Der Bastard und die Lady
neues mitternachtsblaues Reitkleid anzog.
Emily hatte das Bett in diesem Zimmer völlig zerwühlt, da sie den ganzen Tag lang abwechselnd darin geschlafen und geweint hatte. Deshalb war es vernünftiger, dass Chelsea zu Beau ging statt umgekehrt. Am folgenden Abend würde sie den Morgenrock für ihn tragen, denn der, das schwor sie sich, würde in ihre kleine Reisetasche passen, und wenn sie ihn mit dem Fuß hineinstopfen musste!
Sie bändigte ihr noch feuchtes Haar mit einem schwarzen Band, trat in den Flur, schloss die Tür ab und steckte den Schlüssel ein, bevor sie sich auf den verschlungenen Weg durch den Korridor zu Beaus Zimmer machte.
Und dann huschte sie rasch in eine dunkle Ecke, als sie Stimmen und sich nähernde Schritte hörte.
„Nach wem fragen wir im The Crown?“
„Nach dem Spanier. Ich habe dir seinen Namen doch genannt. Don Pedro Messina. Er verhandelt für die Franzosen.“
„Verhandeln ist eine Sache. Die Tat ist eine andere. Er schwört, das Geld heute Abend zu haben? Und warum so verdammt spät?“
„Weil du erst heute Nachmittag eingetroffen bist, schon vergessen? Ich wusste nicht, wann du kommst, deshalb habe ich heute Abend vorgeschlagen. Hast du es schon gefunden? Blöd, so etwas zurückzulassen. Geh zurück und durchsuch das Zimmer.“
Chelsea erkannte die Stimme des ersten Mannes; es war der, dem sie vorher schon einmal in diesem Flur begegnet war. Anscheinend mussten sie ein spätabendliches Geschäft erledigen. Der Mann, dessen Stimme sie erkannt hatte, schien sich über die Aussicht nicht zu freuen.
Sie spähte aus ihrem Versteck und sah, dass die Männer im Flur stehen geblieben waren. Der Mann, den sie erkannt hatte, klopfte seine Taschen ab, als wollte er sich vergewissern, ob er etwas, das er brauchte, bei sich hatte oder nicht.
Er hatte es bei sich. Er zog einen schmalen Gegenstand aus der Tasche. Chelsea hörte etwas klicken, und eine scharfe Klinge tauchte in den Händen des Mannes auf.
Hastig zog sie sich in ihr Versteck zurück.
„Übles Ding, dieses Messer. Und ich sag dir ja, der Spanier schwört, dass er das Geld hat, aber er will dich sehen“, sagte der zweite Mann. „Aber wer weiß? Kennst du diese verdammten Froschfresser immer noch nicht? Sie machen, was sie wollen.“
„Wenn sie unsere Hilfe wollen, dann machen sie am besten tout de suite , was wir wollen.“
„Unsere Hilfe? Heiliger Strohsack, Mann, wir helfen denen doch nicht.“
„Das wissen sie nicht. Was interessiert uns, was sie wollen? Wir treffen ihn wie abgesprochen in seinem Zimmer in The Crown, nehmen das Geld, bedanken uns freundlich, und dann schneiden wir ihm die Kehle durch und gehen raus, als wäre nichts gewesen, wie die vorigen Male auch. Ich will es nur hinter mich bringen. Was war das? Hast du etwas gehört? Da drüben. Sieh mal nach!“
Chelsea wusste, dass sie nur zwei Möglichkeiten hatte, und keine von beiden gefiel ihr. Sie konnte bleiben, wo sie war, und mit Sicherheit gefunden werden, oder sie konnte ihr Versteck verlassen und ihnen offen gegenüber treten.
Sie entschied sich für Letzteres.
„ Mon Dieu! “, rief sie aus und schlug sich in gespielter Überraschung an die Brust. Dann feuerte sie einen französischen Wortschwall ab, sagte den Männern, sie hätte große Angst, sagte ihnen, sie fürchte, ihre Zofe wäre verschwunden, dabei brauche sie doch Hilfe bei ihren Knöpfen, und hatte einer der freundlichen Herren sie vielleicht gesehen?
„Es ist nur ein dummes Weib. Ich dachte, die Huren wären alle fort. Was plappert sie da?“
„Ich weiß nicht“, sagte der Mann, dem Chelsea bereits begegnet war, und sah sie eindringlich an. Das Messer war verschwunden. „Sprechen Sie Englisch?“, fragte er sie langsam, als könnte sie dadurch besser verstehen.
Chelsea hätte beinahe den Kopf geschüttelt, begriff aber rechtzeitig, dass sie sich dadurch verraten hätte. Stattdessen wiederholte sie noch einmal, was sie gerade gesagt hatte, und fügte dieses Mal noch ein paar Mon Dieus und ein inbrünstiges par tous les saints und einige dramatische Gesten zur Betonung ihres Anliegens ein. Und dann griff sie auf die wirksamste Waffe im Arsenal jeder Frau zurück: Sie fing an zu weinen.
„Verrücktes Weibsbild“, sagte der Mann verächtlich und versetzte dem anderen auffordernd einen Schlag auf den Arm. „Komm, Jonas.“
„Ich weiß nicht“, sagte der Mann namens Jonas gedehnt und sah Chelsea immer noch an, als wollte er prüfen, ob sie echt war. „Sie könnte
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