Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
Vom Netzwerk:
für ein paar Minuten einzuspringen. Dann folgte sie ihrem Chef zum Büro hinaus und den Gang hinunter.
    Vor ihnen erstreckte sich der mit dunkelroten Sesseln bestückte Konzertsaal. Dutzende Musiker wieselten auf der Bühne umher. Andere saßen auf ihren Stühlen und spielten dem Dirigenten vor, der, auf einen Hocker gestützt, mit geschlossenen Augen lauschte. Minutenlang hielt sich ein volltönender Klang, bei dem sich unterschiedliche Instrumente zu einem harmonischen Ganzen fügten. Dann nahm die Gruppe sich etwas zurück; der erste Oboist kam auf die Bühne geeilt und stimmte sein bewegendes Solo an, bei dem er sich auch durch Paxton und seinen Mitarbeitertrupp nicht stören ließ. Weder geriet Sebastian Otto aus dem Tritt, noch ließ er sich im Geringsten anmerken, dass da neue Zuhörer aufgetaucht waren. Anders der Dirigent: Leopold Twitschel schob sich die dicke Hornbrille hoch auf die Glatze und drehte sich um, die Stirn verärgert in tiefe Falten gelegt. “Das hier ist keine öffentliche Probe, Mr. Paxton!”
    “Das interessiert mich nicht. Wir können das Gebäude nicht absichern, wenn Sie nicht kooperieren. Und offensichtlich tun Sie das nicht. Mit Instrumentenkoffern durch die Sicherheitsschleusen, Anweisungen ignorieren … So geht das nicht!”
    “Ich hab’s Ihnen doch schon mal erklärt! Die Damen und Herren hier sind Künstler! Wir kennen uns alle; Sie brauchen uns nicht so zu behandeln, als hätten wir lauter Fremdkörper unter uns!”
    “Mag sein, dass Sie untereinander alle gut Freund sind, aber was Sicherheitsrisiken anbetrifft: Für mich sind Sie allesamt Unbekannte. Wenn Diplomaten in dieser Größenordnung zusammentreffen, sind bestimmte Sicherheitsvorkehrungen unerlässlich, und ohne Ihre Kooperation können wir die nicht effektiv durchführen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Musiker die Regeln beachten.
Ausnahmslos!

    “Sie stören eine Probe!” Der Dirigent rückte seine Brille wieder auf der Nasenwurzel zurecht und wandte sich seinem Oboisten zu. “Noch mal von vorn, Herr Otto, wenn ich bitten darf.”
    Jetzt platzte Paxton endgültig der Kragen. “Entweder Sie halten sich dran, oder Sie können Ihr dämliches Konzert vergessen!”, blaffte er durch den Saal, so laut, dass selbst die Oboe nicht dagegen ankam. “Die Entscheidung liegt ganz bei mir. Und wenn es sein muss, treffe ich sie auch!”
    Nach diesem Wutausbruch, zu dem ein Oboentriller einen jähen, unbeabsichtigten Schlusspunkt setzte, marschierte Paxton zum Saal hinaus.

82. KAPITEL
    G esellschaft für Erinnerungsforschung
    Donnerstag, 1. Mai – 15:46 Uhr
    Meer bekam kaum Luft. Das Gas machte sie schläfrig, rief Schwindel und Brechreiz hervor. Ihr Vater war noch schlimmer dran; sein Atem ging noch flacher und mühsamer. Die beiden waren mittlerweile schon seit Stunden unten in den Katakomben.
    “Als ihr hierhergekommen seid”, keuchte Jeremy kraftlos, “als Sebastian dich hierherbrachte, da konnte ich eure Stimmen hören.”
    “So?”
    “Da sagtest du etwas über diesen Stollen. Dass Margaux wusste, dass es irgendwo hier unten einen Ausgang gibt. Erinnerst du dich?”
    Meer bejahte.
    “Weißt du, wo dieser Ausgang ist?”
    “Nein. Das war nur so eine Ahnung. Wie all die anderen blöden, unausgegorenen Gedanken.”
    “Hier unten gibt’s nicht viel mehr als dieses Gewölbe, Meer. Mal angenommen, es gibt tatsächlichen einen Ausgang …” Er wurde von einem solch heftigen Hustenanfall geschüttelt, dass Meer es mit der Angst zu tun kriegte. “Hast du mir nicht neulich erzählt”, fuhr er fort, wieder einigermaßen bei Atem, “dass … dass Margaux die Baupläne für dieses Gebäude gesehen hat?”
    “Ja, hat sie. Margaux – aber ich nicht!”
    “Bei unserem letzten Treffen … in New York … da sagtest du, du würdest im Memory Dome eine Zimmerflucht einrichten lassen … nach Ciceros Erinnerungsspiel … Wie funktioniert das?”
    Meer verstand nicht recht. “Was soll diese Frage denn jetzt?”
    “Los, sag schon. Sei so nett.” Er lächelte.
    “Nehmen wir mal an, du wolltest dir eine Rede einprägen. Du fängst an, indem du dir ein vertrautes Gebäude aussuchst …”
    “Wie dieses beispielsweise.”
    “Genau. Im Geiste gehst du einige Male hindurch und guckst dir besondere Räumlichkeiten an, bis du sie klar vor Augen hast. Dann teilst du die Rede in Abschnitte ein und verbindest jeden mit einem Gegenstand in einem der Zimmer. Wenn du dir die Rede ins Gedächtnis rufen willst, spazierst du

Weitere Kostenlose Bücher