Der aufziehende Sturm
Mutter war tot, ermordet von al'Thor.
Die Frau vor ihm schaute auf und machte schnell den Weg frei. Ihr helles Haar war mit einem gelben Tuch bedeckt; sie war etwas mollig. Gawyn erhaschte nur einen schnellen Blick auf ihr Gesicht, als sie sich umdrehte.
Er erstarrte. Das war das Gesicht einer Aes Sedai! Unverkennbar. Er saß fassungslos da, während die Frau das Kopftuch richtete und forteilte.
»Wartet!«, rief er und wendete das Pferd. Aber die Frau blieb nicht stehen. Er zögerte und senkte den Arm, als er sah, wie sie sich zu einer Reihe von Wäscherinnen gesellte, die ein gutes Stück entfernt zwischen mehreren Holztrögen arbeiteten. Wenn sie so tat, als wäre sie eine normale Frau, dann hatte sie vermutlich ihre verfluchten Aes Sedai-Gründe, und sie würde nicht erfreut darüber sein, wenn er sie entlarvte. Nun gut. Er bezwang seinen Ärger. Egwene. Er musste sich auf Egwene konzentrieren.
Als er die Palisade erreichte, verbesserte sich die Luft auf beträchtliche Weise. Vier Soldaten hielten mit ihren Hellebarden Wache; ihre Stahlhelme funkelten und passten zu den Brustpanzern, auf denen Brynes drei Sterne flammten. Neben dem Tor flatterte ein Banner mit der Flamme von Tar Valon.
»Rekrut?«, fragte einer der Soldaten, als Gawyn heranritt. Der schwergewichtige Mann trug einen roten Streifen an der linken Schulter, was ihn als Wachsergeant auswies. Statt einer Hellebarde trug er ein Schwert. Sein Harnisch konnte nur mit Mühe seinen Bauchumfang bewältigen, unter seinem Kinn sprossen rote Haare. »Da müsst Ihr mit Hauptmann Aldan sprechen«, sagte der Mann mit einem Grunzen. »Das große blaue Zelt an der Außenseite des Lagers. Ihr habt Euer eigenes Pferd und Schwert, das wird Euch guten Sold einbringen.« Der Soldat zeigte auf eine ferne Stelle im Hauptlager, außerhalb der Palisade. Das kam für Gawyn nicht infrage. Er konnte Brynes Banner sehen, das hinter der Holzbarriere flatterte.
»Ich bin kein Rekrut«, sagte Gawyn und zog Herausforderer ein Stück herum, damit er einen besseren Blick auf die Männer hatte. »Mein Name ist Gawyn Trakand. Ich muss sofort Gareth Bryne in einer dringenden Angelegenheit sprechen.«
Der Soldat hob eine Braue. Dann kicherte er.
»Ihr glaubt mir nicht«, sagte Gawyn tonlos.
»Ihr solltet mit Hauptmann Aldan sprechen«, sagte der Mann faul und zeigte wieder auf das Zelt in der Ferne.
Gawyn nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug und versuchte seine Gereiztheit zu bezwingen. »Wenn Ihr einfach nach Bryne schicken würdet, dann ...«
»Wollt Ihr mir Ärger machen?«, fragte der Soldat und plusterte sich auf. Die anderen Männer machten ihre Hellebarden bereit.
»Keinen Ärger«, sagte Gawyn ganz ruhig. »Ich muss bloß ...«
»Wenn Ihr bei uns mitmachen wollt«, unterbrach ihn der Soldat und trat einen Schritt vor, »dann werdet Ihr lernen müssen, das zu tun, was man Euch sagt.«
Gawyn erwiderte seinen Blick. »Also gut. Wir können das auch auf diese Weise tun. Vermutlich geht es dann eh schneller.«
Der Sergeant legte eine Hand auf den Schwertgriff.
Gawyn trat die Füße aus den Steigbügeln und stieß sich aus dem Sattel. Auf dem Pferderücken würde es zu anstrengend sein, sich davon abzuhalten, den Mann zu töten. Er zog die Klinge, als seine Stiefel auf den schlammigen Boden auftrafen; die Scheide zischte wie scharf eingesogener Atem. Gawyn nahm Eiche schüttelt ihre Äste ein, eine Figur, die nicht-tödliche Schläge austeilte und oft von Meistern zu Ausbildungszwecken benutzt wurde. Sie ließ sich auch äußerst effektiv gegen große Gruppen mit verschiedenen Waffen einsetzen.
Bevor der Sergeant das Schwert gezogen hatte, krachte Gawyn schon gegen ihn und rammte ihm den Ellbogen direkt unter dem schlecht sitzenden Harnisch in den Bauch. Grunzend krümmte sich der Mann, dann schlug ihm Gawyn den Schwertgriff gegen die Kopfseite - der Mann hätte es besser wissen müssen, seinen Helm so schräg zu tragen. Sofort verfiel er in Die Seide zur Seite schieben, um sich um den ersten Hellebardenmann zu kümmern. Während ein anderer der Männer Hilfe herbeirief, fuhr Gawyns Klinge klirrend über den Harnisch des Soldaten und zwang ihn zurück. Er vollendete die Bewegungsfolge, indem er dem Mann die Beine unter dem Leib wegtrat, dann glitt er in Blatt im Wind, um die Schläge der letzten beiden Männer abzuwehren.
Es war etwas unglücklich, aber er kam nicht darum herum, die Oberschenkel der beiden noch stehenden Hellebardenmänner zu treffen. Er hätte es
Weitere Kostenlose Bücher