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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Ich versuchte hochzukommen, und Lola wollte ihre Hände aus dem Muff ziehen, um ihn zu stoppen, da drehte sich Oscar weiß vor Wut zu ihr um und knallte ihr den Eisenschläger mitten ins Gesicht, das mit einem knackenden Laut in einer Wolke aus Blut zerplatzte.
    »Schuganow!« brüllte ich, während ich mich aufraffte und mit flammendem Schmerz im Knie in den Wald humpelte. Oscar schaute nach Lola, die halb auf der Seite lag und den Schnee rot färbte, und dann nach mir. Seine Augen waren wild und leer, als befände er sich in einer anderen Welt.
    »Schuganow!« rief ich noch einmal, aber nicht Schuganow kam auf uns zu, sondern der große Ire. Er hatte Blut im Gesicht und sah ganz wie der Killer aus, der er war. Oscar drehte sich um und hob den Golfschläger, aber als er den Iren erkannte, wandte er sich wieder zu mir.
    Der Ire hatte eine Pistole in der Hand.
    Es war alles schiefgelaufen. Ich lief humpelnd in den Wald, hörte einen Schuß und noch einen, und einige Meter von meinem Kopf entfernt pfiff es durch die Luft.
    »Bleib stehen, Lime!« hörte ich Oscar auf spanisch schreien.
    »Bleib stehen, du Drecksau! Ich bin noch nicht fertig mit dir, du impotenter Hurensohn. Es ist deine Schuld, daß ich mich in diesem Loch verkriechen muß. Du hast mein Leben zerstört, du verpißter Hundesohn. Komm zurück! Jack, get him! But don’t kill the motherfucker! «
    Ich humpelte schneller in den Wald, und die Angst ließ mich den Schmerz vergessen. Ich hörte hinter mir den Iren wie ein schwerfälliges Vieh. Mein Gesicht wurde feucht von den Schmerzenstränen und weil es zu schneien angefangen hatte, kleine aufgeregte Flocken, die der zunehmende Wind mit sich trug. Ich lief weiter in den Wald, aber nach ein paar Minuten fing ich an nachzudenken. Wo verdammt noch mal waren Schuganow und Igor? Wieder dröhnte ein Schuß und dann noch einer, aber es war unmöglich festzustellen, wie weit sie entfernt waren. Ich stieß auf einen schmalen S-förmigen Pfad, wo der Schnee fester war. Vielleicht war das im Sommer ein Wildwechsel. Nach der ersten Biegung blieb ich stehen, zog die Handschuhe aus und stellte mich hinter einen Baum. Der Ire kam heran. Seine Wange war blutverschmiert, aber ich konnte keine Wunde sehen. Ob es nicht sein Blut war? Er lief mit der Pistole in der rechten Hand, die er am Oberschenkel hielt. Ich trat vor, drehte mich um mich selbst und versuchte, ihn ins Gesicht zu treffen. Schmerz jagte mir durchs Knie, so daß ich etwas aus dem Gleichgewicht kam, aber er war Schlägereien gewohnt und schaffte es, den Kopf wegzuziehen. Statt dessen traf ich ihn an der Schulter, die Pistole flog ihm aus der Hand und versank im Schnee. Schnell gewann er das Gleichgewicht wieder und stellte sich in Nahkampfposition, die Arme beweglich vor sich haltend und die Knie leicht gebeugt. Er prustete.
    »Du willst dich also schlagen, Lime. Na, wunderbar! Komm schon, Motherfucker, komm schon, komm schon!« sagte er.
    Ich hörte Oscar herantrampeln und wie einen rasenden Stier brüllen. Ich täuschte mit der Linken, und der Ire lachte über meine überdeutliche Finte und wechselte mühelos das Standbein. Da trat ich, daß der Schmerz mir bis in den Nacken jagte, gegen den Baum neben ihm, so daß die schneebeladenen Äste erzitterten und eine Kaskade aus Pulverschnee über uns sprühten. Ich war darauf vorbereitet, er aber nicht. Er wurde geblendet und verlor die Balance. Ich hämmerte ihm den Fuß in den Schritt und schlug so hart und präzise zu, wie ich nur konnte, und genau so, wie es mich Suzuki gelehrt und wovor er mich immer gewarnt hatte, mit der gestreckten rechten Handkante gegen seinen Nacken. Ich hörte das gemeine, trockene Geräusch, als ihm das Genick brach.
     
    Oscar erschien mit dem Golfeisen in der Hand, und ich duckte mich vor seinen wilden, ausholenden Schlägen, die ihn aus dem Gleichgewicht brachten, aber er lief unkontrolliert weiter. Ich streckte ein Bein aus, und mein Knie protestierte, als ich ihm das Bein stellte, so daß sein zwei Meter langer Körper in den Schnee schlug. Aber er war wie besessen, mit den Kräften eines Wahnsinnigen und seinem Mangel an Schmerzempfindung. Er kam wieder hoch und griff mich noch immer brüllend an, um mich in die Arme zu schließen und mir die Luft abzupressen.
    Ich schlug ihm zweimal mit der Rechten ins Gesicht und versuchte, seine Kehle zu treffen. Seine Augenbrauen platzten auf, und Blut schoß ihm aus der Nase, aber er stürmte weiter auf mich ein, drückte mich hintenüber

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