Der Bär
dreiviertel Jahr später, war er plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Zuerst nahm Wölber an, Wesendonker sei nach Amerika gegangen, um seine Maria doch noch zu suchen. Aber dann fand er durch Zufall heraus, dass Wesendonker seinen Namen gewechselt hatte. Er nannte sich nicht mehr Wesendonker, sondern Wesendonker-Schnigger. Er hatte also einen Doppelnamen eintragen lassen. Und wer Verwaltungen kennt, der weiß, dass hinter so etwas ein Plan stecken kann, der... «
»Er nannte sich irgendwann nur noch Schnigger, wetten?«, fragte ich.
»Richtig!«, strahlte der Alte. »Der Kandidat gewinnt ein Wasserschloss am Niederrhein. Ein preußischer Beamter, der Zeit hat, kann seinen Namen langsam und systematisch ändern. Er braucht nur im Zeitraum von einigen Jahren zweimal angeben, sein Pass sei verloren gegangen. Irgendwann wurde aus Karl-Heinrich Wesendonker Karl-Heinrich Wesendonker-Schnigger und dann letztlich Karl-Heinrich Schnigger. Und dieser Karl-Heinrich Schnigger taucht eines Tages, genau fünf Jahre nach den Ereignissen in Gerolstein, als Leiter einer kleinen Steuerstelle wieder auf und lebt sein Leben friedlich und unbeweibt zu Ende.«
»Wo?«, fragten Rodenstock und ich gleichzeitig.
Der Alte begann hoch und schrill zu kichern. »In Bad Münstereifel in der schönen Eifel.«
Das Gelächter war gewaltig, und ich spürte eine Art sanfte Sympathie für diesen Wesendonker in mir. Was, um Gottes Willen, war an seinem Leben so sündig? Dass er geliebt hatte? Dass er dabei war, als Tutut starb? Dass er womöglich - obwohl zu verurteilen - in Angst und Panik selber zuschlug? Rodenstock hatte recht: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
Der Alte fragte: »Sagt mal, Leute, wann wird denn die Geschichte erscheinen?«
»Das kann dauern. Ein Jahr oder auch zwei«, sagte Emma. »Schließlich wird es eine Doktorarbeit.«
»So lange?«, fragte er misstrauisch. »Na gut. Dann wird der liebe Herrgott noch ein wenig auf mich warten müssen. Junge, schieb mich in die Sonne, ich fühle mich gut.«
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