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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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anderen Väter, die ihre Kinder monatelang verlassen, ihre Geburtstage vergessen und die Kleinen mit der quälenden Frage nachts allein in ihren Kinderbetten zurücklassen: »Liebt Papi mich überhaupt noch?« Sehen Sie, wie fair ich bin? Ich habe meinen Jägern direkt in die Hände gespielt, als ich in einer E-Mail, die ich in Zorbachs Rechner an ihn selbst verschickte, mein wahres Motiv andeutete. Ich habe sogar ein belastendes Foto auf dem Nachttisch von Zorbachs Mutter plaziert, eine Fotomontage, die meinen Bruder zeigte - versehen mit einem entscheidenden Hinweis auf der Rückseite! Und schließlich, als mein Spielmacher ausgewechselt werden sollte, habe ich Scholles Foulspiel unterbunden und Zorbach wieder zurück auf das Feld geführt. Warum, fragen Sie sich? Die Antwort ist ganz einfach: Ich, der Augensammler, will nicht gewinnen. Ich glaube an die Liebe: an die Liebe der Väter zu ihren Kindern. Indem ich sie auf die Probe stelle, gebe ich ihnen die Möglichkeit, es mir und der Welt zu beweisen. Erst wenn ich verliere, bin ich glücklich! Aus diesem Grund helfe ich meinen Widersachern und brachte Zorbach sogar höchstpersönlich zum alles entscheidenden Finale an der Grünauer Straße.
    Und wieder lag es nur an ihm, welche Richtung er einschlagen würde: nach vorne, ins Verderben, oder nach Hause zu seinem Sohn, der sich ein Geburtstagsgeschenk von ihm erhoffte. Hohlfort hatte nur in einem Punkt recht: Ich bin kein Sammler Ich bin ein Tester. Ich teste die Liebe der Väter zu ihren Kindern. Immer und immer wieder, in der Hoffnung, endlich ein anderes Ergebnis zu erhalten als das, was ich selbst erfahren habe.
    Zufall oder Schicksal?
    Eine Frage, die mich schon immer beschäftigt und mich nach den jüngsten Ereignissen wohl nie mehr zur Ruhe kommen lassen wird.
    War es Zufall oder Schicksal, als mir Alina im Polizeirevier in die Arme lief, wo sie eine Aussage über den Augensammler machen wollte? Nur Stunden nachdem ich sie in ihrer Praxis aufgesucht hatte, um von den Schmerzen befreit zu werden, die ich mir durch eine falsche Bewegung beim Verladen der Traunsteinschen Kinder zugezogen hatte? Was sollte eine Blinde schon über den Augensammler wissen, einen Mann, den selbst ein Sehender noch nie zu Gesicht bekommen hatte?
    Ich musste es herausfinden, bevor sie mit einem Beamten sprach, also gab ich mich als Polizist aus, führte sie in ein leeres Wartezimmer, verstellte meine Stimme und tat so, als nähme ich ihre Aussage zu Protokoll. Hin und wieder wurde die Tür geöffnet, aber für einen Außenstehenden musste mein »Verhör« wie ein ganz normales Gespräch ausgesehen haben. Danach schickte ich sie zu Zorbach, wieder um ihn auf die Probe zu stellen. Aus dem Tagebuch seiner Mutter wusste ich, wo er sich verkroch, wenn er alleine sein wollte und einen Platz zum Nachdenken brauchte. Mir war klar, dass er dorthin fahren würde, sobald ich ihn mit der Nachricht aufgescheucht hatte, die Polizei würde nach ihm suchen. Er hätte Alina wegschicken und allein in der Verborgenheit bleiben können. Besser noch, er hätte zu Julian fahren und seinen elften Geburtstag feiern sollen.
    Jedoch muss ich gestehen, dass ich Zorbachs Verwirrung nachvollziehen kann und sogar teile, nachdem Alina das krumme Ultimatum preisgab.
    Je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir jedoch, dass es für all die Ereignisse eine logische Erklärung gibt. Geben muss. Was halten Sie hiervon:
    Ich war müde an jenem Tag in Alinas Physiotherapiepraxis. Während ich auf den Beginn der Massage wartete, fielen mir die Augen zu. Vielleicht habe ich schon geschlafen, eingelullt durch die sanften Klänge der Entspannungsmusik? Habe im Traum geredet? Eine Zahl gemurmelt? Fünfundvierzig Stunden und sieben Minuten. Womöglich hat Alina kurz zuvor etwas über den Augensammler gelesen oder im Fernsehen gehört und war darüber in Gedanken versunken, während sie mit dem nackten Fuß gegen die Vase stieß. Der Schmerz hat sich über jede andere Empfindung gelegt und sie vergessen lassen, was ihr Unterbewusstsein aufschnappte.
    Fünfundvierzig Stunden und sieben Minuten ... Das krumme Ultimatum.
    Aber wie konnte sie so sicher sein, dass ich die Bestie war, nach der alle Welt sucht? Schicksal oder Zufall?
    Ich gebe offen zu, ich weiß es nicht. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich jetzt, in diesem Augenblick, noch der Herr meiner eigenen Handlungen bin. Hat Alina den vorherbestimmten Lauf der Dinge gesehen, oder hat sie mich nur auf

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