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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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nicht gelingen. Ich lasse mich von dir nicht zum Quacksalber degradieren.«
    Berufsehre, dachte Laurens verwirrt. Das war wahrscheinlich ein Teil der Abrechnung, die Leander noch bei ihm guthatte. Aber schon stark, dass er dabei genau die Ausdrücke verwendete, in denen er immer über ihn gedacht hatte. Und wenn Leander offenbar imstande war, seine Gedanken zulesen, dann konnte er noch mehr. »Aber ist es denn unmöglich, mit einer Verstorbenen zu kommunizieren? Willst du das damit sagen?«
    »Herrgott, Mann. Nur schlechte, erdgebundene Entitäten klammern sich an den Kontakt mit den Lebenden. Die Lebenden sind ihr einziges Verbindungsglied zum physischen Menschen. Ihnen muss man mit größtem Misstrauen begegnen.« Dann trat er seine großen Füße auf der Matte ab und ging in die Küche.
    Einen Augenblick lang blieb Laurens wie betäubt stehen. Nur schlechte Entitäten klammerten sich an den Kontakt mit den Lebenden. Denen musste man mit größtem Misstrauen begegnen. Auf diese Möglichkeit war er noch gar nicht gekommen, aber wer sagte eigentlich, dass Veronica etwas Gutes mit ihm vorhatte? Warum sollte sie auch? Vielleicht kam sie Niels seinen Gutenachtkuss geben, um ihm so ganz nebenbei etwas ins Ohr flüstern zu können. Es sah ihr durchaus ähnlich, zu wollen, dass ihre Kinder die Wahrheit erfuhren. Wussten, dass ihr Vater sie auf dem Gewissen hatte.
    Mit einem Schleier vor Augen trat er ins Haus.
    »Ach, war Beatrijs nicht mehr bei Bobbie?«, sagte Gwen gerade zu Leander. »Dann macht sie bestimmt einen kleinen Spaziergang im Garten.«
    »Dann schau ich da mal nach.«
    Sowie Leander weg war, murmelte Timo, der immer noch die Füße auf dem Tisch hatte: »Ganz schön blind auf einmal, der Vogel. Er müsste doch von hier aus sehen können, wo sie ist.«
    »Du bist blau«, sagte Gwen böse.
    »Betrunkene Menschen sprechen die Wahrheit, Maus.« »Wo sind Niels und Toby?«, fragte Laurens gehetzt.
    »Sie sind alle oben, glaub ich.« Vage wedelte Timo mit der
    Hand zur Decke.
    Laurens ging auf den Flur hinaus. »Niels!«, rief er unten an der Treppe. »Toby!«
    Oben verstummten die aufgedrehten Kinderstimmen. Nach einer Weile öffnete sich eine Tür, und Niels kam ein paar Treppenstufen heruntergehüpft. »Was ist?«
    »Ich wollte nur eben nachsehen, ob alles in Ordnung ist.« »Ja.« Sein Sohn hatte ganz rote Ohren und etwas Wildes im Blick. Offensichtlich trieben sie dort oben Unfug.
    Laurens wurde einen Moment etwas leichter ums gepeinigte Herz. Niels war jung genug, um alles wieder vergessen zu können. Und Toby war noch nicht einmal alt genug, um zu verstehen, was seine Mutter zu erzählen hatte. Aber das würde nicht so bleiben. »Auch mit Toby?«
    »Der spielt Dschungelbuch.«
    »Ach. Und ihr nicht?«
    »Wir schreiben einen Brief. Wir haben...« Erschrocken schaute Niels nach oben, von wo plötzlich eindringliches Flüstern zu hören war. Er wurde offenbar zurechtgewiesen.
    Womöglich fiel er noch bei den Damen in Ungnade. »Dann mach mal schnell weiter mit dem Brief. Wo kann ich Toby finden?«
    »Lass, ich geh ihn schon holen.« Mit ein paar Sprüngen war sein Sohn die Treppe hinunter, tauchte unter seinem Arm hindurch und schoss wie der Blitz davon.
    Sie hatten Toby also irgendwo allein spielen lassen. Man konnte ihnen das nicht verübeln, aber traurig war es schon für das kleine Krokodil. Er wollte Niels gerade hinterhergehen, als die Treppe erneut knarrte und Yajas Leierstimme erklang: »Was willst du denn schon wieder, Laurens?«
    Ihre schwarzen Stiefel befanden sich ungefähr in Höhe seines Scheitels, sodass er den Kopf in den Nacken legen musste, um sie anzusehen. »Das könnte ich besser dich fragen«, entgegnete er giftig. »Und da wir einander nun schon sprechen,Prinzessin auf der Erbse, warum hast du deinem Vater Lügen über mich erzählt?«
    Er ging davon aus, dass sie Unwissenheit oder Unschuld vortäuschen würde. Stattdessen zuckte sie die Achseln. »Mir war grad so danach.«
    Er war verblüfft. »Mit so was kann man jemandem ziemlichen Ärger einhandeln, ist dir das eigentlich klar?«
    »Na und?« Sie schien ein Gähnen zu unterdrücken.
    Mir war grad so danach. Das genügte so einem Balg als Begründung. Ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, ging er hinaus. Hinten im Garten hörte er Leander nach Beatrijs rufen. Seine Stimme hatte einen scharfen, zwingenden Ton.
    Wo konnte Beatrijs stecken? Vielleicht war sie nach Bobbies Anruf irrtümlich zum Sommerhaus gegangen anstatt in den

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