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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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erreicht, da flackerte das Licht, verlöschte kurz und flammte genauso plötzlich wieder auf.
    David betrat den letzten Saal, wo er sich, geradezu zwergenhaft im Vergleich mit den Ausmaßen des Kunstwerks, das einzige verbliebene Wandgemälde anschaute: ein siegestrunkenes Triptychon. Sein älterer Sohn Isaak hätte vermutlich versucht, die Symbolik und die Methode zu analysieren, mit denen der Künstler dieses Abbild der Hoffnung in ganz bestimmten Farben dargestellt hatte, und sicher hätte er auch jeden Quadratzentimeter des Kunstwerks mit dem Vater erforscht. Ben hingegen wäre noch immer in den Filzpuschen herumgeschlittert.
    Am liebsten hätte David mit der Faust auf die Leinwand eingedroschen – als könne das Bild etwas dafür, dass er an seine Kinder dachte. Dabei war die Darstellung bloß eine romantische Abbildung von Krieg und Frieden, von Tod und triumphierendem Leben.
    Er spürte, dass hinter ihm jemand den Raum betreten hatte. Als er sich umdrehte, sah er einen jungen Mann, der mit einem schwarzen Nylonrucksack auf ihn zukam. “Ich glaube, Sie haben den nebenan stehen gelassen”, sagte er mit starkem slawischem Akzent, aber deutlicher Stimme.
    “Ach, wie dumm von mir”, erwiderte David laut, wie es wohl jeder, der etwas vergisst, in einer solchen Situation getan hätte. “Das Licht …?”, fügte er wie zur Erklärung hinzu, ließ es jedoch wie eine Frage klingen.
    “Ja, das Licht.” Der junge Mann war etwa zwanzig, hatte Pickel auf beiden Wangen und strähniges, schulterlanges schwarzes Haar. Trotz seiner durchlöcherten Jeans und des zerknautschten Hemds trug er saubere Sportschuhe. “Kurzschluss, heißt es. Sie haben sich sicher schon Sorgen gemacht wegen des Rucksacks.”
    “Allerdings.” David nahm den Rucksack entgegen. Er war leicht. Von früheren Recherchen wusste David, welche Sprengkraft Semtex besaß und wie wenig man von diesem Plastiksprengstoff benötigte. Schon ein vierhundert Gramm schwerer Sprengsatz hatte im Dezember 1988 ausgereicht, um eine Linienmaschine der PanAm über der schottischen Ortschaft Lockerbie zum Absturz zu bringen.
    David streifte sich den Tragegurt über die rechte Schulter. Sämtliche Übel der Welt, so kam es ihm vor, wogen weniger als ein Kilo und steckten in diesem Rucksack.
    “Sie sollten vorsichtiger sein!”, mahnte der Kontaktmann.
    War das zweideutig gemeint? Als Botschaft? David konnte die undurchdringliche Miene des jungen Mannes nicht ergründen. Dieser wartete, als würde er sich über David lustig machen.
Du blutiger Amateur!
, schien sein Blick zu sagen. Noch war die Übergabe offenbar nicht abgeschlossen.
    “Ich würde Ihnen gern einen Finderlohn zukommen lassen. Für den Rucksack.”
    “Da sage ich nicht Nein.” Der junge Mann lächelte offen, als sei der ganze Vorgang das Normalste von der Welt.
    David hatte die Geldscheine so wie angewiesen zurechtgelegt; vier Hundert-Euro-Scheine, in Zehner eingewickelt. Kameras waren in diesem Museum zwar nicht zugelassen, doch falls jemand zufällig hinguckte, hätte er bloß einen Zehner gesehen. So wenig Geld für eine solche Zerstörungskraft! “Bitte, betrachten Sie das als kleines Dankeschön.”
    Während der junge Mann sich das Geld vor Muchas letztem Monumentalgemälde in die Tasche steckte, verließ David die Ausstellungsräume. Dabei war ihm, als werfe das Riesenbild einen unheimlichen Schatten auf den Mittelsmann – gerade richtig als Illustration für den Artikel, den er über seine Saga verfasste. Er wusste sogar schon, wo er das Bild platzieren würde: kurz vor dem Ende.
    Draußen fiel Nieselregen. David graute schon vor der langen Rückfahrt auf unbekannten Straßen, obendrein bei Regen und in einem nahezu schrottreifen Mietwagen. Er öffnete die Fahrertür, ließ sich hinter das Lenkrad gleiten und packte den Rucksack vorsichtig auf den Beifahrersitz. Möglicherweise wurde er beschattet; es blieb also eigentlich keine Zeit, den Inhalt des Rucksacks zu inspizieren. Doch David konnte nicht an sich halten.
    Was er erwartet hatte, wusste er selber nicht. Braunes Packpapier? Einen DIN-A4-Umschlag? Alles Mögliche, nur keine marineblaue Folie mit aufgesprühten Geburtstagskuchen. Die Ironie entging ihm keineswegs. Eine Geburtstagsparty hatte seinen Feldzug in Gang gesetzt – und es war wie ein Geburtstagsgeschenk verpackter Sprengstoff, der diese Reise beenden sollte.

31. KAPITEL
    W ien, Österreich
    Montag, 28. April – 12:48 Uhr
    Die Gesellschaft für Erinnerungsforschung hatte

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