Der aufziehende Sturm
vorgezogen, sie nicht verwunden zu müssen, aber Kämpfe wurden immer unberechenbarer, je länger sie dauerten - selbst Kämpfe wie dieser gegen bedeutend ungeschicktere Gegner. Man musste das Schlachtfeld schnell und entschlossen kontrollieren, und das bedeutete, die beiden Soldaten zu Boden zu schicken. Mit blutenden Oberschenkeln. Der Sergeant hatte durch den Schlag auf den Kopf das Bewusstsein verloren, aber der erste Hellebardenmann erhob sich auf unsicheren Beinen. Gawyn trat seine Hellebarde zur Seite, dann stieß er ihm den Stiefel ins Gesicht und verpasste ihm eine blutige Nase.
Herausforderer wieherte hinter ihm, schnaubte und trat auf den Boden. Das Schlachtross spürte einen Kampf, aber es war gut ausgebildet. Es wusste, dass es still dastehen sollte, wenn die Zügel fallen gelassen wurden. Gawyn wischte die Klinge am Hosenbein ab, dann schob er sie zurück in die Scheide. Die verwundeten Soldaten lagen stöhnend auf dem Boden. Er tätschelte Herausforderers Nase und nahm die Zügel. Hinter ihm wich das Lagervolk erst zurück, dann ergriff es die Flucht. Aus dem Inneren der Palisade kam eine Gruppe Soldaten mit gespannten Bögen. Das war nicht gut. Gawyn wandte sich ihnen zu, löste das Schwert mitsamt seiner Scheide vom Gürtel und warf es den Männern vor die Füße.
»Ich bin unbewaffnet«, sagte er über das Stöhnen der Verletzten. »Und keiner dieser vier hier wird heute sterben. Geht und berichtet eurem General, dass ein Schwertmeister eine Abteilung seiner Wachen in weniger als zehn Herzschlägen zu Boden geschickt hat. Ich bin ein alter Schüler von ihm. Er wird mich sehen wollen.«
Einer der Männer eilte nach vorn, um Gawyns Schwert aufzuheben, während ein anderer einen Läufer herbeiwinkte. Die anderen hielten ihre Bögen weiter erhoben. Einer der gestürzten Hellebardenmänner fing an davonzukriechen. Gawyn drehte Herausforderer ein Stück, um sich hinter das Pferd ducken zu können, falls die Soldaten zu schießen anfingen. Er hätte wirklich vorgezogen, wenn es nicht dazu kam, aber von ihnen beiden konnte Herausforderer eher ein paar Pfeile überleben als er.
Ein paar der Soldaten riskierten es, nach vorn zu kommen, um ihren gefallenen Kameraden aufzuhelfen. Der dicke Wachsergeant setzte sich auf und fluchte leise. Gawyn machte keine bedrohlichen Bewegungen.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, gegen diese Männer zu kämpfen, aber er hatte bereits genug Zeit verschwendet. Egwene konnte schon tot sein! Wenn ein Mann wie dieser Sergeant versuchte, seine Autorität durchzusetzen, blieben einem eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Man konnte sich durch die Ränge der Bürokratie nach oben reden und jeden Soldaten auf dem Weg davon überzeugen, dass man tatsächlich wichtig war. Oder man provozierte einen Zwischenfall. Das Letztere war schneller, und im Lager gab es offensichtlich genügend Aes Sedai, um ein paar verletzte Männer zu Heilen.
Schließlich kam eine kleine Gruppe Männer durch das Tor. Ihre Uniformen saßen einwandfrei, ihre Haltung verriet Gefahr, ihre Mienen waren angespannt. Angeführt wurde sie von einem Mann mit ergrauenden Schläfen und von kräftigem, stämmigem Wuchs. Gawyn lächelte. Das Spiel hatte sich ausgezahlt.
Der Generalhauptmann musterte Gawyn, dann inspizierte er schnell seine gefallenen Soldaten. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Entspannt euch«, sagte er zu seinen Männern. »Sergeant Cords.«
Der fette Sergeant stand auf. »Herr!«
Bryne sah wieder zu Gawyn herüber. »Wenn das nächste Mal ein Mann zum Tor kommt, Adliger zu sein vorgibt und nach mir fragt, dann schickt nach einem Offizier. Sofort. Es ist mir egal, ob der Mann einen zwei Monate alten Bart hat und nach billigem Ale stinkt. Verstanden?«
»Ja, Herr«, sagte der Sergeant errötend. »Verstanden, Herr!«
»Schafft Eure Männer ins Krankenlager, Sergeant«, sagte Bryne und sah die ganze Zeit Gawyn an. »Und Ihr, Ihr kommt mit mir.«
Gawyn biss die Zähne zusammen. Als ihn Gareth Bryne das letzte Mal auf diese Weise angeknurrt hatte, hatte er sich noch nicht rasieren müssen. Andererseits konnte er wirklich nicht erwarten, dass der Mann erfreut sein würde. Direkt hinter der Palisade entdeckte er einen Jungen, der vermutlich Stallbursche oder Bote war. Er drückte dem ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrenden Jungen Herausforderers Zügel in die Hand und trug ihm auf, sich um das Pferd zu kümmern. Dann holte er sich sein Schwert von dem Soldaten zurück, der es hielt, und
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