Der Bastard und die Lady
zum dritten Mal. „Wer will überhaupt nach Brighton, außer unserem dicken Prinzregenten und seinen dicken Damen, die so gern in seinem monströsen Pavillon herumtorkeln und sich gegenseitig anrempeln? Minarette? Was, glaubst du, ist in den Mann gefahren? Also wirklich – Minarette ? Was ist gegen gute alte englische Türme einzuwenden, frage ich dich? Ah, sieh an, noch ein Wegweiser nach Hove. Da du wahrscheinlich nicht weiter nach Süden reiten willst, bevor du den Weg nach Norden einschlägst, sollten wir uns vielleicht hier trennen.“
„Dem Himmel sei Dank für kleine Gaben“, sagte Beau. Die drei zügelten ihre Pferde an der Kreuzung und blickten auf den Wegweiser. Brighton lag im Süden, Blackdown Hills und eines der kleineren Güter ihres Vaters im Westen. Dort bot sich eine gute Gelegenheit zum Übernachten und ernsthaften Nachdenken. „Obwohl wir dich natürlich schmerzlich vermissen werden.“
„Ich nicht“, sagte Chelsea, erhob sich halb aus ihrem Damensattel und rieb sich unverhohlen das Hinterteil. „Wer richtig durchbrennt, nimmt nicht seinen Bruder mit. Schon gar nicht, wenn der singt.“
„Aber, meine liebe Schwester in spe, ich bin bekannt für meine schöne Stimme.“
„Mir aber nicht. Wahrscheinlich wollen die Leute, die Ihnen Komplimente machen, nur nett sein“, sagte Chelsea und setzte sich wieder, wobei sie nicht verhindern konnte, dass sich ihr Gesicht vor Schmerzen verzog. Sie wandte sich Beau zu. „Sie haben es sich nicht anders überlegt, oder? Er kann doch allein zum Ärmelkanal finden, ohne dass wir ihn begleiten?“
„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete Beau, der in den vergangenen zwei Stunden, seit Chelsea nach einer hastigen Mahlzeit in einem abgelegenen Gasthaus höchst unwillig wieder aufs Pferd gestiegen war, eine Alternative gesucht hatte. „Sie reiten gut, Chelsea, aber ich glaube nicht, dass Sie zu Pferde den Weg bis nach Schottland genießen könnten. Ich habe mir überlegt, dass wir Puck in Brighton sich selbst überlassen und die Jacht nehmen könnten.“
„Was? Durch den Kanal, um Cornwall herum, aufs offene Meer hinaus und nach Norden? Das dauert ewig“, wandte Puck ein. „Ich verstehe ja, dass du deine Braut näher kennenlernen willst, Beau. Aber auf einem kleinen Schiff zusammengepfercht? Ich möchte wetten, dass ihr euch gegenseitig umgebracht habt, bevor ihr in Schottland ankommt.“
„Da hat er nicht unrecht“, sagte Chelsea und nickte. „Ich glaube, der Plan behagt mir nicht. Mir geht’s gut, sobald Sie eine Kutsche für uns aufgetrieben haben.“ Sie blickte Beau eindringlich an. „Sie wollen doch eine Kutsche mieten, oder? London liegt schließlich in sicherer Entfernung hinter uns.“
„Ich wollte den Tag auf einem gemütlichen Sofa verbringen und diese verdammten Kopfschmerzen auskurieren, die mich jetzt immer noch quälen. Stattdessen haben Sie, Madam, binnen eines Wimpernschlags mein geregeltes Leben auf den Kopf gestellt. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich habe nicht in Erwägung gezogen, eine Kutsche zu mieten.“
„Dann ziehen Sie es jetzt in Erwägung“, erwiderte Chelsea und verdrehte die Augen angesichts der ihrer Meinung nach eindeutig schrecklichen Überreaktion auf ihren Plan. „Ehrlich. Ich hatte nur ein paar Minuten Zeit, um meinen Plan zu fassen, deshalb ist er natürlich nicht in allen Punkten perfekt. Aber Sie hatten inzwischen Stunden Zeit. Ich möchte meinen, Sie wären über den Gedanken hinausgekommen, den ganzen Weg nach Schottland zu reiten, und ich glaube auch nicht, dass es eine gute Idee ist, die nächsten paar Wochen in Frühjahrsstürmen auf dem Wasser schaukelnd zu verbringen.“
„Ja, Beau, schäm dich“, sagte Puck und schloss sich fröhlich Chelseas Meinung an. Und dann legte er die Stirn in Falten und die Hand hinters Ohr. „Das hier ist doch die Hauptstraße nach Brighton, richtig? Wir haben keine Nebenstraße gewählt, weil wir nicht damit rechnen mussten, verfolgt zu werden, ja? Denn was da auf uns zukommt, hört sich nicht nach einer Kutsche an. Kutschen hatten wir zur Genüge.“
Beau, der seit dem Moment, als er Lady Chelsea Mills-Beckman an diesem Tag zum ersten Mal gesehen – und gehört – hatte, nicht besonders guter Laune war, öffnete den Mund zu einer scharfen Bemerkung dazu, dass sein Bruder verdammt gut wisse, auf welcher Straße sie ritten. Die Worte erstarben ihm jedoch auf der Zunge, er neigte sich rasch zur Seite, griff Chelseas Pferd in die Zügel und
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