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Der Bär

Der Bär

Titel: Der Bär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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geschwätzt hatten, begann er unvermittelt: »Also, da war eine junge Dame hier. Was heißt jung ... also vielleicht so um die dreißig. Schmal, sehr klein, feuerrotes Haar, gefärbt. Eine Schnauze wie ein Maschinengewehr, studierte Historikerin. Die sitzt an einer Doktorarbeit. Über Gerolstein. Also nicht über Gerolstein, wie das heute so ist, sondern über ein Jahr, ein bestimmtes Jahr. 1888.« Er grinste. »Ich sehe, Sie lächeln, aber die hat irgendwie Power. Sie will nämlich einen Mord beweisen. Also, nicht einen Mord, sondern vielmehr ... also, sie will einen Täter nach hundertelf Jahren fassen und überführen, und ...«
    »Lebt der in einem Altenheim?«
    Er begann schallend zu lachen. »Nein, nein. Sie behauptet, dass sie ziemlich sicher weiß, wer den Mord begangen hat. Geht so was überhaupt?«
    »Das könnte klappen. Immer vorausgesetzt, sie hat die Leiche.«
    Er war entzückt: »Die, ausgerechnet die, hat sie nicht.«
    »Dann wird es nicht gehen. Auf was hofft sie denn? Ich meine, sie muss doch irgendeinen Ansatzpunkt haben? Wenn schon keine Leiche, dann wenigstens ein schriftliches Zeugnis, dass jemand aufgrund von Gift oder körperlicher Gewalt zur Leiche wurde. Irgend so etwas muss sie doch haben.«
    »Sie ist noch mehr oder weniger jung«, bat er um Verständnis. »Sie hat eine Menge krauser Ideen im Kopf, aber auch eine Menge ganz vernünftiger Ansichten. Also, ich will mal sagen: Das, was sie vorhat, ist nicht ohne.«
    »Was ist denn, wenn ein altes Gerolsteiner Geschlecht drin-hängt?«
    »Das habe ich sie auch gefragt«, nickte er. »Aber da hat sie keine Bedenken. Sie sagt, das Geschlecht existiert nicht mehr.«
    »Das gibt es nicht«, erklärte ich aufgebracht. »Eifler sind nicht totzukriegen. Irgendeine Linie lebt immer wieder auf, irgendwer fühlt sich immer betroffen. Wie heißt denn die möglicherweise betroffene Sippe?«
    Er lachte glucksend. »Schmitz!«
    »Ach, du lieber mein Vater. Das könnte gehen, weil man immer behaupten kann: Sie sind nicht gemeint.«
    Wir schwiegen eine Weile, und ich widmete mich meinen Würstchen. Zusammen mit dem Kakao war das eine etwas herbe Mischung.
    »Tja«, meinte er dann, »eigentlich ist sie nach Gerolstein gekommen, um zu heiraten. Hat sie jedenfalls gesagt.«
    »Und wer ist der Glückliche?«
    Er grinste wieder. »Ob der so glücklich ist, weiß ich nicht genau. Er war zusammen mit ihr hier und hat in zwei Stunden genau zwei Worte gesagt: Guten Tag. Das war es dann. Und sie sagte: Mein Verlobter trinkt keinen Schnaps.«
    »Oh Gott, so was heiratet man doch nicht.« Dann nahm ich den unvermeidlichen Anlauf. »Und was, bitte, habe ich damit zu tun?«
    Er lächelte traumverloren in Richtung Fenster. »Ich habe ihr gesagt, sie könnte vielleicht mit Ihnen zusammentreffen. Also, ich habe vielleicht gesagt, nichts versprochen oder so.«
    »Habe ich das richtig verstanden, die junge Frau ist aus Gerolstein?«
    »Richtig, der Vater sitzt im Sprudel. Irgendein höheres Tier.«
    »Und der Name?«
    »Schmitz natürlich. Sie heißt Tessa.«
    »Ich denke, so heißen nur Pferde.«
    »Irgendwie ist sie ein Pferd.« Er sah mich an, weil er natürlich versprochen hatte, dass diese Tessa mich treffen könnte. Er lächelte lieblich.
    »Also gut, sie soll kommen. Heute Nachmittag in meinem Garten. Vierzehn Uhr. Und pünktlich.« Dann machte ich mich über den Rest meines Frühstücks her, und wir sprachen Belangloses. Ich erwähnte nur noch: »Sie sollte ihren Verlobten mitbringen. Der Mann interessiert mich.«
    »Vielleicht eröffnen wir einen Hilfsfond«, murmelte er auf seine treffliche Weise. »Der Mann ist blond, dürr, trägt eine Nickelbrille und wirkt so hoffnungsfroh wie Boris Jelzin.«
    »Ich zahle zehn Mark ein«, versprach ich leichtsinnig. Dann trollte ich mich.
    Es war klar, dass ich mir Hilfe holen musste, ehe ich allein diesem Maschinengewehr und dem Verlobten gegenübersitzen würde. Wer hat schon mal mit einer Dame geplaudert, die nach hundertelf Jahren einen Mörder überführen will?
    Ich hockte mich also an den Teich und rief Rodenstock an der Mosel an. Er war nicht da, stattdessen erklärte Emma lammfromm: »Rodenstock hier. Und bitte, verkaufen Sie mir nichts.«
    »Ich habe aber etwas ganz Besonderes für Sie, gnädige Frau. Ein Unterwäscheset, dass Ihrem hochzuverehrenden Gatten die Augen klingeln werden.«
    »Baumeister, du Ekel. Macht nichts, ich liebe dich trotzdem. Hast du dich verliebt?«
    »Nein, wieso? Sollte ich? Habe ich da etwas

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