Der Bastard und die Lady
den Vertrag nicht zur Verlobung versprochen?“
Der Earl hatte zwar den Glauben gefunden, aber das hieß nicht, dass er vorbehaltlos bereit war, sich von seinem Geld zu trennen, sofern er nicht eine gute Chance sah, etwas dafür zu bekommen. „Zur Hochzeit, Francis. An dem Tag werde ich Ihnen Rosemount Manor überschreiben, wie versprochen.“
„Und die Mitgift? Ich verlange nichts für mich selbst, wie Sie wohl wissen.“
„Flotleys Hafen für gefallene Mädchen. Ja, ich weiß. Sie sind ein guter Mensch, Francis.“
Der Reverend nickte ernst. „Ich werde sie in die Knie zwingen, sodass sie ihre Sünden bereuen und ihre Seelen gerettet werden können.“
Dem Earl fielen ein paar andere Gründe ein, warum sich die gefallenen Mädchen, die er im Lauf der Jahre kennengelernt hatte, auf die Knie niederließen, doch das war ein schlechter Gedanke, der gebannt werden musste. Francis war so rein, und er selbst war immer noch ein erbärmlicher Sünder. „Wie Sie meine Seele gerettet haben, Francis. Nicht wahr?“, sagte er dann und wandte sich zur Tür um, wo der Butler sich herumdrückte. Er sah aus, als würde er am liebsten in ein Mauseloch kriechen.
„Bitte verzeihen Sie die Störung, My Lord, aber offenbar ist Lady Chelsea … verschwunden.“
„Was? Hat sie sich in Luft aufgelöst? Rede keinen Unsinn, Mann.“
„Nein, My Lord. Das heißt, sie … Allem Anschein nach ist sie durchgebrannt. Sie hat eine Nachricht hinterlassen.“
„Was?“ Der Earl sprang auf und ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn ich sie in die Finger bekomme, werde ich …“
„Thomas? Setzen Sie sich, Thomas“, sagte der Reverend ruhig, aber im Befehlston. „Zorn führt nirgendwo hin, ebenso wenig wie Gewalt. Wir schauen uns diese Nachricht an, dann suchen wir sie. Wir beten gemeinsam für ihre sichere Rückkehr in den Schoß der Familie, und der Herr wird uns zu ihr führen. Aber es ist nun mal so, wie ich gesagt habe, Thomas. Sie ist ein Weib und somit eigensinnig. Ich verspreche Ihnen, dies ist der letzte Akt der Auflehnung, den Sie mit ihr erleben. Ich werde sie auf den Weg zum Allmächtigen führen, und mit mir an ihrer Seite als ihr Herr und Meister wird sie die Schwächen ihres Geschlechts erkennen und auf den richtigen Weg finden.“
„Das ist alles schön und gut, Francis“, sagte Brean mit einem Anflug von Klugheit. „Aber zuerst müssen wir sie finden.“
4. KAPITEL
A ls sie sich wie Diebe aus London gestohlen hatten – dieser Vergleich schien Puck zu entzücken –, ritten sie zu dritt in südwestliche Richtung, denn Schottland lag bekanntlich im Norden. Es war kein brillanter Plan, aber hoffentlich zunächst einmal ausreichend. Beau fand es nicht ratsam, seinen Bruder und Chelsea wissen zu lassen, dass er sich jeden Schritt erst dann überlegte, wenn er ihn tat, doch in Wahrheit hatte er nicht weiter vorausgedacht als bis zu dem Punkt, wenn sie London hinter sich gelassen hätten und seinen Bruder losgeworden waren.
Es musste doch auch eine Möglichkeit geben, Chelsea loszuwerden.
Ein Geistesblitz blieb leider aus.
Sie hatten Wadsworth mit der Anweisung zurückgelassen, zum Zeichen, dass der Hausherr nicht zugegen war, den Türklopfer zu entfernen und jeden Besucher, der unhöflicherweise Eintritt verlangte, zu informieren, dass er mit einer jungen Dame Mr Robin Blackthorn von Dover aus nach Frankreich begleite.
Tatsächlich hatte sich Beaus Reisekutsche in südwestlicher Richtung zur Straße nach Dover auf den Weg gemacht, mit Anweisung an den Kutscher, die Pferde nicht zu schonen, als wäre der Teufel persönlich ihm auf den Fersen. Der Earl und sein Gefolge würden die leere Kutsche mit Sicherheit schon in Rochester einholen, doch dann hätten Beau und seine Begleiter bereits den Stadtrand von Guildford erreicht, und zwischen diesen beiden Punkten lagen herrliche vierzig Meilen oder mehr.
Das hielt er für ein geniales Ablenkungsmanöver.
Er hatte Chelseas Reitkünste nicht bedacht, sich nicht gefragt, ob sie bei einem Pferd überhaupt vorn und hinten unterscheiden konnte. Er hatte sie lediglich ziemlich grob in den Damensattel gehoben und ihr befohlen, durchzuhalten und nicht zu jammern, sonst würde er vielleicht in Versuchung geraten, sie ihrem Schicksal zu überlassen.
Und mehrere Stunden später musste er sich eingestehen, dass sie nicht jammerte.
Das galt leider nicht für Puck.
„Ich verstehe nach wie vor nicht, warum unsere Jacht in Brighton liegen muss“, sagte er jetzt mindestens
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