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Der Babylon Code

Der Babylon Code

Titel: Der Babylon Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Bischofsstabes.
    Er war gerade, aber nicht so gerade wie ein mit Werkzeugen gefertigter Krummstab. An mehreren Stellen sah er kleine Knoten, an denen junge Triebe als Äste hatten wachsen wollen, die jedoch abgeschnitten worden waren.
    Der Stab war glatt, seltsam glatt. Ganz besonders oben, kurz bevor die Krümmung begann. An der Stelle, wo die Hand ihn immer griff, millionenfach, war die Fläche so glatt wie bei einem geschliffenen Diamanten. Einem schwarzen Diamanten. Denn der Schmutz der Hände hatte den Stab dort dunkel werden lassen.
    Es konnte kein Bischofsstab sein, dachte er. Die Hände eines Bischofs waren nicht schmutzig.
    Ansonsten war der Stab dunkelgrau, von seiner Rinde befreit, knochentrocken und eingefärbt von Licht und Regen.
    Auf die Erde gestellt, reichte er einem mittelgroßen Träger vielleicht bis zur Stirn, überragte ihn aber nicht. Unten, am geraden Ende, wo ein Bischof seinen Stab nicht anfasste, schloss er mit einer Metallspitze ab. Die Rundung des Stabes oben war anstelle der Schnecke mit einem Haken versehen, der sich gut um die Hinterbeine der Tiere legte.
    Dann sah er den Mann, der den Krummstab in der Hand hielt. Der Mann war tatsächlich mittelgroß. Er wusste es. Er hatte ihn jetzt schon gut zwei Dutzend Male gesehen. Oder war es noch häufiger gewesen?
    War es von Bedeutung?
    Er wusste keine Antwort darauf.
    Der Mann trug einfache und farblose Kleidung, gewoben aus der Wolle der Tiere. Seine Schuhe waren fest, und auf dem Kopf trug der Mann einen verbeulten Strohhut mit breiter Krempe.
    Das Gesicht des Mannes war hager wie seine Gestalt auch. Entbehrung und körperliche Anstrengung zehrten an dem Mann, der im hellen Sonnenschein auf einem karstigen Felsen stand, der an wenigen Stellen mit trockenem Gras überzogen war. Die Gesichtshaut war von der Sonne ledern gegerbt und dunkel getönt, und es war ihm unmöglich, das Alter des Mannes einzuschätzen. Aus der Haut der kräftigen Unterarme und Hände sprossen dunkle Haare, die fast so dicht wie die Wolle der Tiere waren.
    Sein Bild erweiterte sich, und der Papst sah die Schafherde. Wie immer.
    Die Tiere standen nicht dicht beieinander, sondern grasten auf der Suche nach saftigem Futter weit versprengt in dem hügeligen Felsgebiet.
    Der Mann lehnte auf seinem Krummstab, das Gewicht des Oberkörpers mit den Händen auf dem geraden Ende des Stabes abfangend, das runde Ende schräg nach vorn auf den Boden gestemmt.
    Er stand auf einem kleinen Felsvorsprung oberhalb der Herde, von wo aus er einen guten Überblick über das Gelände hatte. Trotzdem hatte der Mann nicht alle seine Tiere im Blick. Große Felsbrocken im Gelände versperrten ihm die Sicht, und wenn eines seiner Tiere dahinter verschwand, war es für ihn nicht mehr zu sehen.
    »Wo ist dein Hund? Wache über deine Herde!«, schrie er.
    Aber der Hirte hörte ihn nicht.
    Er hörte den Flügelschlag. Kraftvoll, mächtig, nicht hektisch, sondern ruhig und entschlossen. Wie immer.
    Der Hirte aber rührte sich nicht. Er verharrte in seiner Stellung, als interessiere ihn die Herde nicht.
    Der Hirte musste ihn doch sehen! Er sah ihn doch auch!
    Ein Punkt am Himmel, plötzlich mächtig groß. Die Krallen ausgefahren an kräftigen Beinen. Übergroß sah er den gelblichen Schnabel und die gierigen Augen des todbringenden Jägers.
    Dann bohrten sich die Krallen an den steif ausgestreckten Beinen tief in den Schädel des Lamms. Der Adler überschlug sich, riss das Lamm mit zu Boden, ließ nicht los. Er kämpfte mit langsamen und kraftvollen Flügelschlägen gegen das Gewicht zwischen seinen Krallen an, hob ab, sackte wieder zu Boden, als der Körper seines Opfers im Todeskampf zuckte und dem Adler den Aufstieg erschwerte.
    Sie fielen zu Boden. Der Hakenschnabel des Adlers hackte in die Knochen zwischen seinen Beinkrallen.
    Der Mann auf dem Felsvorsprung regte sich nicht.
    Der Adler erhob sich mit schweren Flügelschlägen vom Boden. Die Beute zwischen seinen Krallen bewegte sich nicht mehr. In Sekunden gewann der Adler an Höhe und verschwand.
    »Die Schuld trifft den Hirten!«

    Schweißgebadet richtete sich Papst Benedikt im Bett auf. Sein Herz raste, und mit den Gedanken war er sofort wieder bei dem Fehler, den er womöglich begangen hatte. Der Traum erinnerte ihn immer wieder an seine Mission.
    Er tastete nach dem Lichtschalter und quälte sich mühsam aus dem Bett. Aus einer Karaffe goss er Wasser in ein geschliffenes Glas und trank mit hastigen Schlucken.
    Die Kühle tat ihm gut. Das

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