute Abend jemals Euer Gesicht wiedersehen, werde ich Euch töten.«
    »Rand, nein!«, sagte Min und stand auf. Er sah sie nicht an.
    Cadsuane verspürte einen Stich der Panik, schob ihn aber zusammen mit ihrem Zorn beiseite. »Was? Das ist doch albern, mein Junge. Ich ...«
    Er drehte sich um, und wieder ließ sie sein Blick verstummen. Es lag eine Gefahr darin, ein Schatten um seine Augen, der ihr mehr Angst einjagte, als sie ihr altes Herz je für fähig gehalten hätte aufzubringen. Während sie ihn ansah, schien die Luft um ihn herum zu schimmern und sich zu verzerren, und es fehlte nicht viel an dem Eindruck, dass es in dem Zimmer dunkel geworden war.
    »Aber ...« Sie ertappte sich dabei zu stottern. »Aber Ihr tötet keine Frauen. Das weiß jeder. Ihr schickt ja kaum die Töchter in Gefahr, weil Ihr Angst habt, sie könnten verletzt werden!«
    »Ich wurde gezwungen, diese besondere Neigung zu revidieren«, sagte al'Thor. »Mit Beginn des heutigen Abends.«
    »Aber ...«
    »Cadsuane«, sagte er leise. »Haltet Ihr es für möglich, dass ich Euch töten könnte? Hier, auf der Stelle, ohne ein Schwert oder die Macht zu benutzen? Haltet Ihr es für möglich, dass sich das Muster nur aufgrund meines Willens um mich herum krümmt und Euer Herz anhält? Als wäre es ein ... Zufall?«
    Ta'veren zu sein funktionierte nicht auf diese Weise. Beim Licht! Das tat es doch nicht, oder? Er konnte doch nicht das Muster seinem Willen unterwerfen?
    Aber als sie jetzt seinen Blick erwiderte, glaubte sie es. Im Widerspruch zu aller Logik schaute sie in diese Augen und wusste, dass sie sterben würde, wenn sie jetzt nicht ging.
    Sie nickte langsam und hasste sich dafür, fühlte sich auf eine seltsame Weise schwach.
    Er wandte sich von ihr ab und schaute wieder aus dem Fenster. »Sorgt dafür, dass ich Euer Gesicht nie wieder sehe. Nie wieder, Cadsuane. Ihr dürft jetzt gehen.«
    Benommen drehte sie sich um - und aus dem Augenwinkel sah sie eine undurchdringliche Dunkelheit aus al'Thor sickern, die die Luft noch mehr verzerrte. Als sie noch einmal hinsah, war sie verschwunden. Mit zusammengebissenen Zähnen ging sie.
    »Bereitet Euch und Eure Armeen vor«, sagte al'Thor zu jenen, die geblieben waren, und seine Stimme hallte aus dem Raum hinter ihr. »Ich habe vor, am Ende der Woche aufzubrechen.«
    Draußen auf dem Korridor hielt sich Cadsuane den Kopf und lehnte sich mit pochendem Herzen an die Wand. Ihre Hand schwitzte. Bis jetzt hatte sie gegen einen sturen, aber gutherzigen Jungen gearbeitet. Jemand hatte dieses Kind genommen und es durch diesen Mann ersetzt, ein Mann, der gefährlicher war als alle, die ihr je begegnet waren. Jeden Tag entglitt er ihnen mehr.
    Und im Augenblick hatte sie verdammt noch mal nicht die geringste Idee, was man dagegen tun sollte.

KAPITEL 24
 
Eine neue Verpflichtung
    Erschöpft von einem zwei Tage langen Ritt saß Gawyn auf Herausforderer, auf einem niedrigen Hügel südwestlich von Tar Valon.
    Der Frühlingsbeginn hätte das Land grünen lassen müssen, aber der Hang vor ihm trug lediglich dem

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