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Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Titel: Der beiden Quitzows letzte Fahrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sicherlich nichts; wenn er draußen ist, da frißt er zehnmal lieber mich!«
    Es hatte einen Schlag wider die Thür gegeben, und Hinrich erhob sich, um nach der Ursache desselben zu sehen. Seine Frau trat ihm zitternd in den Weg.
    »Hinrich, was willst Du thun! Heut’ ist die Luft voll böser Geister, und wenn der Wind einen derselben gegen die Thür wirft und Du gehst hinaus, so faßt er Dich und fliegt mit Dir davon. Bleib hier, ich bitte Dich inständig; denke an Dein armes Weib und sieh lieber morgen am Tage nach, was es gewesen ist!«
    »Mir soll es ganz recht sein, wenn er mich mit fortnimmt; dann lasse ich mich später auch einmal gegen die Thür werfen und hole Dich nach. Laß mich!«
    Er befreite sich von ihren Händen und öffnete die Thür; der Wind trieb die Flamme hoch in den Schornstein hinauf und riß Alles, was nicht niet-und nagelfest war, von den Wänden herab. Die Frau flüchtete sich unter lautem Kreischen in die Ecke, Hinrich aber schloß den Eingang und schritt, wie vorhin, nach der Weidenbucht. Dort standen mehrere dunkle Gestalten, von denen eine ihm entgegenkam.
    »Hast Du noch Raum?« frug der Mann, indem er die hohlen Hände an den Mund legte.
    »Genug!« antwortete Hinrich in der gleichen Weise.
    »So löscht die Ladung!« gebot der Erstere dem Anderen.
    Trotz des Windes, der jede freie Bewegung erschwerte, begann jetzt ein reges Treiben. Säcke, Packete und allerlei Güterzeug wurden landeinwärts getragen. Kein Wort fiel dabei, kein Wink wurde gegeben, keine Pantomime, kein Zeichen gewechselt. Die Männer mußten sowohl ihre Geschäfte, als auch die Oertlichkeit sehr genau kennen. Als sie wieder bei einander am Ufer standen, frug Derjenige, welcher der Anführer zu sein schien:
    »Hast Du etwas für uns?«
    Hinrich nickte und winkte ihm dann, während er den Andern bedeutete, zu warten. Nach wenigen Schritten standen sie vor der Fallthür; diese wurde geöffnet und die Beiden stiegen hinab. Hier unten war das Sprechen weniger beschwerlich. Der Fremde betrachtete den Pater, welcher sich erhoben hatte, aufmerksam, dann frug er:
    »Wer seid Ihr?«
    »Ich kenne Euch nicht und bitte um das Zeichen!« antwortete der Gefragte.
    »Ihr seid vorsichtig, frommer Herr. Hier ist es!« Er zog ein langes, breites Entermesser aus der Scheide; am oberen Theile der Klinge war ein Schiff eingegraben, unter welchem die Worte »Wiking« standen. »Wo habt Ihr das Eurige?«
    Der Pater hielt ihm ein Metallstück entgegen, welches dasselbe Zeichen trug. Der Mann nahm es ihm ab.
    »Alles richtig. Ihr braucht es nun nicht mehr. Nun sagt, was Euer Begehr ist!«
    »Ich muß Rolf Vendaskiold sprechen.«
    »Müßt Ihr das wirklich?«
    »Ja. Es giebt zu Lande der Sünde und Verderbniß so viele, daß die Streiter des Herrn ihren Fuß auf die Wogen des Meeres setzen, um ihre errettenden Thaten zu thun.«
    Ueber das Gesicht des Schiffers flog ein undefinirbares Lächeln.
    »Das haben wir schon längst gewußt, frommer Vater, darum sind wir fortgegangen von den Sündern und haben uns auf dem Wasser der Gottseligkeit geweiht. Es wird uns hohe Freude bereiten, Euch in unserer Mitte zu sehen, denn schon längst war es unser sehnlichstes Verlangen, uns an dem Vorbilde eines heiligen Wandels zu erquicken und Trost für unsere Mühsal und Beschwerde in dem Trachten nach dem Reiche Gottes zu suchen.«
    »Ihr seid auf einem guten Wege, mein Sohn; die Gnade von oben wird ihn Euch beleuchten und alles böse Gezücht versengen, welches den giftigen Stachel auf Euch wetzt. Aber mein Wandel wird Euch nicht lange zum Muster dienen, denn ich muß sehr bald wieder von Euch scheiden, nachdem ich mein frommes Werk bei Rolf beendet habe.«
    »Das ist mir leid, und dazu muß ich Euch sagen, daß es ein großes Wagniß ist, den ›Wiking‹ zu betreten, um den Herrn zu sprechen. Er ist ein strenger und finsterer Mann und mag es nicht leiden, wenn Fremde zu ihm kommen. Die Botschaft muß eine wichtige sein, wenn er des Boten schonen soll, und es sind ihrer gar Viele nicht wieder dahin zurückgekehrt, woher sie kamen, weil sie Strafe leiden mußten für die Verwegenheit, ihn mit unnützen Dingen zu belästigen.«
    »Das Wort eines Priesters ist niemals unnütz; es ist mehr werth als Gold, und wiegt Edelsteine und Perlen auf. Führt mich nur immerhin zu ihm! Er wird mich hören, sich meiner Worte freuen und ihnen einen kindlichen Gehorsam schenken.«
    »So kommt, nehmt Eure Kutte fest um Euch, sonst werdet Ihr von dem Winde durch die Luft

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