Der Ausflug
Und das würde sein Vater ihm nie verzeihen. Er ging mit Toby nach draußen. Sowie er die Tür hinter sich zugezogen hatte, fragte er leise: »Dschungelbuch macht dir doch viel mehr Spaß, nicht?«
»Nein!«, schrie Toby. »Ich will auch! Ich will mitmachen!« »Aber du bist doch der Tiger, der gefährliche Shir Khan! Du musst in den Käfig, sonst frisst du alle auf.«
Toby war für einen Moment übertölpelt. Unsicher krümmte er die Finger seiner einen Hand. »Grrr!«, machte er.
»Braver Tiger. Brav.« Niels hielt ihn beim Schlafittchen, während er ihn auf der Suche nach einem geeigneten Käfig mitzerrte.
Wie lieb du immer zu Toby bist, mein kleines Marsmännchen. Das macht dir keiner nach.
Er blieb abrupt stehen. Wo kamen diese Worte her? Er schaute zurück. Und mit einem Mal kapierte er es. Tot war nicht gleich tot, Mensch, erst jetzt ging es ihm auf. Wie oft kam es nicht vor, dass er selbst etwas zu seiner Mutter sagte, beinahe aus Versehen: Mam, ich hatte eine Acht in Sätzebilden, ehrlich. Man brauchte also gar kein Glas dazu, es ging einfach über das Herz. Wie bei seiner Mama, die immer für alles eine Lösung wusste, so groß das Problem auch sein mochte.
»Sind Gitter vor meinem Käfig?«, fragte Toby hoffnungsvoll.
Mit einer sonderbaren Leichtigkeit schob er ihn um die Ecke, zum Schuppen hin. Da standen gleich vier rostige Fahrräder und ein Stapel Plastikgartenstühle. Daneben lag ein ganzer Berg von der Sonne verschossener Kissen. Er verfrachtete die Kissen in eine Ecke, setzte Toby obendrauf und schleifte dann die Fahrräder über den Betonboden, bis sie quer vor seinem kleinen Bruder standen.
»Grrrr«, machte Toby entzückt und rüttelte an den Speichen, die jetzt Gitterstäbe waren.
Schau mal, Mama, Toby ist Shir Khan! Er war sich plötzlich sicher, dass sie es sehen konnte.
»Ich hol kurz einen Fressnapf für dich.« Schnell lief Niels zum Häuschen zurück. Er war so froh, dass ihm war, als fliege er. Aber auf der Schwelle blieb er erschrocken stehen. Die Gurken waren noch da.
Die Engel blickten erwartungsvoll Yaja an, die gerade mit befriedigtem Gesicht den Telefonhörer auflegte. »Geritzt«, sagte sie. »Und den kleinen Finger krieg ich. Kapiert?«
»Gerade noch rechtzeitig, Niels«, giftete Marleen. »Sonst hätten wir ohne dich angefangen.«
»Wenn mich nicht alles täuscht, sah unsere Beatrijs doch früher ganz anders aus, oder?«, fragte Timo. Er hatte die Füße auf den Tisch gelegt und schwenkte den letzten Rest Sekt in seinem Glas. »Immer blühend und gepflegt. Hoffentlich läuft Gwen nicht auch irgendwann in solch biederen Klamotten rum.«
»Ich habe ihr diese Woche noch eine Strickjacke von Veronica angeboten.« Laurens hörte an seiner Stimme, dass er genauso beschwipst sein musste wie Timo. Er erhob sich, um sich eine Tasse kalt gewordenen Kaffee einzuschenken.
»Wem, Gwen?«
»Nein, Beatrijs.«
»Ach, Veronica.« Timo seufzte. »Wenn Veronica noch da wäre, wäre es nie so weit gekommen. Sie hätte mit diesem Leander doch gleich kurzen Prozess gemacht, meinst du nicht?«
Sie saßen zu zweit in der Küche, Timo und er. Beatrijs war kurz zu Bobbie rübergegangen. Gwen und Leander waren oben dabei, Babette in ihr Bettchen zu legen.
»Er hat Babette angeblich jeden Tag gesehen! «, entfuhr es Timo ungewöhnlich bissig. »Also frage ich dich: Wieso hatder Mann sie denn gesehen ? War Babette etwa die ganze Zeit bei ihm? Und warum sieht er jetzt nicht auch, wo dieser durchgeknallte Entführer steckt, damit man den verhaften kann? Veronica hätte diesen Schleimscheißer sofort entlarvt. Die hätte ihm mal ordentlich die Meinung gegeigt. Der brauchte man mit so was nicht zu kommen.«
Unversehens berührten die letzten Worte Laurens sehr unangenehm. Aber er hatte keine Gelegenheit, weiter darüber nachzudenken, da Gwen und Leander wieder hereinkamen.
»Es wird langsam Zeit für uns, ihr Lieben«, sagte Leander leutselig. »Ich hole jetzt Beatrijs, und dann sagen wir Auf Wiedersehen. Ich kann doch innen hindurch zum Laden?«
»Ja, aber es ist ein ziemliches Drunter und Drüber. Ich werde es dir kurz zeigen«, sagte Gwen. Sie hatte gerötete Wangen.
»Das macht Laurens schon«, entschied Timo eigenmächtig.
In der Hoffnung, dass das Koffein seine betäubten Hirnzellen beleben würde, kippte Laurens seinen Kaffee hinunter. Er stellte die Tasse so unsanft hin, dass sie kurz auf ihrer Untertasse kreiselte.
Als er Leander gleich darauf durch den Flur zum Vorderhaus
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