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Der Beethoven-Fluch

Der Beethoven-Fluch

Titel: Der Beethoven-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.j. Rose
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Gemüt; also ging er in die Küche und schnitt sich ein dickes Stück von dem tags zuvor gekauften Schokoladenkuchen ab. Doch ehe er auch nur einmal hineinbeißen konnte, klingelte sein Handy.
    Pertzler besaß zwei Telefone – eines, das er für von außerhalb eingehende, aber nie für eigene Anrufe benutzte, sowie ein zweites, mit dem er selber anrief, dessen Nummer er aber nie preisgab.
    “Hallo?”
    “Grüß dich. Bleibt es bei dem Kinobesuch heute Abend?”
    Pertzler erkannte Klempt an der Stimme. Begrüßungsformeln waren überflüssig. Es war für beide auch sicherer so. Nach einem kurzen Austausch über die Kinoprogramme einigten die beiden Männer sich auf die sieben-Uhr-Vorstellung von Hitchcocks “Cocktail für eine Leiche” und verabredeten sich für eine halbe Stunde früher, damit sie vor dem Film noch auf ein Bier einkehren konnten.
    Es war ein Gespräch, das niemandem, der zufällig zugehört hätte, weiter aufgefallen wäre. Hätte der Zuhörer jedoch die Kinoprogramme überprüft, so hätte er schnell festgestellt, dass an diesem Abend überhaupt kein Hitchcock-Film lief, und zwar in keinem einzigen der Wiener Filmtheater. Auf diese Weise konnte niemand herausfinden, bei welchem Kino die beiden sich treffen wollten – vorausgesetzt, sie trafen sich überhaupt dort.
    In der Tat trafen sie sich auch gar nicht vor einem Kino, sondern in der Hummer-Bar. Hätten sie sich für einen Godard-Streifen verabredet, wäre der Treffpunkt eine Kneipe namens Guess Club II gewesen, bei einem Fellini-Film die Fledermaus und so fort. Es gab zehn mit Filmregisseuren verschlüsselte Treffpunkte, damit sie nicht zu häufig an einem einzigen gesehen wurden.
    Als Pertzler eintraf, schlürfte Klempt schon genüsslich sein Bier.
    “Hab telefonisch ‘nen Auftrag gekriegt”, berichtete Klempt nach dem üblichen Small Talk. Klempt, ein ausgewiesener Computerhacker und Spezialist für Industriespionage, arbeitete oft mit Pertzler zusammen. Beide unterstützten sich gegenseitig mit ihrer Fachkenntnis.
    “Wird er ordentlich bezahlt?”
    “Sehr ordentlich.”
    “Noch eins?”, fragte Pertzler mit einem Blick auf den leeren Bierkrug seines Thekennachbarn.
    Der guckte auf seine Armbanduhr. “Lieber nicht … Meine bessere Hälfte …”
    Pertzler witzelte, sein Kumpel stehe ja mächtig unter dem Pantoffel. Beide lachten.
    Nur gab es gar keine Ehefrau. Auch die Witzeleien gehörten zu der im Laufe ihrer fünfzehnjährigen Zusammenarbeit entwickelten Geheimsprache. Die tat ihnen gute Dienste, auch wenn sie es mit der Vorsicht zuweilen übertrieben.
    Wieder draußen auf der Straße, wandten sie sich gemeinsam zur selben U-Bahn-Station. Erst auf dem Bürgersteig, und erst, nachdem sich beide überzeugt hatten, dass ihnen niemand folgte, erkundigte Pertzler sich nach dem Auftrag.
    “Ich habe einen neuen Kunden, der möchte dich gern engagieren”, sagte Klempt. “Du sollst für ihn etwas wieder auftreiben, was verloren gegangen ist.”
    “Verloren?”
    Die Fußgängerampel sprang auf rot. Obwohl wenig Verkehr herrschte, blieben die beiden an der Bordsteinkante stehen.
    “Interessanter Ausdruck, hm? Der Kunde sagte ‘verloren’. Ich habe nachgefragt, ob er geklaut meint. Er sagte, verloren wäre ihm lieber.”
    “Bisschen spinnert, der Gute, was?”
    Klempt zuckte die Achseln. “Verloren, geklaut – kommt aufs selbe raus. Jedenfalls sollst du einsteigen und es zurückholen.”
    “Wie viel?”
    Klempt nannte eine höhere fünfstellige Summe.
    Pertzler war einverstanden. “Hast du ein Foto?”
    Klempt zog einen Umschlag aus der Jackentasche.
    “Schönen Abend noch”, brummte Pertzler, nahm den Umschlag an sich und ging in Gegenrichtung davon.
    Eine Viertelstunde später, zurück in seiner Küche, schlitzte Pertzler das Kuvert auf. Darin lag die Seite 16 aus dem Katalog des Auktionshauses Dorotheum. Die Angaben, die Pertzler brauchte, waren auf den Rand gekritzelt, aber er las sie gar nicht. Er starrte vielmehr auf die Fotografie.
    Seite 16 zeigte eine antike Spielekassette, etwa 1790. Exakt das Modell, das er in der Woche zuvor auftragsgemäß hatte stehlen sollen.
    Das Kästchen, das er dann auch gestohlen hatte. Und das jetzt drüben in seinem Wohnzimmer stand.

38. KAPITEL
    M ontag, 28. April – 20:10 Uhr
    Angetan mit ziviler Khakihose, weißem Hemd und einem abgetragenen blauen Anorak, eine Hand am Lenkrad, in der anderen eine Zigarette, bugsierte Inspektor Alexander Kalfus den silberblauen Smart durch die

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