Der Bastard und die Lady
„Sie alle sind jetzt erwachsene Männer, die frei sind zu tun, was immer sie wollen.“
Jack verbeugte sich in ihre Richtung. „Vielen Dank, Lady Chelsea. Aber verstehen Sie, ich glaube, unsere Rollen gefallen uns ziemlich gut. Nicht wahr, Brüder?“
„Ich glaube, einem von uns gefällt die seinige zu gut“, sagte Beau mit ausdruckslosem Ton. „Wir müssen gehen, denn wir wollen morgen frühzeitig aufbrechen.“
Jack nickte. „Du nach Norden, ich nach Süden und Puck, wohin der Wind ihn weht. Gebt Acht. Ich habe gestern Abend auf dem Weg von Leeds hierher die Kutsche von Brean gesehen. Ich habe mir erlaubt, im Gasthaus Halt zu machen, wo ich für ein bisschen Ärger gesorgt habe, der sie hoffentlich aufhalten wird. Doch vielleicht mietet Brean einfach eine andere Kutsche.“
Chelsea schlug sich eine Hand vor den Mund, um nicht nach Luft zu schnappen. Plötzlich erschien es ihr kalt im Zimmer. Kalt wie ein Grab.
„Ärger?“ Puck sah seinen Bruder an. „Versteh mich richtig, ich mache mir keine Sorgen, aber anscheinend hast du den Hang, Umgang mit Mördern zu pflegen. Angesichts dessen: was für Ärger?“
„Ärger, an dem du sicher Spaß hättest. Die Speichen anzusägen hätte zu einem Unfall führen können, trotzdem, ich habe mit dem Gedanken gespielt. Am Ende aber begnügte ich mich damit, mir eine halbes Dutzend von den Hühnern des Wirts auszuleihen und über Nacht in der Kutsche einzusperren. Sorgt euch bitte nicht um das Wohlergehen der Vögel, denn ich habe den Burschen, den ich zur Ausführung der Tat angeheuert hatte, angewiesen, reichlich Futter in die Kutsche zu streuen. Auf die Sitze, auf den Boden … Mein Gott, Beau, du scheinst ja sehr zufrieden mit mir zu sein. Wie schön.“
Sie kehrten in ihr früheres Versteck zurück, nachdem sie Jack verlassen hatten. Beau fragte sich, wieso sein Bruder ihn immer so sehr in Rage brachte und wieso er ihn so sehr mochte.
„Ich bin wirklich müde, Oliver“, sagte Chelsea und gähnte übertrieben zum Beweis. „Können wir jetzt bitte aufbrechen?“
Beau sah sie im Dunkeln an. Sie wandte sich ab.
„Es ist wegen Jack. Er traut ihm nicht“, erklärte Puck, der an einem weiteren Apfel nagte. „Jack hat gesagt, ein paar Männer würden kommen und ihm beim Transport der Gefangenen helfen, aber Beau ist da nicht so sicher und glaubt, Jack wollte uns nur loswerden. Stimmt’s, Bruderherz?“
Beau riss sich von Chelseas Anblick los. Etwas stimmte nicht. Er wusste nicht, was, oder woher er es wusste, aber er wusste es. Sie hatte nicht über Jacks Geniestreich mit den Hühnern gelacht. Sie hatte über Pucks Possen gelacht. Aber nicht über Jacks. Was war jetzt anders?
Ihr Bruder. Jack war auf ihren Bruder zu sprechen gekommen, darauf, dass er sie immer noch verfolgte. Hatte sie wirklich geglaubt, er würde aufgeben und nach London zurückkehren? Verdammt.
„Nein, es stimmt nicht. Ich bin lediglich neugierig. Ich möchte wissen, ob ich diese beiden Männer kenne. Ob es diese beiden Männer überhaupt gibt“, ergänzte er, denn Puck hatte nicht völlig unrecht. Insgeheim fragte er sich sogar, ob das Schicksal, das Jonas und sein Kumpan Jack zugedacht hatten, das gleiche war wie das, welches er ihnen bereiten wollte. Bei Jack war man nie sicher, was in seinem Kopf vorging. „Wir geben uns noch fünf Minuten, Chelsea, dann kehren wir ins Hotel zurück. Puck und ich nehmen uns gemeinsam ein Zimmer, und du nimmst seines. Ich will dir den Ritt zurück zu unserem Gasthaus so spät nachts nicht zumuten.
„Ach, wie nett! Danke, Puck.“
„Keine Ursache“, sagte er stumpfsinnig. „Ich bin eben ein großzügiger Mensch. Und natürlich freue ich mich darauf, mit meinem Bruder in einem Bett zu schlafen. Höchstwahrscheinlich schnarcht er.“
„Er schnarcht nicht“, sagte Chelsea und fügte hastig hinzu: „Ich meine, er ist nicht der Typ, der schnarcht.“
Beau lächelte in die Dunkelheit. Das dürfte Puck für eine Weile zum Schweigen bringen.
Sie wollten ihren Beobachtungsposten gerade aufgeben, als zwei Männer zu Pferde, reisebereit und gefolgt von einer kleinen, unauffälligen schwarzen Kutsche, in den Stallhof ritten und absaßen. Ihre Gesichter blieben im Dunkeln, bis sie die Tür zum Gasthaus erreichten. Dort fiel der Lichtschein der Fackeln auf ihre Züge, als sie sich im Hof umsahen, bevor sie das Gasthaus betraten.
„Na, hol mich der Teufel! Und ich habe gesagt, er wäre ein Langweiler?“
„Ich habe dir nicht widersprochen,
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