Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
Vom Netzwerk:
lösten sich zwei Gestalten aus dem Schatten der Schutthügel und kamen auf Steiner zu. Sie trugen einfache schwarze Arbeitskleidung. Der eine war mit Hose und langem Obergewand, der andere mit einem Kaftan bekleidet. Beide bedeckten ihr Haar mit einfachen runden Mützen.
    »Masâ’ al-chair«, murmelte Steiner, als der Araber vor ihm stand. »Schön, dich zu sehen, Abdullah.«
    »Masâ’ an-nûr«, antwortete der mit Abdullah Angesprochene, und sein Blick wanderte zu Krüger, der langsam näher kam.
    Beide Araber trugen Gewehre. Es waren türkische Armeegewehre M87 im Kaliber 9,5 mm der deutschen Firma Mauser mit Röhrenmagazin.
    Steiner speicherte dieses Detail, denn eine solch moderne Ausrüstung war bei den Arabern selten zu finden. Vorderlader waren da schon eher üblich. Andererseits hatte es für ihn keine Bedeutung mehr.
    »Auf Beduinenjagd?«, fragte Steiner Abdullah, und überging damit das übliche Begrüßungszeremoniell, sich zunächst nach Abdullahs Befinden zu erkundigen.
    »Man kann sich nie sicher sein.«
    »Oder hast du Angst vor mir?«
    »Abdullah hat vor niemandem Angst – das weißt du doch.«
    »Was ist mit den anderen?«
    »Entweder sind sie im Dorf, oder sie arbeiten weiter südlich an den Tempelanlagen, die ihr ›Turm von Babel‹ nennt. Aber das Grundwasser macht ihnen immer wieder zu schaffen.«
    Steiner nickte. Koldewey hatte oft genug geflucht, dass er nur die neubabylonischen Ruinen aus der Zeit Nebukadnezar II. und nicht auch die alten Schichten der Stadt aus der Zeit Hammurapis freilegen konnte, weil das Grundwasser in diesem Gebiet zu hoch war.
    »Was ist mit dem Gebet?«, fragte Steiner.
    »Allah ist voller Güte. Wir holen es nach.«
    »Du hast von einem Schatz gesprochen.«
    »Und du von englischen Pfund in Gold.«
    Steiner kannte Abdullah seit Jahren. Der Araber war Vorarbeiter einer Ausgrabungsgruppe, hatte den Boden aufzulockern und mit wachen Augen zu suchen und zu finden, während drei weitere seiner Leute den Schutt in Tragekörbe füllten, die dann von sechzehn Trägern weggeschafft wurden.
    Die fünf Piaster Tageslohn als Vorarbeiter reichten Abdullah nicht. Für Geld lieferte er neben Informationen über die Ausgrabungen alles, was er bei seinen Verwandten, im Dorf und in der Gegend über die englischen Aktivitäten aufschnappte.
    Steiner war auf Menschen wie Abdullah angewiesen. Er selbst fiel mit seiner Größe und seiner extrem hellen Haut sofort als Fremder auf. Und er tat sich schwer mit der arabischen Sprache. Er hätte sich nie wie Krüger unter die Einheimischen mischen können.
    »Zeig sie mir.« Abdullahs Augen glühten vor Erregung.
    Steiner zog ein weißes Tuch aus dem kleinen schwarzen Lederbeutel an seinem Gürtel und ließ die Goldmünze in Abdullahs geöffnete Handfläche fallen.
    »Allemal besser als osmanisches Geld.«
    »Wie viel davon gibst du mir?«, fragte Abdullah und schloss die Hand um die Münze.
    »Das kommt darauf an…«
    Abdullah wiegte verschwörerisch den Kopf. »Ich habe etwas Besonderes!«
    Sie zündeten Fackeln an.
    Abdullah und der schweigsame Kamal führten sie an aufragenden Ziegelmauern vorbei. Sie passierten die Reste der mächtigen inneren Stadtmauern und stiegen hinab in das Wirrwarr der ausgegrabenen Hauptburg.
    Die Flammen der Fackeln warfen Geisterwesen an die Ziegelwände und lockten Insekten in Schwärmen an. Steiner fluchte und unterdrückte den ständigen Drang, mit der Hand nach den Plagegeistern zu schlagen.
    »Wo führst du uns hin?«, fragte er misstrauisch, als er die Orientierung in dem Labyrinth aus Mauern und engen Gängen verlor.
    »Nebukadnezar hat seine Beute verborgen, manchmal aber auch ausgestellt«, sagte Abdullah lachend. »Es hat sich nichts geändert in den Tausenden von Jahren. Die Großen der Welt waren und sind alle gleich. Heute wie damals. Die Babylonier durften nur das Plünderungsgut aus den siegreichen Feldzügen bewundern, das für ihre Augen bestimmt war. Aber was ich dir zeige, hat keiner gesehen. Wir sind gleich da.«
    Abdullah lachte kehlig, und Kamal gluckste zufrieden.
    Steiner wusste plötzlich, wohin Abdullah sie führte. Sie waren unterwegs zu den Grabgewölben. Die einzigen, die Koldewey bei den Ausgrabungen gefunden hatte.
    »Die Grabgewölbe waren doch leer«, sagte er und griff nach Abdullahs Arm. »Was wollen wir da?«
    Abdullah schüttelte seinen Arm ab, bog plötzlich um eine
    Mauerecke und hielt dann vor einer hohen Ziegelwand an. Er richtete seine Fackel nach unten und suchte

Weitere Kostenlose Bücher