Der Barbar
Da gibt es zahlreiche Unwägbarkeiten.«
»Ja«, murmelte sie, »das will ich wohl glauben.« Sie räusperte sich und fragte dann: »Eine andere Möglichkeit siehst du nicht?«
»Nein.«
»Und Myxin?«
»Der wäre ideal. Die Flammenden Steine können der Ausgangspunkt zu einer Reise in die Vergangenheit werden. Aber ich kenne den Weg nicht. Ich kann nicht einfach sagen, jetzt gehe ich dahin und begebe mich auf eine Reise in die Vergangenheit. Das ist schlecht.«
»Verstehe.«
»Myxin und Kara halten sich raus. Ich verstehe das zwar nicht immer aber ich muss es akzeptieren.«
»Das verstehe ich.«
»Es liegt an dir, Purdy, ob wir es wagen sollen oder nicht. Du musst dich entscheiden.«
Purdy Prentiss tat sich schwer. Sie stand auf und ging hin und her. Zum Fenster hin, dann wieder zurück. Ich sah ihr an, wie sehr sie grübelte, und als sie wieder ihren Platz einnahm, hatte sie sich noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen.
Auf ihrem Gesicht malten sich die Zweifel ab, als sie mich anschaute. »Mal ehrlich, John, wie hast du dir das denn alles vorgestellt? Willst du mich in Hypnose versetzen?«
»Das wohl nicht.«
»Aber du kannst es?«
»Jaaa...«, gab ich gedehnt zu. »Ich habe es schon praktiziert durch mein Kreuz. Aber das wird uns kaum helfen. Wir haben es hier mit Atlantis zu tun. Das darfst du nicht vergessen. Da herrschen andere Gesetze. Da hat niemand an ein Kreuz gedacht.«
»Was bliebe dann? Etwa ein Scharlatan?«
»Nein, das auf keinen Fall, Purdy. Wenn, dann würde ich einen Fachmann kommen lassen. Einen Wissenschaftler. Eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet. Er würde dich sehr vorsichtig behandeln. Aber wie ich schon erwähnte, die Entscheidung liegt einzig und allein bei dir.«
»Das weiß ich.« Sie schaute auf ihre Schuhe. »Bis wann muss ich mich entscheiden?«
»Es gibt kein Limit, Purdy. Alles ist einzig und allein deine Sache. Du bist eine erwachsene Frau und musst für dich selbst entscheiden.«
Sie nickte einige Male. »Ja, das wird wohl so sein.« Dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist furchtbar, ich darf gar nicht darüber nachdenken. Zuerst hat es Eric erwischt, und nun bin ich an der Reihe. Wenn ich an Eric denke, dann kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass meine Chancen sehr gering sind.«
»Vergleiche dich nicht mit Eric.«
»Doch, John«, flüsterte sie, »das mache ich. Das muss ich sogar machen. Eric war der bessere Kämpfer. Dagegen kannst du wirklich nichts sagen. Selbst er hat es nicht geschafft. Jetzt frage ich mich, wie ich das alles schaffen soll.«
»Du stehst nicht allein.«
»Danke, das weiß ich. Aber...«
»Es gibt kein Aber. Myxin ist nicht grundlos bei mir erschienen. Er hat mich gewarnt. Er will, dass ich gegen diesen Barbar antrete und ihn vernichte...«
»Verdammt nochmal!«, schrie Purdy. »Warum greift er denn nicht selbst ein?«
»Ich weiß es nicht.«
Stöhnend ließ sie sich zurück in den Sessel fallen und kniff die Augen zusammen. Es ging ihr alles andere als gut. Im Innern musste ein Vulkan kochen. Sie wusste auch nicht, ob das, was sie tat, überhaupt richtig war. Und sie war noch immer mit den Erinnerungen an ihren toten Freund behaftet.
Es wäre wirklich fantastisch gewesen, wenn wir ihr früheres Leben wie einen Videofilm hätten abrufen können, doch das war leider nicht der Fall.
In der nächsten Minute sagte keiner etwas. Wir hingen unseren Gedanken nach. Das Zimmer der Wohnung war zu einem riesigen Dom geworden, in dem tiefe Stille herrschte. Sonst gab es nichts.
Doch es gab etwas!
Ich hörte es zuerst.
Es war ein feines Singen oder Jaulen, das aber nicht von irgendwelchen Stimmen abgegeben wurde, sondern von einem Instrument, das, falsch eingesetzt, schrecklich sein konnte.
Eine Kettensäge!
***
Ich tat nichts und blieb nur sitzen. Dabei bewegte ich die Augen. Ich suchte die Quelle des Geräusches, denn ich war sicher, dass ich mich nicht verhört hatte. Diese verdammte Säge war hier in der Nähe. Ich sah sie nur nicht, aber ich bildete mir das Geräusch auch nicht ein und auch nicht den Schauer, der über meinen Körper rann. Die Vorstellung, von einer derartigen Waffe aus dem Unsichtbaren bedroht zu werden, war einfach furchtbar.
Nachdem ich das Zimmer mit meinen Blicken durchforstet hatte und alles normal geblieben war, kümmerte ich mich um Purdy. Wenn ich dieses Geräusch gehört hatte, musste es auch bei ihr der Fall gewesen sein. Aber Purdy reagierte nicht. Sie hockte auf ihrem Platz und schien
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