Der Barbar
noch eine Spur Leben in mir steckte, dachte ich nicht daran, aufzugeben. Diese Einstellung hatte mir schon verdammt oft das Leben gerettet, und ich riss mich auch hier zusammen.
Noch lag ich auf dem Boden. Ich hatte mich allerdings zur Seite gedreht und mich schon mit dem rechten angewinkelten Arm aufgestützt. Der Kopf schmerzte natürlich. Zudem schien er auf die zweifache Größe angewachsen zu sein. Es wäre besser gewesen, wenn ich liegen geblieben wäre. Das kam jedoch nicht infrage.
Ich musste weitermachen, denn ich wusste genau, was mir bevorstand. Ich hatte die Erinnerung an die Vorgänge kurz vor meiner Bewusstlosigkeit.
Zwei Personen drängten sich vor.
Purdy Prentiss und der Barbar!
Dieser Hundesohn hatte es geschafft, mich bewusstlos zu schlagen. Was das bedeutete, lag auf der Hand. Jetzt hatte er freie Bahn. Er konnte sich um seine Geliebte kümmern. Und wie das aussah, daran wollte ich gar nicht denken.
Eric La Salle war getötet worden. Ich musste davon ausgehen, dass auch Purdy Prentiss dieses Schicksal bevorstand. Eine alte Rache, eine Abrechnung.
Purdy Prentiss war verschwunden. Der Barbar ebenfalls.
Da gab es nur eine Erklärung. Er hatte Purdy weggeschafft. Er war mit ihr zu einem Ort gegangen, an dem er sich allein mit ihr aufhalten konnte.
Und was sonst noch...?
Nicht daran denken!, hämmerte sich mir ein. Nur nach vorne sehen. Zuerst musste ich auf die Füße kommen und ins Freie gelangen.
Es war nicht leicht in meinem Zustand. Als ich nach einer Drehung endlich stand und aus dem Felsspalt wankte, da schwamm ich weg. Oder die Landschaft zog sich vor mir zurück. Ich taumelte fast auf der Stelle und riss mich dabei wahnsinnig zusammen, denn ich wollte nicht schon wieder fallen.
Der Schwindel war schlimm, doch ich war stärker und freute mich über den kleinen Sieg.
Das scharfe Einatmen. Die Luft fuhr zischend durch meine Kehle in die Lunge. Der Atemzug hatte mir gut getan. Ich fühlte mich danach wieder besser, doch fit war ich nicht.
Noch immer schwankte ich leicht. Ich musste erst zur Ruhe kommen, bevor ich mich auf den Weg machte. Schließlich würde ich auf einen Gegner treffen, der mir in allen Dingen überlegen war und seine verdammte Kettensäge perfekt beherrschte.
Nur hörte ich sie nicht.
Ob ich darüber beruhigt sein sollte oder nicht, wusste ich nicht. Möglicherweise war schon alles vorbei. Der Gedanke daran trieb die Angst in mir hoch.
Die Höhle war verschwunden. Ich befand mich an einer anderen Stelle in dieser verfluchten Welt und sicherlich auch in dieser Zeitblase.
Ich sah den flachen Boden, und ich sah etwas, das aus ihm hervor in die Höhe ragte.
Mein Herzschlag raste, denn es waren die verdammten Pfähle. Nun wusste ich, wo ich mich befand. Hier waren Purdy und ich schon einmal gewesen.
Lange darüber nachdenken konnte ich nicht. Denn ich bekam etwas zu sehen, das meinen Atem stocken ließ. Nicht weit von den besetzten Pfählen entfernt befanden sich zwei leere.
Und genau dort bewegten sich zwei Gestalten.
Zum einen Purdy Prentiss, zum anderen der Barbar!
Was er mit Purdy vorhatte, lag auf der Hand. Sonst hätte er sie nicht zu den Pfählen gebracht. Sie sollte als seine Geliebte den grausamsten Tod sterben, den man sich überhaupt vorstellen konnte...
***
Nein, nein, das war kein Traum. Das war die grausame und allerschrecklichste Realität. Der Pfahl war zu sehen. Es gab ihn. Keine Einbildung, ebenso wenig wie der Griff des Barbaren, der einfach nicht lockerlassen wollte.
So wurde Purdy immer näher an den Pfahl herangezogen und schließlich vor ihm zu Boden geschleudert. Sie prallte mit der rechten Schulter gegen das alte Holz. Es kam ihr in den Sinn, das es blutgetränkt sein konnte von all den anderen Menschen, die schon an ihm gehangen hatten. In ihren Ohren glaubte sie all die Schreie der Bedauernswerten zu hören, die hier ihr Leben verloren hatten.
Über sich hörte sie das Keuchen des Barbaren. Bisher hatte er noch kein Wort mit ihr gesprochen. Den Grund kannte sie. Sie verstand seine Sprache nicht. In ihrem zweiten Leben war eben die Erinnerung an das erste radikal gelöscht.
Purdy lag auf dem harten Boden. Das Gesicht so nahe in der Nähe des Pfahls, dass sie ihn fast berührte. Sie nahm den Geruch wahr, und wieder glaubte sie, etwas aus der Vergangenheit wahrnehmen zu können, das sich hier eingenistet hatte.
Der feuchte Geruch des Bluts, das die Menschen hier verloren hatten. Der Barbar blieb in ihrer Nähe. Sie spürte ihn, denn
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