Der Baum des Lebens
ich den meinen. Die Ware ist in Sicherheit.«
»Wo?«
»Wollt Ihr nicht ein wenig von den herrlichen Stücken kosten, die mein Süßwarenbäcker gemacht hat? Und darf ich Euch vielleicht auch einen Wein anbieten? Ich habe hier nur die besten Sorten aus dem Delta.«
»Ich bin gekommen, um über Geschäfte zu reden.«
»Da macht Ihr aber einen Fehler, das versichere ich Euch.«
»Vergeudet nicht meine Zeit. Wo ist das Zwischenlager?«
Der Libanese setzte sich und schenkte sich einen Becher Weißwein aus Imet ein, der Zunge und Gaumen schmeichelte.
»Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr. Die erste Wegstrecke unserer Zusammenarbeit war erfolgreich, und ich freue mich, dass wir beide mit offenen Karten gespielt haben. Ihr seid im Besitz der Liste der Käufer, ich weiß, wo die Ware lagert. Wir machen das Schritt für Schritt, findet Ihr nicht auch?«
»Du hast hier nicht das Sagen. Es würde nicht lange dauern, und ich hätte das Lager entdeckt!«
»Mit Sicherheit. Aber ohne mich kommt Ihr nie an das geheime Wegenetz, das vom Libanon nach Memphis führt. Warum sollten wir uns also bekämpfen, anstatt diese Zusammenarbeit fortzusetzen, die so gut begonnen hat? Außerdem hätte ich Euch noch einen Vorschlag zu machen. Ich bin der Kaufmann, nicht Ihr. Ich weiß nicht genau, was für eine Stellung Ihr innehabt, aber Ihr gehört zweifellos zur obersten Verwaltungsebene, weil Ihr uns den Zoll vom Hals halten konntet. Jetzt muss dieses Holz aber noch verkauft werden, dabei muss Schlag auf Schlag verhandelt werden, wir wollen die besten Preise erzielen… Diese Strafarbeit dürfte Euch nicht sonderlich begeistern. Im Übrigen könntet Ihr Euch dabei auch leicht die Hände beschmutzen. Ich dagegen bin solche Geschichten gewöhnt. Und Ihr könntet Euch im Hintergrund halten.«
»Dieser Vorschlag gefällt mir, aber ich nehme einmal an, dass er nicht umsonst ist.«
Der Libanese setzte eine Unschuldsmiene auf. »Oje, was gibt es denn hier auf Erden schon umsonst!«
»Du verlangst eine andere Gewinnbeteiligung, habe ich Recht?«
»Ich ersuche darum.«
»In welcher Höhe?«
»Halbe halbe. Ich kümmere mich um alles, Ihr habt Eure Ruhe.«
»Da vergisst du wohl meinen Einfluss bei den Behörden!«
»Nein, niemals. Ohne Euch gäbe es mich nicht.«
Medes dachte nach. »Zwei Drittel für mich, ein Drittel für dich«, sagte er schließlich.
»Vergesst nicht die hohen Unkosten, die ich habe. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie viele Mittelsmänner ich dafür brauche! Ich sage es Euch ganz offen – mein Reinerlös ist alles andere als gut. Aber es macht mir viel Spaß, mit Euch zu verhandeln, und ich bin überzeugt, dass wir noch nicht am Ende sind.«
»Hast du schon neue Pläne?«
»Das wäre durchaus möglich.«
Von seinen Spitzeln hatte Medes erfahren, dass die Leute des Libanesen hervorragende Arbeit geleistet hatten. Und er wollte weiter mit diesem Mann zusammenarbeiten. Deshalb gab er sich einen Ruck: »Also gut, einverstanden: Halbe halbe.«
»Ich werde Euch nicht enttäuschen. Etwas Wein?«
»Ja, besiegeln wir unseren Vertrag.«
Als Kenner guter Tropfen musste Medes zugeben, dass sein Gastgeber nicht zu viel versprochen hatte.
»Wollt Ihr für mich immer noch der große Unbekannte bleiben?«, fragte ihn der Libanese mit schmeichelnder Stimme.
»Das ist für dich und für mich besser. Wie lange dauert es, bis du die Ware verkauft hast?«
»Sobald Ihr mir die Liste der Personen gegeben habt, die Holz erwerben wollen, machen sich meine Leute an die Arbeit.«
»Hast du etwas zum Schreiben da?«
Anerkennend stellte der Libanese fest, dass Medes kein Schriftstück zurückließ, das er selbst geschrieben hatte. Der Kaufmann notierte die Namen und Adressen von fünfzehn angesehenen Persönlichkeiten aus Memphis, die ihm Medes nannte.
»Etwa in einem Monat könnten wir eine zweite Lieferung bekommen«, kündigte der Libanese an.
»Wir treffen uns in fünf Wochen wieder, bei Vollmond. Dann bringe ich dir eine neue Liste.«
Der Libanese machte es sich auf weichen Sitzkissen bequem. Er hatte soeben eines der einträglichsten Geschäfte seines Lebens gemacht – und das war erst der Anfang! Das Leben in Ägypten begann ihm zu gefallen.
»Lass dich nicht so gehen«, empfahl ihm jemand mit ernster Stimme.
Der Libanese sprang auf. »Ihr! Aber… Wie seid Ihr denn hereingekommen?«
»Glaubst du etwa, eine einfache Tür könnte mich aufhalten?«, fragte ihn der Prophet, dessen Lächeln einem das Blut in den
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